Sämtliche Ärzte in Hessen, jedoch potenziell auch im ganzen Bundesgebiet, können ab sofort Drohungen und körperliche Übergriffe gegen sie an die Ärztekammer melden. Ab sofort steht auf der Website der Landesärztekammer Hessen ein Meldebogen bereit. Darauf können Ärzte die Art des Übergriffs ankreuzen und den Vorfall kurz beschreiben – von Beleidigungen, Verleumdungen und Drohungen über leichte und schwere körperliche Gewaltanwendung bis zu sexuellen Übergriffen oder Nachstellungen (Stalking).
Mit dem anonym gehaltenen Meldeformular reagiert die Landesärztekammer Hessen auf einen Beschluss ihrer Delegierten-Versammlung von November 2018. Das System soll endlich verlässliche Daten zur Gewalt gegen Mediziner liefern. „Wir wollen uns mit einer ‚gefühlten‘ Zunahme von Gewalttaten nicht länger zufrieden geben“, betont der hessische Ärztekammerpräsident Dr. Edgar Pinkowski. „Stattdessen werden wir Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte endlich genau dokumentieren.“ Der Aufruf richtet sich nicht ausschließlich an hessische Mediziner, sondern im Prinzip an Ärzte aus ganz Deutschland. Denn auf dem Formular können sie auch das Bundesland angeben, in dem sie beschäftigt oder niedergelassen sind.
Ärztemonitor 2018: Hinweis auf zunehmende Gewaltneigung
Hinweise auf eine wachsende Gewaltneigung in der Gesellschaft gegen Ärzte hatte der „Ärztemonitor 2018“ geliefert. Laut der Auswertung von mehr als 7.000 befragten Ärzten und Psychotherapeuten komme es in deutschen Arztpraxen zu täglich 75 Fällen körperlicher Gewalt. Hinzu kommen 2.870 Fälle verbaler Gewalt. Jeder vierte Vertragsarzt erlebe in seinem Berufsleben gewalttätige Übergriffe seitens der Patienten. Doch nur jeder vierte aller Fälle komme zur Anzeige. Das Bündnis Junger Ärzte hatte zudem, aus einer Befragung unter angestellten Medizinern, von steigender Gewaltbereitschaft auch in den Kliniken berichtet.
Die Kammer erhofft sich, noch validere Daten durch das Meldesystem zu gewinnen. Sie schätzt zudem die Dunkelziffer als hoch ein, da viele Ärztinnen und Ärzte den Gang zur Polizei scheuen würden. Fernziel ist die Aufnahme von Medizinern in den § 115 StGB, der tätliche Angriffe auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, sanktioniert. Dazu gehören etwa Feuerwehrleute oder Sanitäter. Ein solcher Schritt wurde auch auf dem Deutschen Ärztetag 2018 in Erfurt gefordert.
Quelle: BÄK