Lektion 1: Deutschland muss sich digital weiterentwickeln
Ein Thema, dass gleich zu Beginn der Pandemie schnell klar wurde: Die Digitalisierung in Deutschland ist unzureichend fortgeschritten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt in einem Gutachten von 2021 zu: „Deutschland ist sowohl beim Ausbau der digitalen Infrastruktur als auch beim Einsatz digitaler Technologien und Dienstleistungen hinter viele andere OECD-Staaten zurückgefallen.“
Corona hat zwar einen Digitalisierungsschub ausgelöst, von dem allerdings in erster Linie Unternehmen profitiert haben: Viele Firmen haben für die nötige Ausstattung gesorgt, um das Tagesgeschäft digital aufrechtzuerhalten.
Aber gerade in Schulen, Gesundheitswesen und öffentlicher Verwaltung hat diese Umstellung kaum funktioniert. Dadurch war beispielsweise die Nachverfolgung von Infektionszahlen kompliziert und langwierig. Auch in den Schulen zeigten sich Mängel: Online-Video-Unterricht fand nur sporadisch statt.
Ein Grund dafür ist der Datenschutz, der in Deutschland eine deutlich größere Rolle spielt als in anderen Ländern. Gesundheitsdaten gelten als besonders sensibel, was digitale Innovation kompliziert macht.
Viele Maßnahmen wie die elektronische Patientenakte, das E‑Rezept oder Videosprechstunden sind sind nach wie vor keine Selbstverständlichkeit – hier sind uns andere europäische Länder weit voraus.
Auch die Infrastruktur ist in vielen Bereichen nicht vorhanden: Neben datenschutzkonformer Software mangelt es in vielen Regionen immer noch an schnellen Internetzugängen.
Lektion 2: Lieferketten müssen gesichert werden
Lange war die Handelspolitik geprägt von der Überzeugung, dass die Globalisierung überwiegend Vorteile bringt. Internationale Handelsbeziehungen machten viele Dinge sehr viel günstiger.
In der Coronakrise zeigten sich dann die Nachteile: Medizinische Schutzkleidung wurde knapp, da sie inzwischen nicht mehr in Deutschland produziert wird. Auch die dringend benötigten FFP2-Masken hatten wochenlange Lieferzeiten. Viele Industriebetriebe mussten die Produktion einstellen, weil notwendige Materialen aus dem Ausland ausblieben.
Zwar erholen sich die Lieferketten inzwischen wieder – trotz des Ukraine-Krieges, der auch für Engpässe gesorgt hat. Nach wie vor bestehen allerdings Lieferengpässe für viele Medikamente, die in erster Linie durch eine deutliche gestiegene Nachfrage bei gleichzeitig gesunkenem Angebot verursacht werden.
Deshalb hat das Kabinett Anfang April den Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln“ beschlossen.
Lektion 3: Das Gesundheitswesen muss widerstandsfähiger werden
Das Gesundheitswesen hatte während der Pandemie mit vielen Problemen zu kämpfen. Neben vermeidbaren Problemen durch mangelnde Digitalisierung und fehlende Schutzausrüstung wurde vor allem die mangelnde Ausstattung des deutschen Gesundheitswesens in Deutschland durch Corona besonders deutlich.
Ob Gesundheitsämter, Pflegeheime oder Krankenhäuser – überall fehlt es an Personal, Ausstattung oder Geld für Renovierungen. Man darf gespannt sein, ob im Rahmen der Krankenhausreform hier zumindest die Kliniken besser gestellt werden.
Auch die „Nationale Reserve Gesundheitsschutz“ zur Sicherstellung von genügend Medikamenten und Schutzmitteln für Krisenlagen, die bereits in der letzten Legislaturperiode beschlossen wurde, muss weiter vorangetrieben werden.
Lektion 4: Soziale Ungleichheiten müssen adressiert werden
Neben Problemen im Gesundheitswesen sind auch soziale Ungleichheiten durch die Pandemie sichtbarer geworden. Das zeigte sich in vielen Bereichen: Menschen mit geringem Einkommen hatten deutlich mehr finanzielle Einbußen als solche mit höherem Einkommen.
Die Ausgangsbeschränkungen waren für Hausbesitzer leichter zu ertragen als für Mieter in kleinen Wohnungen. Mütter übernahmen deutlich häufiger als Väter den Hauptanteil der zusätzlich anfallenden Kinderbetreuung.
Aber auch politische Entscheidungen führten dazu, dass sich viele Menschen vom Staat benachteiligt fühlten. Sicher war die Rettung der Wirtschaft mit Milliardenbeträgen nicht falsch. Allerdings gab es diese Hilfen nicht für Selbstständige. Während Kirchenbesuche weiterhin erlaubt waren, mussten Kultureinrichtungen schließen.
Und viele Maßnahmen, die dem Schutz von älteren Menschen dienen sollten, haben praktisch dazu geführt, dass diese ihre Familien nicht mehr sehen durften. Hier muss sich die Politik für die Zukunft darüber Gedanken machen, wie sich mehr Menschen in Krisenlagen aufgefangen fühlen – denn ohne Solidarität funktioniert die beste Impfkampagne nicht.
Lektion 5: Wir brauchen eine Fehlerkultur
Der konstruktive Umgang mit den eigenen Fehlern gehört nicht zu den deutschen Stärken. Aber um für die nächste Pandemie besser gerüstet zu sein, ist die Analyse der eigenen Fehler unumgänglich.
Ein Schritt in diese Richtung könnte die von der FDP-Fraktion im Bundestag geforderte Enquete-Kommission sein, die die politischen Entscheidungen während der Pandemie aufarbeiten soll.
Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sieht die Notwendigkeit, Lehren aus der Pandemie zu ziehen: „Wir werden weitere Pandemien erleben. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Die Enquete-Kommission bietet die Möglichkeit, nach vorne schauend im wissenschaftlichen Austausch zu arbeiten, Maßnahmen und Handeln zu bewerten und für kommende Ausnahmesituationen anzupassen.“