Um hochspek­ta­ku­läre Fälle von Millio­nen­be­trug in der ambulan­ten Pflege geht es in drei Wirtschafts-Straf­sa­chen vor den Landge­rich­ten München I und Augsburg, wie aus der Presse­mit­tei­lung der Staats­an­walt­schaft München I vom 9.3.2021 hervor­geht.

Die Staats­an­walt­schaft München I legt den derzeit insge­samt zwölf Angeschul­dig­ten vor, durch fingierte Abrech­nun­gen rund 7,5 Millio­nen Euro erschli­chen zu haben. Dabei war die Masche der mutmaß­li­chen Betrü­ger nahezu gleich.

Diese sollen Leistun­gen abgerech­net haben, die nicht, nicht in vollem Umfang oder unter Verstoß gegen Gesetze oder Vertrags-Verein­ba­run­gen erbracht wurden. Gegen zahlrei­che Mitar­bei­ter, Patien­ten oder mitwis­sende Ärzte ermit­telt die Staats­an­walt­schaft noch. Es geht in den Verfah­ren um drei Pflege­dienste. Zwei davon sitzen in Augsburg, einer in München. Die drei Fälle sind dabei vonein­an­der unabhän­gig, trotz der räumli­chen und zeitli­chen Nähe und der sehr ähnli­chen Vorge­hens­weise bei den Betrü­ge­reien. Insge­samt umfas­sen die Ankla­ge­schrif­ten knapp 1.000 Seiten.

Fall „PZA“: Falsche Abrech­nung in Höhe von 2,3 Millio­nen Euro – Geschäfts­füh­rer in U‑Haft

Im ersten Fall, des Pflege­diens­tes Pflege­zen­trum Augsburg PZA GmbH mit Sitz in Augsburg, geht es um unberech­tigte Abrech­nun­gen zwischen 2014 und 2019 in Höhe von 2,3 Millio­nen Euro. Der frühere Geschäfts­füh­rer sitzt in Unter­su­chungs­haft.

Offen­bar setzte die Firma gezielt darauf, russisch­spra­chige Pflege­be­dürf­tige anzuwer­ben. Sie sollen anschlie­ßend nur einen Bruch­teil oder gar keine der abgerech­ne­ten Leistun­gen erhal­ten haben. Statt­des­sen bekamen sie nicht abrech­nungs­fä­hige Alltags­hil­fen wie etwa Fahrten zum Arzt, Dolmet­scher-Dienste, Übernahme des Schrift­ver­kehrs mit Behör­den, Einkaufs­ser­vice und Putzleis­tun­gen. Zudem soll der Pflege­dienst gegen­über Kosten­trä­gern falsche oder übertrie­bene Angaben zum Gesund­heits­zu­stand der Patien­ten gemacht haben. Auch MDK-Prüfun­gen wurden laut der Ermitt­lun­gen manipu­liert. Um dem Ganzen die Spitze aufzu­set­zen, bezog der Geschäfts­füh­rer über Jahre offen­bar unberech­tigt Sozial­leis­tun­gen. Allein bei ihm zu Hause oder in von ihm betreu­ten Schließ­fä­chern fanden die Ermitt­ler rund sieben Millio­nen Euro in bar!

Fall „Fenix“: 3,2 Millio­nen Euro Schaden – Studen fungierte als „Strohmann“-Geschäftsführer

Ganz ähnlich der zweite Fall der Fenix ambulan­ter Haus- und Kranken­pfle­ge­dienst GmbH. Hier gab es zwischen 2012 und 2019 rund 3,2 Millio­nen Euro Schaden. Ein Student, der zum Zeitpunkt in Spanien lebte, fungierte hier als „Strohmann“-Geschäftsführer. In ihrem Geschäft setzte die Firma darauf, Patien­ten und Angehö­rige in die Manipu­la­tio­nen einzu­bin­den. Sie erhiel­ten Geldzu­wen­dun­gen und eine hauswirt­schaft­li­che Versor­gung gestellt.

Fall „Irena“: Schaden in Höhe von mindes­tens 2 Millio­nen Euro – Angeschul­dig­ten sitzen in U‑Haft

Ebenso im dritten Fall, dem des Pflege­diens­tes Irena GmbH aus München, geht es um mindes­tens zwei Millio­nen Euro aus den Jahren 2015 bis 2019. Hier sitzen alle vier Angeschul­dig­ten in U‑Haft – der Ex-Geschäfts­füh­rer, ein weite­rer Gesell­schaf­ter, dessen ebenfalls für das Unter­neh­men tätiger Sohn sowie die Lebens­ge­fähr­tin des Geschäfts­füh­rers. Auch hier erhiel­ten Betreute nicht-abrech­nungs­fä­hige Dienst­leis­tun­gen wie Haushalts­hil­fen, Fahr- und Begleit­dienste als Kompen­sa­tion.