„Niemand weiß, was dieser schreckliche und unnötige Krieg in der Ukraine noch mit sich bringen wird, aber wir sind gedanklich bei den armen Menschen aus der Ukraine, die es am härtesten von uns allen trifft“, erklärt Geschäftsführerin Miriam Paul von der Großwäscherei Voss mit Blick auf die aktuelle Nachrichtenlage.
Familienunternehmen auch von Krise betroffen
Miriam Paul macht sich viele Gedanken in diesen Tagen. Dabei spricht sie hier noch nicht einmal von sich selbst und der eigenen Situation. Denn das familiengeführte Wäscherei-Großunternehmen ist eines von vielen in der Branche der Textilreiniger, die bereits jetzt sehr stark unter den Auswirkungen des Krieges und den damit verbundenen Sanktionen leiden.
Die Wäscherei Voss gibt es schon seit über 97 Jahren. Der Urgroßvater Richard Voss hatte die Wäscherei bereits im Jahr 1925 gegründet. Seit jeher werden dort Textilien für Krankenhäuser, Rehakliniken und Altenheime gereinigt und hygienisch aufbereitet. Inzwischen sind dort 430 Angestellte beschäftigt. Seit dem letzten Jahr gelten Krankenhauswäschereien wie DIESE auch offiziell als „systemrelevant“. Das allein löst allerdings leider dennoch keines der Probleme, die die Situation für den Betrieb gerade so erschweren.
Wäschereien mit besonders hohem Energiekostenanteil
Was wirklich hinter dem Begriff „systemrelevant“ steckt, wird sehr deutlich spürbar, wenn ein Unternehmen wie dieses Gefahr läuft, seinen Betrieb einstellen zu müssen. Wer denkt, dass dieses Risiko nicht real wäre, täuscht sich leider. Denn Tatsache ist, dass die Energie- und Kraftstoffkosten insgesamt rund 12 Prozent an den gesamten Produktionskosten ausmachen.
Somit stehen Betriebe wie diese nun gleich vor mehreren Problemen: für die Nutzung von großen Trocknern und anderen Maschinen in einem solchen Unternehmen wird viel Dampf benötigt. Dieser lässt sich aktuell in großem Stil aber ausschließlich mit Öl oder Gas erzeugen. Somit ist man bis zu einem gewissen Grad gezwungen, beides zu den immer weiter steigenden Preisen einzukaufen. Zuletzt lag der Gaspreis an der Leipziger Energiebörse bei einem Tagespreis von ca. 85–90 €/Mwh. (Der Vorjahrespreis lag bei ca. 20 €/Mwh.).
Weitergabe der Preissteigerung an Kunden schwer möglich
Gleichzeitig ist eine Weitergabe dieser Preissteigerungen an die Kunden nur kaum oder gar nicht möglich. Paul ist sich aber nicht nur ihrer eigenen Problemlage sehr bewusst: „Wir wissen natürlich, dass auch unsere Kunden aus dem Gesundheitswesen unter enormen Kostendruck leiden, aber auch wir stehen inzwischen mit dem Rücken an der Wand. Wir können die Kosten nicht mehr durch Effizienzsteigerungen abfangen, so wie wir es teilweise in den vergangenen Jahrzehnten immer geschafft haben.“
Mit großen Kunden wie etwa Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bestehen in der Regel feste Verträge mit mehreren Jahren Laufzeit. Innerhalb dieser Laufzeiten sind Preisänderungen kaum oder nur eingeschränkt möglich. Besonders bei öffentlichen Auftraggebern wird eine Anpassung nur sehr schwer ermöglicht. Selbst danach sind diese aber, wenn überhaupt, nur mit Zustimmung der Kunden möglich. Viele Unternehmer/innen stoßen hier in den letzten Tagen bereits vermehrt auf Widerstand.
Partnerschaftliches Entgegenkommen der Kunden?
Daher kann Paul nur an den Gemeinschaftssinn appellieren: „Wir haben unsere Kunden bisher mit viel Anstrengung sicher durch die Coronapandemie gebracht und waren zu jedem Zeitpunkt lieferfähig. Jetzt hoffen wir auf ein partnerschaftliches Entgegenkommen unserer Kunden.“
Etliche Unternehmen der Textilreinigungsbranche kämpfen zum Teil nach wie vor stark mit den Lasten der Coronapandemie. In den vergangenen Jahren kam es in diesem Wirtschaftszweig oft zu Umsatzeinbußen von ca. 50 Prozent. Dadurch sind aktuell wenig oder keine Reserven mehr vorhanden, um die derzeitige Lage auszugleichen oder zumindest abzufedern.
„Aber nicht nur die Preissteigerungen bereiten uns Kopfschmerzen, sondern auch die Angst vor einer Unterversorgung mit Gas. Das hätte drastische Auswirkungen auf die Grundversorgung im Gesundheitssystem“, sorgt sich die Unternehmerin. Andere Wäschereien betreiben ihre Dampferzeugung mit Öl – auch diese haben Angst, nicht mehr mit Öl versorgt zu werden und den Betrieb stoppen zu müssen.
Große Unsicherheit in der Branche
Wenn die Versorgungsicherheit nicht gewährleistet werden kann, können innerhalb weniger Tage deren Großkunden nicht mehr mit frischer und hygienischer Wäsche versorgt werden.
Es ist nicht klar, ob Wäschereien als systemrelevante Unternehmen eine bevorzugte Belieferung mit Öl oder Gas bekommen werden. Da gerade die Einrichtungen des Gesundheitswesens DRINGEND auf hygienische Textilien angewiesen sind, herrscht in der Branche große Unsicherheit mit Blick auf die nächsten Wochen.