In den kommenden Wochen wird der BGH ein wegweisendes Urteil zu einem Fall bekannt geben, bei dem es um Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen der zweifelhaft gewordenen Sondenernährung eines Patienten geht.
In den kommen­den Wochen wird der BGH ein wegwei­sen­des Urteil zu einem Fall bekannt geben, bei dem es um Schmer­zens­geld und Schadens­er­satz wegen der zweifel­haft gewor­de­nen Sonden­er­näh­rung eines Patien­ten geht. Bild: © Sudok1 | Dreamstime.com

Ein Patient litt an fortge­schrit­te­ner Demenz und wurde in den Jahren 2006 bis 2011 bis zu seinem Tod mittels einer PEG-Magen­sonde künst­lich ernährt und am Leben gehal­ten. Spätes­tens seit Anfang 2010 habe dies nur noch zu einer sinnlo­sen Verlän­ge­rung des Leidens des Patien­ten geführt, so der Vorwurf des Sohnes des bereits verstor­be­nen Patien­ten, den er vor Gericht geltend machte. Der Beklagte, ein Münche­ner nieder­ge­las­se­ner Arzt für Allge­mein­me­di­zin, hätte dem Sohn zufolge die lebens­ver­län­gern­den Maßnah­men beenden müssen und das Sterben seines Vaters zulas­sen sollen. Er klagte auf Schmer­zens­geld sowie auf Schadens­er­satz für Behand­lungs- und Pflege­auf­wen­dun­gen.

OLG München: 40.000 Euro Schmer­zens­geld für den Kläger

Das Landge­richt München wies die Klage ab, das Oberlan­des­ge­richt (OLG) München hinge­gen hatte dem Sohn 40.000 Euro Schmer­zens­geld zugespro­chen. Begrün­det wurde dies damit, dass der beklagte Arzt seine Aufklä­rungs- und Infor­ma­ti­ons­pflicht gemäß § 1901b BGB (Gespräch zur Feststel­lung des Patien­ten­wil­lens) verletzt hatte. Demnach hätte er das Fortset­zen der medizi­nisch zweifel­haft gewor­de­nen Sonden­er­näh­rung mit dem Betreuer des Patien­ten einge­hend erörtern müssen. Mögli­cher­weise hätte sein Betreuer sich bei einer genauen Erörte­rung gegen die lebens­ver­län­gernde Maßnahme entschie­den, eine solche einge­hende Erörte­rung des Patien­ten­zu­stan­des hat unstrei­tig nicht statt­ge­fun­den. Eine Patien­ten­ver­fü­gung, aus welcher der eindeu­tige Patien­ten­wille heraus­leg­bar wäre, hat es nicht gegeben.

Beide Parteien legten auf das Urteil des OLG München hin Revision ein. Der Arzt begehrte Klage­ab­wei­sung, der Sohn den Anspruch auch auf den materi­el­len Schadens­er­satz, welcher vom OLG München verneint wurde. Nun war der Fall den höchs­ten Zivil­rich­tern der Bundes­re­pu­blik überlas­sen: Vergan­ge­nen Diens­tag verhan­delte der Bundes­ge­richts­hof (BGH) über den Fall. Bislang konnten jedoch nur Tenden­zen zu dem noch ausste­hen­den Urteil des BGHs ausge­macht werden. Die Senats­vor­sit­zende Vera von Pentz wies bei der mündli­chen Verhand­lung darauf hin, dass ein Urteil über den Wert des Lebens sich verbie­tet. Die Richter wollen die Frage aber einge­hend beraten, eine finale Bekannt­gabe zum Urteil der Karls­ru­her Richter wird erst in den kommen­den Wochen folgen.

Patien­ten­ver­fü­gung und Aufklä­rungs­pflicht von hoher Bedeu­tung

Abseits des noch ausste­hen­den BGH-Urteils ist die Wichtig­keit des § 1901b BGB sowie die Bedeu­tung der Patien­ten­ver­fü­gung hervor­zu­he­ben, erklärt Rechts­an­walt Prof. Dr. Volker Großkopf, Profes­sor für Rechts­wis­sen­schaf­ten im Fachbe­reich Gesund­heits­we­sen an der Katho­li­schen Hochschule NRW in Köln, hier in seinem Video­bei­trag:

https://www.facebook.com/offiziellvolkergrosskopf/videos/793077314395846/

Quelle: BGH