Diese Frage lässt sich zum einen aus haftungsrechtlicher und zum anderen aus arbeitsrechtlicher Perspektive beantworten.
Ein Blick in das Gesetz gibt eine Antwort auf diese Frage: Zunächst einmal sehen sowohl das alte Krankenpflegegesetz (KrPflG) als auch das nun neue Pflegeberufegesetz (PflBG) keine ausdrückliche Auflistung von spezifischen Tätigkeiten vor, die der Pflege zugewiesen sind. Das in § 5 PflBG formulierte Ausbildungsziel stellt vielmehr auf die Erlangung der für die Berufsausbildung erforderlichen generellen Kompetenzen ab. Die Befähigung bzw. Berechtigung von Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern zur Durchführung konkreter Maßnahmen, wie hier zur fußpflegerischen Versorgung, lässt sich deswegen nur unter Zuhilfenahme anderer Quellen erschließen.
Das Podologengesetz (PodG) aus dem Jahr 2001 ist hier aufschlussreicher. Und zwar wird hierin ein Podologen-Vorbehalt ausdrücklich verneint, auch um rein kosmetische Fußpflegepraxen durch das Gesetz nicht in ihrer Berufsausübung zu hindern. Heißt: Auch andere (Gesundheits-)Berufe können und dürfen grundsätzlich Maßnahmen zur Fußpflege durchführen. Ob Pflegekräfte Fußpflege übernehmen dürfen, kann daher also grundsätzlich erst einmal angenommen werden.
Expertise der Podologen bei medizinisch notwendiger Fußpflege gefragt
Allerdings ist den Begründungen zum Podologengesetz ebenso zu entnehmen, dass die Versorgung krankhafter Veränderungen an Haut und Nägeln am Fuß, zum Beispiel bei Patienten mit Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus oder Blutkrankheiten, zum Gefahrenpotenzial für den Patienten werden können, wenn sie nur unzulänglich seitens des Fußpflegers berücksichtigt werden. Erfolgen also fußpflegerische Maßnahmen auf ärztliche Anordnung, im Kontext der Prävention, Therapie und Rehabilitation von Fußerkrankungen, so ist eine qualifizierte Fußpflege durch entsprechend ausgebildete Podologen unabdingbar. Deutlich wird hierdurch, dass es sich bei der podologischen Therapie um eine dem Arzt zugewiesene Aufgabe mit delegationsfähigem Charakter handelt.
Das Aufgabengebiet der Podologie umfasst nach den Angaben des Deutschen Verbandes für Podologie (ZFD) folgende Tätigkeiten:
- die podologische Behandlung als solche einschließlich der Hygienemaßnahmen
- die Anamnese und podologische Befunderstellung
- die Biomechanische Untersuchung
- das Erstellen des Behandlungsplans und die Aufklärung über das Behandlungsziel
- spezielle Behandlungsmaßnahmen bei Nagel- und Hautveränderungen
- die Beherrschung spezieller Techniken (Verbände, Entlastungen, Massagen, Mobilisierungsübungen) in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen
Auf sozialversicherungsrechtlicher Ebene wird dieses Ergebnis durch die Heilmittel-Richtlinie unterstrichen. In den §§ 27 bis 29 wird die podologische Therapie nach einer ärztlichen Eingangsdiagnostik als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgewiesen.
Es ist also festzuhalten, dass der Ausübung dieses ärztlich übertragenen Aufgabenkomplexes durch Pflegekräfte keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen und sie die entsprechenden Maßnahmen durchführen dürfen. Im Kontext der medizinischen Mitwirkung bei komplexen fußtherapeutischen Behandlungen – insbesondere wenn diese im Zusammenhang mit der Erbringung von Heilmittel-Leistungen stehen – empfiehlt es sich jedoch auf die Expertise von Podologen zurückzugreifen.
Gerne werden die fußpflegerischen Maßnahmen auf Pflegekräfte „abgewälzt“. Die Übernahme dieser fußpflegerischen Tätigkeiten erfreut sich jedoch unter Pflegenden keiner großen Beliebtheit. Es stellt sich nunmehr aus arbeitsrechtlicher Sicht die Frage, ob sie die Fußpflege ihrer Patienten übernehmen müssen. Wie oben beschrieben, ist die Fußpflege curricular nicht explizit aufgenommen, sodass man annehmen darf, dass sie auch nicht zum Tätigkeitsprofil von Pflegekräften gehört.
Gleichwohl kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts die Übernahme der fußpflegerischen Tätigkeit auf die Pflegekraft übertragen. Da es sich zudem dabei nicht um eine artfremde Tätigkeit zu den sonstigen pflegerischen Aufgaben handelt, wäre dies jedenfalls dann vertretbar, solange dadurch keine Gesundheitsgefahr für den Patienten entsteht. Ist dieses Aufgabengebiet ausdrücklich im Arbeitsvertrag verankert, so müssen die fußpflegerischen Tätigkeiten ohnehin übernommen werden.
Quelle: RDG 2020, S. 40.