„Wir haben nicht die Zeit für komplizierte Studien. Die Leute sterben, die Psyche der Menschen leidet und die Unternehmen gehen kaputt!“ Neben der Suche nach neuen Therapieformen gegen COVID-19 geht es Dr. Erika Mendoza, Referentin auf der Winterakademie, auch ums Prinzip. Ihre Vermutung: Während alle Energien auf die Suche von teuren, neuen Impfstoffen verwendet werden, gerät das Einfache aus dem Blick. Die Ärztin, Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie, Gründerin und Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Chiva – einer neuartigen Krampfader-Behandlung – sowie des Wundnetzes Hannover-West und Vorsitzende des Hospizvereins Schaumburg und, wie sie selbst sagt, „Forscherin aus Protest“, kämpft für einen möglicherweise bahnbrechenden Therapieansatz: Das Blutverdünnungs-Mittel Heparin sowie simples Aspirin könnten einen sehr großen Teil der Corona-Todesfälle verhindern. Bei ihren Recherchen stieß sie außerdem auf ein anderes interessantes Konzept: Das seit 40 Jahren erhältliche Anti-Parasiten-Mittel Ivermectin.
„Wir sterben nicht an Corona, weil das Virus selbst uns tötet, sondern weil es das Immunsystem triggert und am Ende unser Immunsystem selbst uns tötet“, erinnerte sie. Ivermectin, das in der äquatorialen Region zur Standard-Prophylaxe gegen Wurmbefall gehört – „das Medikament wird seit 1980 billionenfach genommen“ – hatte sich in einer Krankenhaus-Studie im britischen Liverpool als sehr vielversprechend herausgestellt: So sank die COVID-Infektionsrate unter den Nutzern des Medikaments um 70 Prozent gegenüber der Kontrollgruppe. Während in Indien eine Tablette rund 11 Cent koste, schlage das hierzulande als Therapeutikum gegen Krätze verordnete Medikament mit 15 Euro pro Anwendung zu Buche.
Ein weiteres Mittel, dass man sich für einen weitergehenden Einsatz anschauen müsste, ist Heparin, berichtete Mendoza. Es helfe, Thrombosen in Arterien und Venen, sowie Embolien zu verhindern. Denn seit März/April 2020 ist es in vielen internationalen Studien klar: Die Menschen sterben an Arterien-Thrombosen, die Überlebensrate im Krankenhaus steigt deutlich, wenn nach der Stationären Aufnahme Heparin gegeben wird. Eine Handlungsempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Angiologie weist eindeutigauf diesen Zusammenhang hin und empfiehlt den großzügigen Einsatz von Heparin schon bei Patienten in frühen Stadien der Erkrankung. In Deutschland sei das Blutverdünnungs-Präparat immer schon ein Standardmittel, dass sämtlichen stationären Patienten verabreicht wird, im Gegensatz etwa zu Frankreich oder Großbritannien. Ebenfalls seit März/April 2020 fiel auf, dass hierzulande die COVID-Sterblichkeit in Kliniken bedeutend niedriger war als bei den Nachbarn. Seit Mai/Juni vergangenen Jahres führten die Erkenntnisse der ersten Studien dazu, dass alle Patienten, die wegen Corona aufgenommen werden, weltweit Heparin erhalten. „Es deutet jedoch vieles darauf hin, Heparin auch schon bei milderen Corona-Anzeichen zu verwenden, bevor sich die Symptome verschlimmern, so dass eine stationäre Aufnahme vermieden werden könnte.“
Zunehmend wurde die Wichtigkeit von Antikörper-getriggerter Gerinnungsstörung bei COVID-19 bekannt mit Thrombosen in Arterien. Daher postuliert Mendoza in der Prophylaxe einer Verschlimmerung bei frühem Verlauf eine möglicherweise ergänzende Wirkung mit einfachem Aspirin (ASS). Doch ihre Versuche, eine größer angelegte Studie zu initiieren, liefen ins Leere. Bei Kliniken blitzte sie wegen Zeitmangels oder Desinteresse ab; zudem seien die Studienbedingungen sehr streng. „Heparin plus ASS versus Placebo muss in Deutschland denselben Prüfplan durchlaufen wie ein neuer COVID-Impfstoff“, klagte sie. Auf den rund zwei Millionen Euro bliebe man sitzen; wünschenswert sei, dass der Staat Studien-Unterstützung leiste, wie es etwa in ihrer familiären Heimat Spanien gang und gäbe sei. „COVID-Studien werden nur an stationären Patienten durchgeführt. Warum wird überhaupt so wenig in präklinischer Phase geforscht?“ Vermutlich, weil dies schwer zu organisieren ist, aber auch, weil die zu findenden Lösungen wirtschaftlich nicht lukrativ seien, folgerte sie. Dringend notwendig sei daher eine industrieunabhängige Forschung – „mit Medikamenten, die sinnvoll scheinen, auch wenn sie günstig sind und deshalb niemanden in der Pharmaindustrie interessieren.“ Hier wäre sie gerne bereit, in Infektions-Hotspots tätig zu werden. Wenn man sie nur ließe.