Diese und andere neue Empfehlungen hat die Regierungskommission des Gesundheitsministeriums (BMG) in Berlin vorgestellt.
Lauterbach sagte, dass sich sein Ministerium bereits mit der Umsetzung befasse. Deshalb sei der Start im Januar 2023 realistisch. Die Tagesbehandlung werde wie bisher als DRG abgerechnet. Für die nicht anfallenden Übernachtungskosten soll das Relativgewicht (Bewertungsrelation) der DRG einfach pauschal um 0,04 pro entfallende Nacht gemindert werden. Das entspräche etwa einer Hotelübernachtung von circa 140 Euro, ergänzt Tom Bschor, der Leiter der Regierungskommission.
Ein Beispiel: Bei einer viertägigen Tagesbehandlungen (3 Nächte) wäre die Minderung dementsprechend 0,12. Die Entscheidung zu einer Tagesbehandlung soll das Krankenhaus im Einvernehmen mit dem Patienten treffen. Vergütet werden nur jene Tage, an denen ein Patient mindestens sechs Stunden im Krankenhaus ist und überwiegend medizinische oder pflegerische Leistungen erhält.
Bei mehrtätigen Tagesbehandlungen addieren sich die Abzugsbeträge. Die Höhe des Abzugs wird auf maximal 30 Prozent der DRG gedeckelt, auch wenn die Tagesbehandlung über einen längeren Zeitraum geht. Die Regel soll für Privat- und Kassenpatienten gelten. Um eine Umwidmung von Notaufnahmebehandlungen zu vermeiden, sind eintägige Tagesbehandlungen von notfallmäßig (das heißt ohne Einweisung) aufgenommenen Patienten nicht möglich.
Lauterbach: Einsparpotenzial bei Personal und Kosten
Der Vorschlag lasse sich schnell umsetzen und sei gleichzeitig ein „Paradigmenwechsel“, erklärte Bschor bei der Präsentation der Empfehlung. Insgesamt hätten 25 Prozent der Krankenhausfälle das Potenzial, unter diese Regelung zu fallen, so Bschor. Als Beispiel nannte er die Onkologie. Krebspatienten werden immer wieder behandelt und liegen oft mehrere Tage im Krankenhaus, obwohl sie die Nacht eigentlich zu Hause verbringen könnten. „Es handelt sich um Fälle, die im Krankenhaus gemacht werden müssen, bei denen eine Übernachtung aber nicht zwingend ist“, so Lauterbach.
Der Bundesgesundheitsminister betonte, dass diese Neuerung „Personal, Kliniken und Kostenträger entlasten“ würde. Personal lasse sich natürlich erst bei einer bestimmten Anzahl von Tagesfällen „freisetzen“, präzisierte Bschor. „Dieses Potenzial sehen wir aber ganz klar, zum Beispiel in der inneren Abteilung.“
Personalknappheit in Kliniken soll bekämpft werden
Die Regierungskommission präsentierte ihren Reformvorschlag als Beitrag zur Bekämpfung der Personalknappheit in Kliniken. Sichergestellt werden müsse, dass die Leistungsmenge im Zuge dieser Reform nicht ausgeweitet werde und die Kosten nicht höher als bisher werden, schreibt die Kommission. Die Kostenträger hätten dabei unverändert das Recht, über den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen, ob bei einem Fall (mit oder ohne Übernachtung) die generelle Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung gegeben war.
In einer weiteren Reformstufe will die Regierungskommission prüfen, inwieweit hierfür geeignete DRGs im Sinne von Hybrid-DRGs auch für die Erbringung im vertragsärztlichen Bereich geöffnet werden könnten. Dabei sollen die Erfahrungen aus der ersten Reformstufe genutzt werden, um zu prüfen, welche Behandlungen in Betracht kommen und welche Qualitätsanforderungen niedergelassene Ärzte erfüllen müssten. Die Vergütung solle in identischer Höhe, unabhängig vom Ort der Leistungserbringung gezahlt werden.
Minister Lauterbach unterstrich noch einmal: Sein Haus arbeite mit der Besonderheit, dass es sehr empfangsbereit sei, was die Wissenschaft betrifft – und sehr resilient gegenüber Lobbyinteressen.
Kritik von der AOK
Aus Sicht der AOK sind die heute vorgelegten Vorschläge der Regierungskommission zur Krankenhausreform nicht geeignet, um die dringend notwendige Ambulantisierung der Krankenhausleistungen in Deutschland voranzubringen: „Die Vorschläge laufen darauf hinaus, dass ambulant erbrachte Leistungen künftig auf dem bisherigen DRG-Niveau bezahlt werden sollen, ohne dass sich die Strukturen ändern und die Versicherten davon profitieren“, kritisiert die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann.
Stattdessen schlägt die AOK die Einführung einer definierten Quote von ambulanten Leistungen der Krankenhäuser vor.
„Hier drohen neue, zusätzliche Ausgaben im Milliardenbereich, ohne dass die Beitragszahlenden dafür einen Mehrwert bekommen.“ Denn Krankenhäuser könnten zukünftig ihre Leistungen risikolos aus der ambulanten Vergütung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in die DRG-Vergütung steuern. „Das bedeutet im Kern: Dieselbe Leistung für die Patientinnen und Patienten zum vielfachen Preis“, so Reimann.
4 Milliarden Euro Mehrausgaben befürchtet
Zudem sehe der Kommissionsvorschlag vor, dass die bisherige EBM-Vergütung von ambulanten Notfällen im Krankenhaus um Betreuungszuschläge in Höhe von bis zu 400 Euro ergänzt werde. Angesichts der hohen Anzahl von etwa 10 Millionen ambulanten Notfällen pro Jahr in den Kliniken werde der vorgeschlagene Betreuungszuschlag zu erheblichen Mehrausgaben in Höhe von bis zu 4 Milliarden Euro führen, kritisiert Reimann.
„Hier wird einfach nur mehr Geld ins System gepumpt, ohne Anreize für Verbesserungen in den Strukturen der Notfallversorgung zu setzen. In der Konsequenz kann man sich die geplante Notfallreform damit komplett sparen“, so Reimann.
Quelle: BMG
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Wer schläft nicht gerne im eigenen Bett? Verlängert den Heilungsprozess zum Vorteil des Krankenhauses. Der Patient ist der Dumme.