Mobidoc
Wie sollen Patien­ten zum Arzt kommen? Bild: © Khwan­eigq | Dreamstime.com

MobiDoc soll medizi­ni­sche Versor­gung für alle gut erreich­bar machen

Immer weniger nieder­ge­las­sene Ärzte, eine sich in Zeiten der Klinik­re­form umstruk­tu­rie­rende Kranken­haus-Landschaft, verbun­den mit Schlie­ßun­gen und Betten­ab­bau – und gleich­zei­tig eine älter werdende Bevöl­ke­rung, die mit mehr Krank­hei­ten und Behand­lungs­be­darf einher­geht: In Zeiten knapper medizi­ni­scher Ressour­cen ist es umso wichti­ger, dass die vorhan­de­nen Ärzte und Klini­ken gut zu errei­chen sind.

„Wie gut ist für mich der nächste Arzt erreich­bar? Gibt es einen schnel­len Weg zur nächs­ten medizi­ni­schen Einrich­tung für mich?“ – Diese Fragen werden für eine gute medizi­ni­sche Versor­gung in der Stadt, und gerade auf dem Land, immer bedeu­ten­der. „Die aktuelle Planung zur Erreich­bar­keit basiert aber oft nur auf groben Schät­zun­gen. Für eine genaue Analyse der Erreich­bar­keit medizi­ni­scher Angebote fehlen genauere Metho­den“, so Chris­tian Schmidt, Presse­spre­cher der Hafen­City-Univer­si­tät (HCU) Hamburg.

An dieser Frage setzt das Forschungs­pro­jekt „MobiDoc“ an der Hochschule an: Es zielt auf eine optimierte und verläss­li­che Abschät­zung der Versor­gungs­si­tua­tion ab. Eine zentrale Rolle spielen Erreich­bar­keits­ana­ly­sen: Über Patien­ten-Profile und die Analyse von Bus- und Bahn-Verbin­dun­gen unter­sucht das Forschungs­team um Prof. Dr.-Ing. Jochen Schiewe, Profes­sor für Geoin­for­ma­tik und Geovi­sua­li­sie­rung, wie schnell und unkom­pli­ziert – oder langsam und kompli­ziert – der Weg für die Patien­ten zu ihrer medizi­ni­schen Anlauf­stelle ist.

Auch demogra­fi­sche Daten werden einbe­zo­gen

MobiDoc überführt die Metho­den und Visua­li­sie­run­gen in ein digita­les Tool; ein Proto­typ soll für die Metro­pol­re­gion Hamburg entste­hen. In diesem sollen die Ergeb­nisse für zukünf­tige Nutzer verständ­lich darge­stellt werden. Ziel ist es, dass verschie­dene Szena­rien zur Erreich­bar­keit von medizi­ni­schen Einrich­tun­gen durch­ge­spielt und vergli­chen werden können. Neben der Schnel­lig­keit der Verbin­dung können auch die Zahl der Umstei­ge­vor­gänge, oder zu überwin­dende Barrie­ren, eine Rolle spielen.

„Wir werden jedoch keine Bewegungs­da­ten erheben. Das wäre sehr aufwän­dig“, so Projekt­lei­ter Schiewe auf Anfrage der „Rechts­de­pe­sche“. „Und auch unprä­zise, weil wir nicht wissen, zu welchem Zweck die Menschen unter­wegs sind.“ Statt­des­sen setze das Team von MobiDoc unter anderem auf Befra­gun­gen der Patien­ten. Hierbei wird feiner nach Arztty­pen, eventu­ell wegfal­len­den Praxen, der Bevöl­ke­rungs­dichte und der Alters­py­ra­mide der Patien­ten in einer bestimm­ten Region diffe­ren­ziert. Auch verschie­dene Bewegungs­modi – etwa per Auto oder mit dem ÖPNV – unter­su­che man.

Projekt­part­ner der HCU sind das Univer­si­täts­kli­ni­kum Hamburg-Eppen­dorf (UKE) und die Hochschule für Angewandte Wissen­schaf­ten (HAW) Hamburg. MobiDoc wird im Rahmen der Innova­ti­ons­in­itia­tive mFUND des Bundes­mi­nis­te­ri­ums für Digita­les und Verkehr mit insge­samt rund 166.000 Euro geför­dert.

Rund 5,4 Millio­nen Einwoh­ner in Metro­pol­re­gion Hamburg

Das Projekt läuft in der Metro­pol­re­gion Hamburg, die – neben der Hanse­stadt selbst – ein sehr weites, abseits von Hamburg größten­teils ländlich gepräg­tes Gebiet mit Teilen von Schles­wig-Holstein, Nieder­sach­sen und Mecklen­burg-Vorpom­mern aufweist. In dem rund 28.500 Quadrat­ki­lo­me­ter großen Areal leben fast 5,4 Millio­nen Menschen: von der Nordsee­küste bei Bremer­ha­ven bis zur Mecklen­bur­gi­schen Seenplatte, von der schles­wig-holstei­ni­schen Insel Fehmarn im Norden bis kurz vor die Region Hanno­ver im Süden, sowie bis ins Wendland an der frühe­ren inner­deut­schen Grenze. Mit Lübeck, Schwe­rin, Neumüns­ter und Lüneburg gibt es in dem Gebiet einige weitere kleine Großstädte und größere Mittel­städte.

„Aller­dings werden wir in einer ersten Phase des Vorha­bens auch nur ausge­wählte, kleinere Gebiete (Stadt, Land) berück­sich­ti­gen, da es uns in einem ersten Schritt erst einmal um die Entwick­lung der Metho­den und ein generel­les Verständ­nis geht“, erläu­tert Schiewe. „Erst in einem zweiten Schritt soll das die gesamte Metro­pol­re­gion (idealer­weise in einem dritten Schritt ganz Deutsch­land) betrach­tet werden.“