Vor dem Hintergrund des erwarteten Expertenstandards „Erhaltung und Förderung der Mobilität“ und angesichts der Komplexität des Themas, hatte Christian Klein, ArjoHuntleigh Managing Director Deutschland, hochkarätige Referenten eingeladen, die den mehr als 200 Teilnehmern Informationen aus erster Hand liefern konnten. Diese vermittelten dem heterogenen Besucherfeld aus Pflegeverantwortlichen der Akut- und Langzeitpflege, Pflegedienstleitern sowie Entscheidern in Kliniken und Pflegeeinrichtungen kompaktes Wissen zum Expertenstandard und dem Thema Mobilität im Speziellen. Besonders die Fragen, was im pflegerischen Umfeld gegen die steigende Immobilität getan werden kann, stand im Fokus der Diskussion.
Prof. Dr. Marlies Beckmann von der FH Frankfurt und Mitglied der DNQP-Expertenarbeitsgruppe erklärte Zweck und Entstehung des Expertenstandards. Dessen Zielsetzung lautet: „Jeder pflegebedürftige Mensch erhält eine pflegerische Unterstützung, die zur Erhaltung und/oder zur Förderung der Mobilität beiträgt.“ Die vorhandenen Basisdaten zeigen, dass höchster Handlungsbedarf besteht: Derzeit sind rund drei Viertel der Heimbewohner mit Demenz nur eingeschränkt in der Lage, sich fortzubewegen. 30 bis 40 Prozent der Menschen, die beim Einzug keine oder geringe kognitive Einbußen haben, sind nach 6 Monaten Heimaufenthalt stetig bettlägerig oder erfahren einen schleichenden Mobilitätsverlust. Bei pflegebedürftig zu Hause lebenden Menschen sind es ca. 60 Prozent.
Prof. Dr. Angelika Zegelin, die sich dem Thema Mobilität auf wissenschaftlicher Basis verschrieben hat und unter anderem mit der Studie „Festgenagelt sein“ die Problematik der quasi verordneten Bettlägerigkeit deutlich gemacht hat, vermittelte auf abwechslungsreiche Art und Weise die Historie von Bettlägerigkeit und die katastrophalen Folgen auf Herz, Kreislauf, Muskeln und Psyche der Betroffenen. „Wenn man sieht, wie sich allein durch zu Anfang drei Schritte, der Radius des ehemals Bettlägerigen verändert, dann verändert das die Sichtweise auf vermeintlich bequemes Liegen“ so Zegelin. „Die Abhängigkeit der Menschen verschwindet. Wenn ich mich ohne Hilfe bewegen kann, muss ich nicht immer auf Hilfe warten, ich kann mich Situationen, die ich nicht mag, entziehen und ich kann selbst entscheiden, wo ich sein möchte und wann. Ein selbstbestimmtes Leben kommt zurück, durch drei Schritte.“ Welche wirtschaftlichen Auswirkungen Immobilität erzeugt und in welchem Zusammenhang sie mit wichtigen Pflegeproblemen wie Inkontinenz, Demenz, Dekubitus, Mangelernährung oder Sturzgefahr steht, fasste Dr. Nils Lahmann von der Charité Berlin zusammen. Mittels Querschnittserhebungen konnte er eindrucksvoll dokumentieren, dass Immobilität Grund oder Folge sämtlicher Pflegeprobleme darstellt und in Pflegeheimen doppelt so häufig auftritt wie in Kliniken.
Der Mediziner Dr. Karl Schuhmann beleuchtete das Thema von der ärztlichen Seite. Er erklärte, dass, im Gegensatz zu einer Maschine, der menschliche Körper durch Bewegung aufgebaut und durch Mangel an Bewegung zerstört wird und erläuterte wie zum Beispiel die Hämodynamik, der Metabolismus oder die Lungenfunktion bereits binnen weniger Stunden Immobilität massiv beeinträchtigt wird.
Claudia Stork, DIN ISO Auditorin/Qualitätsmanagerin, zeigte an Praxisbeispielen, dass Bewegung, Aktivität und Mobilität die Grundlage für eine effiziente Prophylaxe darstellen. Die Analyse fördernder oder behindernder Rahmenbedingungen für Bewegung ist unumgänglich, damit eine Aktivität sicher und möglichst einfach wird. Gleichzeitig sollen aber die Fähigkeiten der hilfsbedürftigen Person individuell unterstützt werden. Gerade hier zeigte sich, dass Hilfsmittel, so sie denn sinnvoll und individuell abgestimmt eingesetzt werden, Pflegebedürftigen als auch Pflegekräften die optimalen Rahmenbedingungen
für Mobilität bieten.
Im Rahmen der Workshops, die ArjoHuntleigh für die Teilnehmer anbot, konnten diese neue Erkenntnisse hinsichtlich ergonomischer Mobilisierung erfahren. Themen waren hier unter anderem Dekubitusmanagement, Bariatrische Lösungen, non-invasive Thromboseprophylaxe oder Finanzierung von Hilfsmitteln für die ambulante und Langzeitpflege. Für die Teilnehmer war vor allem der direkte Austausch mit den Referenten, die teilweise auch bei den Workshops vor Ort waren sowie die direkte praktische Umsetzung neu gewonnener Einsichten besonders wertvoll.