Anlass ist das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur weiteren strafrechtlichen Regulierung der Sterbehilfe. Nach der Sommerpause sollen hierzu die parlamentarischen Debatten im Bundestag aufgenommen werden, mit einer Verabschiedung des Gesetzes ist jedoch nicht vor 2015 zu rechnen. Ein bereits vorliegender Entwurf sieht das Verbot einer organisierten Sterbehilfe vor. Daneben wurden aber auch mögliche Ausnahmetatbestände für Mediziner in die Diskussion geworfen.
Wäre die Beihilfe zum Suizid eine ärztliche Aufgabe, so Montgomery, dann müsse sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst erledigt werden. Die damit verbundenen Konsequenzen wolle er sich gar nicht ausmalen, erklärte der BÄK-Präsident in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Am Ende gäbe es noch eine Abrechnungsziffer für Beihilfe zum Selbstmord. Nein, das ist Tötung auf Verlangen, und die ist falsch, sie verstößt gegen ärztliche Ethik. Und das alles will ich nicht.“
Die organisierte Sterbehilfe lehnt Montgomery ebenfalls ab. Der Wunsch, aus dem Leben zu scheiden, entstehe meist in einer akuten Notlage. Die meisten Menschen wüssten zu wenig von den vielen medizinischen Möglichkeiten zur Begleitung Sterbender. „Da müssen wir ansetzen und Hilfe zum Leben geben, nicht Hilfe zum Sterben. Deswegen bin ich grundsätzlich gegen solche Organisationen. Wir brauchen hier, aber auch nur hier eine rechtliche Präzisierung: das Verbot der organisierten Beihilfe zum Selbstmord“, so Montgomery.
Die aktuell diskutierte strafrechtliche Regelung für Ärzte könnte nach Ansicht Montgomerys zulasten der Patienten gehen. „Würden wir jetzt über das Berufsrecht hinausgehen, bestünde die Gefahr, dass wir die Palliativmedizin in den Bereich des Strafrechts rücken. Wir würden dann riskieren, dass der Mut zu einer intensiven Schmerztherapie und einer intensiven palliativen Sedierung wieder sinken würde. Daher glaube ich, dass das Standesrecht hier ausreicht. Es gibt keinen Grund für eine strafrechtliche Regulierung“, stellte Montgomery klar. Er warnte vor den möglichen gesellschaftlichen Konsequenzen des assistierten Suizids: „Einmal auf die schiefe ethische Ebene gelangt, kann ein vermeintlich individuelles Recht durch gesellschaftlichen Druck zur Pflicht werden.“
Justizminister begrüßt breite gesellschaftliche Debatte
Derweil wird im politischen Berlin darüber gestritten, ob im Falle einer Gesetzesabstimmung der Fraktionszwang aufgehoben werden solle oder nicht. Für Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), ist das Thema Sterbehilfe eine klassische Gewissensentscheidung. In einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sprach sich Maas zudem für eine breite Debatte über die Fraktionsgrenzen hinweg aus.
Gegenwind gibt es von Kabinettskollegen Hermann Gröhe (CDU). Der Bundesgesundheitsminister setzt sich dafür ein, jede Form geschäftsmäßiger Hilfe zur Selbsttötung zu verbieten. Unterstützung erhält Gröhe vom Unionsfraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU). Demgegenüber sprach sich CDU-Politiker Peter Hintze für eine ärztliche Unterstützung beim Sterben in schwersten Leidenssituationen aus.
1 Kommentar
Wenn Ärzte ihre Aufgaben am Ende des Lebens besser wahrnehmen wird es zu weniger Fragen nach der Tötung auf Verlangen geben. Wenn Beratung zu möglichen medizinischen Maßnahmen so stattfindet, dass Sie nicht das ÜBER-leben des Körpers sondern das potentiellen Benefit oder auch das Fehlen desselben für das ER-leben des Menschen (Lebensqualität statt Lebensquantität) in den Focus stellt, werden Ärzte ihrer ureigensten Aufgabe FÜR das Leben mehr gerecht werden können. Die Angst davor nicht sterben zu dürfen resultiert aus der Angst vor der tatsächlichen und gefühlten Machbarkeitsmedizin, die Menschen ausgerechnet dann im Stich lässt, wenn das Ende der Machbarkeit erreicht ist. Ich wünsche mir eine eklatante Verbesserung der ärztlichen Ausbildung im Bereich der Palliativmedizin sowie einen starken Fokus auf Soft-skills (Gesprächsführung, Empathie u.a.) bei dem ich einen immense Defizit insbesondere bei jungen Ärzten wahrnehme. Ärzte brauchen Support bei der Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens um die richtigen Worte zu finden, um Gespräche bei infausten Prognosen zu führen, um die Sinnhaftigkeit der intensiven Betreuung von Patienten denen sie nicht mehr zu einer Verbesserung oder gar Genesung verhelfen können nicht aus dem Wege zu gehen. Dazu muss die Medizin auch darauf hinarbeiten das Bild der „Götter in Weiß“ abzubauen – erst dann wird auch ein gesellschaftlicher Diskurs und eine Auseinandersetzung der Bevölkerung mit dem eigenen Sterben möglich sein. Solange die Entscheidungen darüber allerdings an eine vermeintlich allmächtige Medizin und ihre Vertreter delegiert wird, bleibt zunächst die Hoffnung auf Machbarkeit und wenn diese nicht erfüllt wird die Angst vor dem Leiden und der Wunsch nach dem Tod. Diese Schere zwischen dem fast grenzenlosen Vertrauen und dem abgrundtiefen Misstrauen in die Medizin muss dringend näher zusammengeführt und Bedarf einer Korrektur in realitätsnähere Wahrnehmungen. Ärzte können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Lediglich das Ablehnen der Tötung auf Verlangen reicht nicht aus.