Nachdem sich die Pflegekammer Niedersachsen häufig mit Kritik auseinandergesetzt sah, etwa wegen der zu leistenden Mitgliedsbeiträge, sollen nun die Kammermitglieder selbst über ihr Fortbestehen entscheiden. Bereits im März wollte man dazu eine Online-Umfrage starten, die bedingt durch die Coronapandemie verschoben wurde. Nun ist sie heute gestartet, wie das Sozialministerium Niedersachsen gestern in einer Pressemitteilung bekannt gab. Der Fragenkatalog umfasse dabei neben inhaltlichen Fragen zu ihrer bisherigen Arbeit auch eine Frage nach der Zukunft der Pflegekammer. Bis zum 5. Juli haben die rund 80.000 niedersächsischen Pflegekräfte die Möglichkeit, an der Onlinebefragung teilzunehmen.
Politischer Dauerkonflikt um die Kammer in Niedersachsen soll beendet werden
„Mit der Mitgliederbefragung wollen wir den politischen Dauerkonflikt um die Pflegekammer in Niedersachsen endlich beenden“, erklärt Sozialministerin Carola Reimann dazu. „Die Pflegekräfte haben nun das Wort und können selbst entscheiden, ob sie die beitragsfreie Pflegekammer zur Vertretung ihrer berufsständischen Interessen wollen. Das Ergebnis dieses Teils der Befragung wird von der Landesregierung als politisch bindend betrachtet.“ Klar sei, so die Sozialministerin weiter, dass es eine beitragsfinanzierte Kammer in Niedersachsen nicht mehr geben werde.
Die Pflegekammer Niedersachsen begrüßt den Start der Befragung grundsätzlich. „Wir versprechen uns von der Evaluation Klarheit, wie die Entwicklung in den kommenden Monaten und Jahren weitergeht“, sagt Pflegekammerpräsidentin Nadya Klarmann am Dienstag in Hannover. Schließlich gehe es um den Fortbestand der größten Pflegekammer Deutschlands. Die Mitglieder hätten jetzt die Möglichkeit, sich für eine schlagkräftige Kammer zu entscheiden, für die sie keine Beiträge zu zahlen brauchen. „Auf die Frage, ob sich Mitglieder eine beitragsfreie Kammer wünschen, sollten sich diese auf jeden Fall für „ja“ entscheiden“, so Klarmann.
In ihrer Pressemitteilung hob die Kammer nochmals hervor, welche Impulse sie in den vergangenen drei Jahren gesetzt hat. So habe sie unter anderem die Verantwortung für die Weiterbildungen der Pflegefachberufe in Niedersachsen übernommen und die erste Ethikkommission einer Pflegekammer in Deutschland gegründet. Zudem habe sie mit dem Bericht zur Lage der Pflegefachberufe in Niedersachsen erstmals zuverlässige Zahlen zur Pflegesituation in dem Bundesland geliefert und während der Coronapandemie mit dem Freiwilligenregister Unterstützung geleistet.
DBfK: Suggestivfrage zielt auf Abschaffung der Kammer ab
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) kritisiert dieses Vorgehen und wirft der Landesregierung vor, durch die Suggestivfrage, ob man sich für die Zukunft eine beitragsfreie Pflegekammer in Niedersachsen wünsche, auf die Abschaffung einer selbstbestimmten und starken Kammer abzuzielen. „Die Landesregierung hat sich festgelegt und arbeitet an der Abschaffung einer selbstbestimmten und starken Kammer. Mit ihrer Haltung missachtet die Regierungskoalition aus SPD und CDU die Interessen aller Pflegefachpersonen, die sich eine souveräne und unabhängige Pflegekammer wünschen“, sagt Martin Dichter, Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest.
Durch die Mitgliedsbeiträge einer Kammer würde deren Unabhängigkeit und Souveränität gesichert werden. Die Unabhängigkeit ginge verloren, wenn die Kammer fremdfinanziert – beispielsweise durch den Staat – würde. Man solle sich, so der DBfK weiter, ein Beispiel an der Befragung in Nordrhein-Westfalen nehmen. Darin wurden die drei Varianten – eine unabhängige Pflegekammer mit Pflichtbeitrag, eine staatlich finanzierte Pflegekammer oder die generelle Ablehnung einer Kammer unabhängig der Finanzierung – unter den Mitgliedern abgefragt.
Quelle: Pflegekammer Niedersachsen, DBfK