Am Mittwoch vergangene Woche hat eine Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss stattgefunden, bei dem zahlreiche Experten aus dem Gesundheitswesen vertreten waren. Aus den Anhörungen und Stellungnahmen geht ein einheitlicher Konsens hervor: In allen Bereichen der Pflege muss das Personal aufgestockt werden.
Grundlage der Debatte waren jeweils zwei Anträge der Fraktionen Die Grünen und Die Linke. Darin wird formuliert, dass die Personalausstattung in der Pflege verbessert werden muss, ebenso wie die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte.
Im Konkreten fordern Die Grünen in ihrem ersten Antrag ein Sofortprogramm für die Schaffung von Personal in der Altenpflege, da sie von hoher Arbeitsbelastung geprägt ist und die Pflegequalität daher nicht gewährleistet werden könne. Die Fraktion will die Auflösung des Pflegevorsorgefonds, um daraus in Höhe von 1,2 Milliarden Euro Pflegefachkraftstellen zu schaffen, die eine gute und nach Tarif bezahlte Entlohnung erfahren. Für eine Verbesserung der Situation in der Altenpflege spricht sich auf Die Linke in ihrem zweiten Antrag aus. Dazu wollen sie einen verbindlichen Personalschlüssel, der bundesweit einheitlich geregelt ist. In dem zweiten Antrag der Grünen geht es spezifisch um Pflegepersonal in Krankenhäusern, das mit 1,3 Milliarden Euro pro Jahr aufgestockt werden soll. Auch Die Linke will eine verbindliche Personalbemessung in Krankenhäusern, und zwar nicht ausschließlich für „pflegesensitive“ Bereiche.
Zustimmung aus Expertenreihen
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz betonte in der Anhörung, dass verbindliche Personalschlüssel längst überflüssig seien. Behandlungs- und Pflegefehler seien die Folge eines chronischen Personalmangels. Daher müsse der Pflegeberuf attraktiver gestaltet werden, unter anderem durch die Möglichkeit von einer Teilzeit- in eine Vollzeitstelle zurückzukehren. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sieht in der hohen Quote von Teilzeitkräften ein grundlegendes Problem in der Pflege. Durch bessere Arbeitsbedingungen könnte verhindert werden, dass zahlreiche Pflegekräfte nur noch in Teilzeit arbeiten wollen.
Zudem sollten laut der Stiftung die Eigenanteile der Versicherten für die Pflegeversicherung eingedämmt werden. Auch zu dem Vorschlag, Pflegekräfte aus dem Ausland zu rekrutieren, äußerte sich die Stiftung. Hier müsste sichergestellt sein, dass entsprechende Qualifikationen und Sprachkenntnisse gründlich geprüft werden.
Auf die im internationalen Vergleich deutlich niedrige Pflegefachkraftquote in Deutschland verwies das Aktionsbündnis Patientensicherheit. Durch die psychischen und körperlichen Belastungen infolge des Fachkraftmangels sei die Patientensicherheit gefährdet.
Auflösung des Pflegevorsorgefonds
Aus Mitteln des Pflegevorsorgefonds zusätzliche Pflegestellten zu schaffen – wie es auch die Grünen und Linken vorgeschlagen haben – sprachen sich sowohl die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege als auch der Versorgungsforscher Prof. Dr. Stefan Greß von der Hochschule Fulda aus. Letzterer geht davon aus, dass auf diese Weise 40.000 neue Stellen finanziert werden könnten. Ohnehin sei der Fonds zu klein, um den Beitragsanstieg nach 2035 zu reduzieren. Greß hält außerdem die Einführung einer Pflegebürgerversicherung für notwendig. Zuletzt müssten ihm zufolge die Bezahlung für Beschäftigte in der Langzeitpflege (2.621 Euro) angehoben werden, da sie 16 Prozent weniger verdienen würden als der Durchschnitt der Beschäftigten in der Pflege.
DPR fordert Schaffung von 100.000 Pflegekräften
Anlässlich der Anhörung äußerte sich auch der Deutsche Pflegerat (DPR) in einer Pressemitteilung zur Personalsituation in der Pflege. Franz Wagner, Präsident des DPR, bemängelt: „Die Versorgungssicherheit der Patienten und Pflegebedürftigen, die Pflegeleistungen benötigen, ist in Deutschland bereits heute nicht mehr durchweg gewährleistet. Nachgefragte und benötigte Leistungen können immer häufiger nicht mehr erbracht werden.
Grund hierfür ist das fehlende Pflegepersonal.“ Daher forderte der DPR ein steuerfinanziertes Sofortprogramm, mit dem bei einer Laufzeit von mindestens drei Jahren der Aufbau von je 50.000 Stellen in Krankenhäusern, Pflegediensten und stationären Pflegeeinrichtungen erfolgen soll.
Im Anschluss an die Anhörung resümierte die Fraktion Die Grünen in einer Mitteilung, dass die Zustimmung der Experten für die Vorschläge der Grünen ein deutliches Zeichen sei, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Weitere geladene Sachverständige bei der Anhörung waren unter anderem der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP).
Quelle: DPR, Bundestag, klein-schmeink.de