Ein neues Medikament bringt etwas Hoffnung für von Alzheimer betroffene Menschen: In einer Studie mit knapp 1.800 Patienten hat sich das Antikörper-Präparat Lecanemab als wirksam erwiesen, um den geistigen Verfall zu bremsen.
Bei den Teilnehmern der Untersuchung, die das Medikament erhalten hatten, verlangsamte sich der Abbau der geistigen Fähigkeiten im Schnitt um 27 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Für das Medikament, das von dem US-amerikanischen Unternehmen Biogen und dem japanischen Pharmakonzern Eisai gemeinsam entwickelt wurde, soll bis Ende März 2023 ein Antrag auf Marktzulassung in Europa und Asien folgen.
In den USA ist bereits ein beschleunigtes Zulassungsverfahren im Gange.
Fokus auf Proteine, die Gehirn-Plaques verursachen
Der Arzneistoff funktioniert, indem er im Gehirn der Patienten das Eiweiß Amyloid-beta abfängt, das sich dort in Form von Plaques ablegt – die sowohl Mitursache als auch Anzeichen einer Alzheimer-Erkrankung sind.
Durch das Blockieren der Synapsen und Zerstörung der Nervenzellen wird die Leistung des Gehirns durch die Ablagerungen immer weiter eingeschränkt.
Wie der Bericht im renommierten „New England Journal of Medicine“ (NEJM) nahelegt, kann also auch Lecanemab den Alzheimer-Prozess zwar nicht gänzlich stoppen, aber zumindest ein Stück weit bremsen. Besonders eigne sich das Medikament für Menschen in einem frühen Alzheimer-Stadium.
An der Phase-3-Studie in Nordamerika, Europa und Asien nahmen 1.795 Personen teil. Eine Hälfte von ihnen bekam im zweiwöchentlichen Abstand das neue Medikament, die andere ein Placebo.
In den Untersuchungen sorgten allerdings auch zwei Todesfälle für Aufmerksamkeit, abgesehen von Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Mikroblutungen im Gehirn.
Die beiden Hersteller erklärten jedoch, dass die Todesfälle nicht ursächlich im Zusammenhang mit der Gabe ihres Medikaments zusammenhängen. Dennoch soll in den weiteren Studien verstärkt geprüft werden, welche Dosierungen verträglich für welche Patienten sind.
Alzheimer-Forschung-Initiative: „Effekt als eher moderat einzustufen“
Die Alzheimer-Forschung-Initiative (AFI) reagierte vorsichtig auf die Studienergebnisse, sieht aber eine interessante Option bei langfristiger Therapie mit dem neuen Wirkstoff.
„Dieser Effekt ist als eher moderat einzustufen. Es ist fraglich, wie stark dieser Effekt für Betroffene spürbar ist und tatsächlich im Alltag einen Unterschied macht“, so die AFI im Hinblick auf die registrierte Verlangsamung des geistigen Abbaus.
„Die Studie hat aber gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit zunehmender Dauer der Wirkstoffeinnahme vergrößert hat. Das könnte heißen, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht. Weitere Studien müssen das untersuchen“, heißt es in der Stellungnahme.
Ein möglicher Ansatz für die weitere Forschung seien Kombinationstherapien mit diesem und anderen Wirkstoffen – die an unterschiedlichen Punkten in den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung eingreifen, so die Initiative weiter.
Quelle: NEJM