Von wegen „harmlose Kinderkrankheit“: Eine Masern-Epidemie macht derzeit Köln zu schaffen – und hat nun sogar zur Absage eines Stadtteilfestes geführt. Wie die Stadt mit Stand von Mittwoch, 27. Juni, mitteilte, gebe es seit Anfang des Jahres insgesamt 130 bestätigte Meldungen der ansteckenden Infektionskrankheit – mit einer Häufung der Fälle in jüngster Zeit. Ende April hatte die Fallzahl des laufenden Jahres noch bei knapp 50 gelegen. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum des Vorjahres registrierte man in Köln nur neun Masern-Fälle.
Damit ist die aktuelle Masern-Epidemie der größte Ausbruch der Erkrankung in Köln seit 2001, als gleich rund 500 Fälle auftraten. Die Zahlen in den Jahren danach reichten bei weitem nicht an diesen Wert heran. Schon im Folgejahr sanken die Zahlen auf 78 neue Fälle, in den übrigen Jahren des neuen Jahrtausends gab es sogar Jahre ganz ohne Masern zu verzeichnen.
Laut Stadt-Sprecherin Simone Winkelhog reiche dabei die Altersspanne bei den aktuell Erkrankten von sechs Monaten bis zu 62 Jahren. Anders als bei früheren Epidemien, liege der Schwerpunkt diesmal auf Erwachsenen. „Die Meldungen sind auf das gesamte Stadtgebiet verteilt“, so Winkelhog. Aus dem Anlass rief die Stadt alle Bürger dazu auf, ihren Masern-Impfschutz zu überprüfen. Erwachsene, die bisher noch nie an Masern erkrankt waren und noch keine oder nur eine Schutzimpfung erhalten haben, sollten das schnellstmöglich nachholen. Die Standard-Empfehlung lautet auf zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen.
Fest-Absage wegen Masern-Fällen
In Porz-Finkenberg, einem Hochhausviertel im Südosten von Köln, entschlossen sich die Organisatoren eines Stadtteilfestes zu einem drastischen Schritt: Weil es auch im Stadtteil vermehrt zu Masernfällen gekommen war, sagte die Diakonie Michaelshoven das zunächst für Samstag, 30. Juni, geplante Fest ab. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, doch nach Abstimmung mit Ärzten handeln müssen, so ein Mitarbeiter des Trägers.
Bundesweit dagegen seien die Masern laut der Statistik des Robert Koch-Instituts (RKI) wieder leicht auf dem Rückmarsch. „Für das Jahr 2017 wurden dem RKI Daten von insgesamt 930 Masernfällen übermittelt“, so das Institut. Auch damals war NRW mit allein 521 Fällen besonders betroffen. In den ersten 17 Kalenderwochen waren es 198 Fälle – ein Großteil der Kölner Fälle ist allerdings dort noch nicht eingerechnet.
Vorurteile über Impfung gefährden Kampf gegen Masern
Die durch Viren hervorgerufene Krankheit beginnt mit hohem Fieber, Husten und Schnupfen. Nach einigen Tagen fängt sich der charakteristische rote Hausausschlag an zu bilden, zunächst im Gesicht, dann am ganzen Körper. Sollte die Erkrankung nicht nach acht Tagen abklingen, drohen schwere Komplikationen wie Lungen- und Mittelohrentzündungen. Im allerschlimmsten Fall kann sich eine lebensbedrohliche Gehirnhautentzündung bilden. Das Virus ist extrem leicht übertragbar, es genügt die bloße Anwesenheit einer infizierten Person in der Nähe, gerade in geschlossenen Räumen. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zum Ausbruch einer Masern-Epidemie, meist lokal begrenzt. Auch in Berlin ereigneten sich in den Vorjahren mehrmals Erkrankungswellen. Einmal ausgebrochen, sind die Masern nur noch symptomatisch behandelbar.
Eine Impfquote von 95 Prozent in der Bevölkerung gilt als Zielwert, um Masern zurückzudrängen und bestenfalls – auf lange Sicht – auszurotten. Erschwert wird das Vorhaben durch Vorurteile rund um die Masern-Impfung: Diese würde selbst zu einer Erkrankung führen oder könnte Autismus verursachen, heißt es etwa. Die medizinisch nicht haltbaren Thesen haben gerade unter Anhängern alternativer Medizin, mithin in meist wohlsituierten Kreisen, Konjunktur. Eine absichtliche Ansteckung der eigenen Kinder, damit diese die Erkrankung durchmachen und fortan von ihr verschont bleiben (etwa durch sogenannte „Masernpartys“), kann juristisch als Körperverletzung gewertet werden.