Eine Schwangerschaft zählt zu den bemerkenswertesten und einschneidensten Ereignisse, die eine Frau erleben kann. Doch so einzigartig der Weg zum Mutterglück ist, für viele Schwangere beginnt er zunächst mit einem äußerst unschönen Moment – und das beinah täglich: Gemeint ist die Emesis gravidarum, das Schwangerschaftserbrechen.
Dessen Ursache ist bis heute nicht vollständig geklärt. Doch der Zeitpunkt des Auftretens – die Frühphase des ersten Schwangerschaftsdrittels (Trimenon) – legt die Vermutung nahe, dass diese Form des Erbrechens eng mit der Produktion des humanen Choriongonadotropins (hCG) – einem Hormon, dass der Erhaltung der Schwangerschaft dient – verknüpft ist. Diese beginnt bereits kurz nach der Befruchtung und lässt die hCG-Konzentration im Blut stetig ansteigen bis sie zwischen der 10. bis 12. Schwangerschaftswoche ihr Maximum erreicht und dann auf einen Basalwert zurückfällt.
Viele leiden unter Beschwerden in der Schwangerschaft
Verlässliche Aussagen darüber, wie viele Frauen in dieser Phase der Schwangerschaft tatsächlich von Übelkeit und Erbrechen belastet sind, gibt es nicht. Allgemein geht man jedoch davon aus, dass zwischen 50 bis 80 Prozent aller werdenden Mütter hiervon betroffen sind.
Doch damit nicht genug: Denn mit fortschreitender Schwangerschaft und den damit verbundenen biophysiologischen Veränderungen im mütterlichen Organismus treten zum Unwohlsein häufig noch weitere Beschwerden hinzu: Müdigkeit, Unruhe, Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen, nächtliches Kribbeln und Wadenkrämpfe, Schwellungen (Ödeme) in den Füßen und unschöne Krampfadern belasten viele Frauen.
Diese Beeinträchtigungen sollten nicht einfach nur als „vorübergehende Störung des Wohlbefindens“ der Schwangeren abgetan werden. Denn hieraus können – je nach Dauer und Intensität – sehr konkrete Risiken erwachsen, wie beispielsweise gefährliche Kreislaufbelastungen für Mutter und Kind. Auch das Risiko eine Thrombose zu erleiden ist in der Schwangerschaft deutlich erhöht (bis zum 60-fachen). Und nicht zuletzt kann sich die morgendliche Übelkeit zu einer handfesten Krankheit entwickeln (die sogenannte Hyperemsis gravidarum). Im Zweifel sollte deshalb eine geburtshilfliche bzw. medizinische Konsultation in Betracht gezogen werden.
Physik vs. Chemie
Da über die Ursache des schwangerschaftsbedingten Unwohlseins keine Klarheit besteht, ist eine Kausalbehandlung derzeit nicht möglich. Das heißt jedoch nicht, dass es keinerlei Möglichkeiten gäbe, um das Wohlbefinden der Schwangeren einigermaßen zu verbessern. Der schnelle Griff zu einer medikamentösen Lösung oftmals naheliegend.
Allerdings belegen Studien, dass die Neigung zu Einnahme von pharmazeutischen Mitteln bei werdenden Müttern aus Sorge um das ungeborene Kind nicht stark ausgeprägt ist. Eine weniger einschneidende Form der Behandlung könnte daher auf größere Resonanz stoßen. Insoweit belegen die Ergebnisse einer jüngst erfolgten wissenschaftlichen Untersuchung, dass bereits der Einsatz physikalischer Mittel ausreichen kann, um das Wohlbefinden der Schwangeren zu steigern.
Ziel dieser Arbeit war es, einen Zusammenhang zwischen dem Tragen von Kompressionsstrümpfen und der Symptomlinderung in der Frühschwangerschaft festzustellen. Um möglichst aussagekräftige Daten zu erhalten wurde die Untersuchung als eine sogenannte Cross-Over-Studie angelegt.
Hierfür wurden die Probandinnen, die sich in der 8. bis 14. Schwangerschaftswoche befanden, zunächst per Zufallslos auf zwei Gruppen aufgeteilt. In der ersten Gruppe trugen die Probandinnen in den ersten zwei Wochen täglich Kompressionsstrümpfe der Kompressionsklasse 2 und in den darauf folgenden zwei Wochen keine. In der zweiten Gruppe verhielt es sich genau andersherum.
Kompressionsstrümpfen können Beschwerden lindern
Das Ergebnis der Untersuchung: Das Tragen von Kompressionsstrümpfen in der frühen Phase der Schwangerschaft verringert nicht nur die Symptome von Übelkeit und Erbrechen, sondern auch andere Faktoren wie Schwindelgefühl, Beinschmerz sowie physiologische Einschränkungen. Insgesamt lagen die Daten von 58 Teilnehmerinnen vor. Unterstützt wurde die Studie von der SIGVARIS GROUP.
Wenngleich die genauen Kausalzusammenhänge nicht in jeder Hinsicht offengelegt werden konnten, steht für die Wissenschaftler fest, dass das Tragen von Kompressionsstrümpfen während der Schwangerschaft die Durchblutung fördert und den Rückstau des Blutes in den Beinvenen verhindert. Letztere werden hierdurch stark entlastet, Ödeme werden reduziert und das Risiko von Venenentzündungen, Thrombosen und Krampfadern verringert sich signifikant.
Quellen:
- Mendoza E, Amsler F (2017): „Randomisierte, Cross-Over-Studie zur wirkung von medizinischen kompressionsstrümpfen auf Übelkeit und Erbrechen sowie Abgeschlagenheit in der Frühschwangerschaft.“ In: Vasomed. 29. 142–143. Link