Katheterisierung: Eine ärztliche Tätigkeit
Grundsätzliche stellt die Einführung eines transurethralen Katheters – durch die Harnröhre (Urethra) – einen invasiven Eingriff dar. Invasive Eingriffe, also jene medizinischen Maßnahmen, die in den Körper des Patienten eindringen und somit eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit darstellen, zählen zu den ärztlichen Tätigkeiten.
Was eine ärztliche Tätigkeit ist, wird in § 28 SGB V näher bestimmt. Hiernach gehören zur ärztlichen Behandlung Tätigkeiten, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckgemäß sind.
Das Gesetz bleibt in dieser Definition weitgehend oberflächlich und überlässt die Festlegung konkreter Tätigkeiten den Partnern der Bundesmantelverträge. In diesen Verträgen ist aufgeführt, welche Eingriffe zu den ärztlichen Maßnahmen zählen und welche davon an nichtärztliches Personal übertragen werden können.
Nach diesem Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV‑Ä) stellen invasive Eingriffe normalerweise ärztliche Tätigkeiten dar, die nicht an nichtärztliches Personal übertragen werden können.
Kann das Legen eines Katheters delegiert werden?
In Anlage 24 BMV‑Ä heißt es zur Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal:
§ 2 Nicht delegierbare (höchstpersönliche) Leistungen des Arztes
Der Arzt darf Leistungen, die er aufgrund der erforderlichen besonderen Fachkenntnisse nur persönlich erbringen kann, nicht delegieren. Dazu gehören insbesondere Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen, Diagnosestellung, Aufklärung und Beratung des Patienten, Entscheidungen über die Therapie und Durchführung invasiver Therapien und operativer Eingriffe.
Nach dieser Vorgabe dürfte die Einführung eines Katheters also nur durch Ärzte erfolgen und nicht durch das Pflegepersonal. Das liegt daran, dass solche Eingriffe eine besondere Risikoträchtigkeit haben.
Das Material des Katheters muss richtig gewählt werden. Außerdem muss er korrekt platziert werden. Darüber hinaus hat der Eingriff ein Gefährdungspotenzial durch ein hohes Infektionsrisiko für Nieren und Harnwege.
Trotzdem stellt das Legen eines Katheters einen gewissen Sonderfall dar und kann, im Gegensatz zu anderen invasiven Eingriffen, eben doch von den Ärzten an nichtärztliches Personal delegiert werden.
Wann ist die Delegation denkbar?
Das Übertragen von ärztlichen Tätigkeiten an nichtärztliches Personal ist eine übliche Praxis in der medizinischen Versorgung und ist immer dann sinnvoll, wenn die Ärztin oder der Arzt selbst keine Kapazitäten haben, um den entsprechenden Eingriff durchzuführen.
Da das Legen eines Katheters ein besonderes Risiko für den Patienten darstellt, unterliegt die Übertragung dieser Tätigkeit einer besonders strengen Indikation.
Im Bundesmantelvertrag für Ärzte ist im Anhang zur Anlage 24 ein Beispielkatalog über delegierbare ärztliche Leistungen aufgeführt.
Im Bereich der urologischen Leistungen ist hier auch der Katheterwechsel genannt. Die festgelegte typische Mindestqualifikation dafür ist die des medizinischen Fachangestellten (MFA).
Warum ist nun aber die Katheterisierung, die ja eigentlich einen nicht delegierbaren invasiven Eingriff darstellt, in diesem Katalog aufgeführt? Das Legen eines Katheters und die hierbei zu berücksichtigenden Techniken werden regelmäßig im Rahmen der pflegerischen Ausbildung vermittelt.
Das bedeutet, dass entsprechend geschultes Pflegepersonal über die nötigen Fachkenntnisse verfügt, um die Leistung zu erbringen.
Wird dieses in der Ausbildung erworbene Wissen regelmäßig überprüft, birgt der Eingriff in der Regel keine Risikoerhöhung für den Patienten, wenn sie vom Pflegepersonal durchgeführt wird.
Bestehen also an diesen Fähigkeiten keine Zweifel, stehen der Delegierung auf das Pflegepersonal keine Bedenken entgegen.
Ärztliche Weisung bei der Katheterisierung
Auch wenn die nötige Qualifikation des Pflegepersonals besteht, ist es immer noch Sache des Arztes zu entscheiden, ob und an wen er die Leistung delegiert.
Sämtliche Manipulationen am Katheter wie Wechsel oder Entfernung bedürfen der ärztlichen Anweisung und können nicht einfach so von einem qualifizierten Mitarbeiter unternommen werden.
Der Arzt hat hierbei Auswahlpflicht, Anleitungspflicht und Überwachungspflicht. Er muss also entscheiden, welcher Mitarbeiter geeignet ist, die Aufgabe durchzuführen. Der Arzt muss dann den Mitarbeiter zur selbstständigen Durchführung anleiten und den Eingriff regelmäßig überwachen.
Wie intensiv Anleitung und Überwachung sein müssen, hängt immer auch von der Qualifikation des Mitarbeiters ab.
Die Überwachung und die Pflege der Katheter- und Drainagesysteme gehören im Rahmen der Beobachtungspflege zum pflegerischen Aufgabenbereich.
Sollte es zu Komplikationen bei der Katheterisierung kommen, muss umgehend der Arzt darüber informiert werden.
4 Kommentare
Die Auswahl, Anleitung und regelmäßige Überprüfung durch einen Arzt? Der in der Regel froh ist, dass PFK die Katheteranlage übernehmen, weil er es nicht gelernt hat? Relativ Realitätsfern – aber rechtlich sicher korrekt 🙈
In diesem Zusammenhang würde mich folgendes interessieren, wozu ich jedoch bisher keine eindeutige Aussage finden konnte:
Muss jede Delegation für jeden Patienten einzeln erfolgen, oder reicht eine „allgemeingültige“ Delegation?
Beispiel: Ich erhalte vom Arzt die Delegation zum Legen und Wechseln von Dauerkathetern (Mann/Frau) und kann dann bei jedem Patienten dies durchführen. Oder muss mir der Arzt eine Delegation für Patienten A und für Patienten B einzeln ausstellen?
Gleiche Frage natürlich für andere Delegationen, wie zum Beispiel das Wechseln einer Trachealkanüle.
Vielen Dank für den Artikel
Hallo. Ich kenne den Begriff invasiv nur im Zusammenhang mit Maßnahmen, die eine Verletzung/ein Durchstoßen z. B. der unverletzten Haut darstellen, also Blutabnahmen, Injektionen usw.
Da die transurthrale Kathetisierung durch eine bereits vorliegende Körperöffnung erfolgt, gehört sie meiner Meinung nach nicht dazu. Anscheinend liege ich hier falsch?!
Danke für diesen Beitrag :)
Gelten diese Aussage auch für den Krankenhausbereich?
Diese Anlage wurde ja durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung und dem GKV für den Bundesmantelvertrag geschlossen. Weiter heißt es ja auch „Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen
an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen.….“.
In der Anlage wird Pflegepersonal lediglich einmal genannt, als „Kranken- und Gesundheitspfleger“?!