Notaufnahme
Pflege­kräfte in der Notauf­nahme Bild: Rawpixelimages/Dreamstime.com

Zunächst ist es so: Pflege­kräfte unter­lie­gen grund­sätz­lich der Schwei­ge­pflicht gemäß § 203 StGB. Man kann von dieser Schwei­ge­pflicht entbun­den werden – am besten durch die Einwil­li­gung des Patien­ten.

Bewusst­los in Notauf­nahme – was nun?

Wenn der Patient aller­dings bewusst­los ins Kranken­haus einge­lie­fert wird, kann er keine Einwil­li­gung ertei­len.

Aber: „Hier greift die mutmaß­li­che Einwil­li­gung“, erklärt Prof. Dr. Volker Großkopf, Verle­ger der Rechts­de­pe­sche:

„Es gibt die ständige Rechts­spre­chung, die sagt: Wenn ein Patient bewusst­los in die Notauf­nahme eines Kranken­hau­ses einge­lie­fert worden ist, dann kann man davon ausge­hen, dass er möchte, dass seine Angehö­ri­gen über seinen Zustand und seinen Aufent­halts­ort infor­miert werden.“

In einem Video dazu erklä­ren Prof. Dr. Volker Großkopf und Pflege­fach­kraft Dominik Stark euch den Sachver­halt genau.

„Der mutmass­li­che Wille zählt“

Dominik Stark berich­tet von einem kurio­sen Fall aus seiner Berufs­pra­xis, in dem ein Mann ihm erklärt habe, er wolle gar nicht, dass seine Ehefrau von seiner Einlie­fe­rung erfährt. Ganz einfach, weil er sie grund­sätz­lich hasse und nicht wünsche, dass sie überhaupt vorbei­komme! Was tun in solch einem Fall?

Großkopf sagt dazu: „Ihr geht ja grund­säz­lich von dem mutmaß­li­chen Willen aus. Und der mutmaß­li­che Wille kann dahin­ge­hend ausge­legt werden, dass man in der Regel seine Frau liebt.“

Die Geset­zes­lage

Dazu heißt es im Straf­ge­setz­buch (StGB) § 203, Verlet­zung von Privat­ge­heim­nis­sen:

„Wer unbefugt ein fremdes Geheim­nis, nament­lich ein zum persön­li­chen Lebens­be­reich gehören­des Geheim­nis oder ein Betriebs- oder Geschäfts­ge­heim­nis, offen­bart, das ihm als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apothe­ker oder Angehö­ri­gen eines anderen Heilbe­rufs, der für die Berufs­aus­übung oder die Führung der Berufs­be­zeich­nung eine staat­lich geregelte Ausbil­dung erfor­dert, anver­traut worden oder sonst bekannt­ge­wor­den ist, wird mit Freiheits­strafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Kommen­tar zum Gesetz

Obwohl auch gegen­über Angehö­ri­gen Schwei­ge­pflicht gilt, darf von einem Offen­ba­rungs- und Befra­gungs­recht gegen­über Angehö­ri­gen nach den Grund­sät­zen der mutmaß­li­chen Einwil­li­gung ausge­gan­gen werden, wenn der Patient nicht mehr selbst befragt werden kann und wenn sich Arzt/Ärztin keine negati­ven Mutma­ßungs­gründe aufdrän­gen. [ Alther­ge­brachte Rspr.: BGHSt. 31.05.1983 – VI ZR 259/81 – NJW 1993, 2627, 2628 (unter II.3.b); Fischer, Kommen­tar zum StGB § 203 RdNr. 72; Münch­ner Kommen­tar zum StGB, § 203 NdNr 91; je m.w.N.; ]

Seit dem 1. Januar 2023 steht Ehegat­ten und einge­tra­ge­nen Lebens­part­nern zudem über § 1358 Absatz 1 und 2 BGB für die ersten 6 Monate ab Notfall­fest­stel­lung ein Vertre­tungs- und Auskunfts­recht kraft Gesetz zu.

Identi­täts­festel­lung ist wichtig

Prof. Dr. Volker Großkopf erläu­tert die Hinter­gründe: „Telefo­ni­sche Anfra­gen sind grund­sätz­lich immer kritisch zu bewer­ten, weil man nicht weiß wer am anderen Ende ist. Mithin wäre zur Identi­täts­fest­stel­lung, ob die Person am Telefon in einem engen Verhält­nis zum Patien­ten steht, es sehr gut, wenn „nicht bekannte Daten“ vorher abgefragt werden würden, wie zum Beispiel Geburts­da­tum, Geburts­ort oder ähnli­che nicht allge­mein zugäng­li­che Infor­ma­tio­nen.

Voraus­ge­setzt hierbei ist jedoch immer, dass man selbst diese Infor­ma­tio­nen kennt um den Wahrheits­ge­halt der Antwort überprü­fen zu können.

Fazit

Prof. Dr. Volker Großkopf kann euch beruhi­gen: „Es passiert euch nichts! Ihr seid durch den mutmaß­li­chen Willen gerecht­fer­tigt.“

Wichtig in diesem Zusam­men­hang ist jedoch, dass bei telefo­ni­schen Anfra­gen eine Identi­täts­fest­stel­lung des Anrufen­den erfol­gen sollte.

Quellen: Bundes­mi­nis­te­rium der Justiz, Straf­ge­setz­buch der Bundes­re­pu­blik Deutsch­land