Die Themen Rechnungsstellung und Forderungsmanagement sind ein leidiges Thema. Dies gilt gerade für die Medizin- und Pflegebranche, in der das besondere Verhältnis zum Patienten bzw. zum Empfänger der Pflegeleistungen eine starke Rolle spielt.
Bei Pflegediensten geht es bei den Rechnungen vor allem um die zu entrichtenden Eigenanteile für die Pflege, in Arztpraxen um die Rechnungsstellung an Privatpatienten – sowie um die vom Patienten selbst zu zahlenden Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL).
Ein Problem ist möglicherweise, dass Patienten oder Bewohner die medizinischen bzw. pflegerischen Leistungen in einigen Fällen als selbstverständlich ansehen, so dass Rechnungen verzögert oder gar nicht gezahlt werden.
Neben dem Aufwand bei ausbleibenden Zahlungen durch zusätzliche Korrespondenz und Mahnschreiben kann ein generell schlechtes Zahlungsverhalten der Patienten oder Betreuten gefährlich werden – nämlich dann, wenn sich für das medizinische oder pflegerische Unternehmen Liquiditäts-Engpässe ergeben: Schließlich laufen die Kosten weiter, Gehälter müssen gezahlt werden.
Auf immerhin rund 15 Prozent beziffert die Privatärztliche Verrechnungsstelle (PVS) Südwest, einer der abrechnungstechnischen Dienstleister für Arztpraxen, den Anteil der Rechnungen, die mindestens einmal angemahnt werden müssen. Diese Größe kann als grober Annäherungswert für das generelle Zahlungsverhalten von Patienten gesehen werden.
Ethisch-standesrechtliches Problem der Behandlungs-Verweigerung
Die Zahlungsmoral von Patienten scheint zudem mit der allgemeinen konjunkturellen Lage zu korrelieren: So berichtete die pvs-holding, die Dachgesellschaft der PVS-Gesellschaften von Berlin/Brandenburg/Hamburg, Nordrhein und Bayern, für das wirtschaftlich recht gute Auswertungsjahr 2013 von sinkenden Mahnquoten. In jüngerer Zeit gibt es gegenteilige Entwicklungen zu beobachten (wenngleich in diesem Fall auf die Gesamtwirtschaft bezogen).
Wenn ein Patient oder Bewohner sich beim Begleichen von Rechnungen als notorisch unzuverlässig erweist, ist das angesprochene besondere medizinische / pflegerische Verhältnis ein Hindernis bei der Sicherung der Forderungen: Prinzipiell wäre es möglich, die Fortführung der Behandlung zu verweigern – dies wird jedoch weitgehend aus standesrechtlichen und ethischen Gesichtspunkten abgelehnt. Diesem Schritt können im Pflegebereich grundsätzlich ähnliche moralische Bedenken entgegengehalten werden.
Um auf eine Zahlung der Rechnung entgegenzuwirken, empfiehlt sich ein mehrstufiges Vorgehen: Sollte eine ärztliche oder pflegerische Rechnung auch einige Tage nach Verstreichen des Zahlungsziele nicht beglichen sein, empfiehlt sich zunächst ein freundlich aufgesetztes erstes Mahnschreiben („Erinnerung“), in dem die Abrechnungsposten detailliert aufgeführt sind.
Erst wenn die Zahlung dauerhaft offen bleibt, sollten weitere Schreiben folgen, in denen die Konsequenzen der weiteren Zahlungs-Verweigerung – wie die Eröffnung eines gerichtlichen Mahnverfahrens – offengelegt werden.
Patienten: Ein Gespräch wirkt oft Wunder
Neben der schriftlichen Korrespondenz kann es überraschend gute Resultate liefern, telefonisch beim Patienten nachzuhaken. Im Gespräch kann der Patient (bzw. Bewohner) zu den Gründen für den Zahlungsverzug Stellung nehmen, eine gemeinsame Lösungsmöglichkeit wie eine Stundung oder Ratenzahlung kann zudem besprochen werden.
Ist bereits ein größerer Vergütungsanspruch bei einem Patienten oder Bewohner entstanden, dessen Durchsetzung als unsicher angesehen wird, können moderate Abschlags- oder Teilzahlungen vereinbart werden. Dabei empfiehlt es sich, genau festzuschreiben, wie viele Raten, in welcher Höhe und zu welchem kalendarischen Zeitpunkt zu zahlen sind. Natürlich begründen die Versäumnisse der Vergangenheit im Hinblick auf die Fortführung der Behandlung auch Zweifel an der künftigen Zahlungsmoral.
Abrechnungsprofi als Lösung
Damit Zahlungsverzögerungen und/oder Forderungsausfälle nicht zu einem ernsthaften Problem werden, könnte die Auslagerung des Rechnungswesens an einen Abrechnungsprofi – wie die angesprochenen ärztlichen Verrechnungsstellen – eine Lösung sein. Diese übernehmen nicht nur Rechnungsstellung, Mahnwesen sowie das eventuelle gerichtliche Mahnverfahren, sondern stehen auch mit Dokumentation und der Aktualität von Gebührenziffern sowie andere Abrechnungsfaktoren zur Verfügung.
Dies hat zudem den Vorteil, dass das Thema Rechnungsstellung von der ärztlichen bzw. pflegerischen Tätigkeit organisatorisch getrennt ist, was das Behandlungsverhältnis tendenziell weniger beeinträchtigt. Bei der Forderungseintreibung durch einen Dritten sind jedoch in jedem Fall die Aspekte der Schweigepflicht zu beachten.
Forderung lässt sich komplett an Verrechnungsstelle abtreten
Hierbei gibt es drei grundsätzliche Modelle: Neben der Möglichkeit, dass die Arztpraxis bzw. der Pflegedienstleister die Rechnung nach Bezahlung durch den Patienten / Betreuten überwiesen bekommt, ist es auch möglich, im Rahmen des sogenannten „Factoring“ die Forderung an die Verrechnungsstelle abzutreten und die Rechnungssumme – abzüglich einer Provision – sofort ausgezahlt zu bekommen.
Beim „unechten“ Factoring finanziert die Verrechnungsstelle das ärztliche bzw. pflegerische Honorar vor, fordert es jedoch zurück, sollte die Rechnung dauerhaft unbezahlt bleiben. Beim „echten“ Factoring dagegen geht die Forderung unwiderruflich an den Rechnungs-Dienstleister über, der damit auch das Ausfallrisiko trägt.
Fazit
Hier, zum Schluss, eine gute Nachricht: Nur bei deutlich unter einem Prozent sämtlicher Arztrechnungen kommt es zu einem gerichtlichen Mahnverfahren. Der Anteil der Rechnungen, die tatsächlich dauerhaft unbezahlt bleiben, liegt noch darunter.