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Pflegereform noch vor Bundestagswahl
Wegen der ständig steigenden Milliardenkosten hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch vor der nächsten Bundestagswahl eine weitere Pflegereform angekündigt.
„Die Probleme sind groß, aber sie sind lösbar und werden auch in Kürze angegangen“, sagte der SPD-Politiker. „Wir werden nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen.“
Das Bundeskabinett hat in dieser Woche über entsprechende Vorschläge einer Finanzreform beraten, die eine Kommission vorgelegt hatte. Dabei soll es um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, eine bessere Prävention von Pflegebedürftigkeit und das Schließen der Finanzlücke gehen.
Rote Zahlen in der Pflegeversicherung
Die Pflegeversicherung rechnet mit roten Zahlen: Für das Jahr 2024 geht sie von einem Minus von 1,5 Milliarden Euro, für das kommende Jahr gar von einem Defizit von 3,4 Milliarden Euro aus.
Ohne Reformen würde die Pflegeversicherung deutlich teurer werden. „Der Beitragssatz würde steigen, weil wir auch mehr Pflegebedürftige haben. Darauf werden wir reagieren“, sagte Lauterbach. Dazu gehörten Gesetzespläne für eine bessere Vorbeugung etwa von Demenz und Schlaganfällen. Viele Pflegefälle seien vermeidbar“, erklärte Lauterbach.
Der Minister verwies auch auf geplante Neuregelungen, die mehr Kompetenzen für Pflegefachkräfte vorsehen, um den Beruf attraktiver zu machen. Auch neue Pflegeangebote sollen gesetzlich ermöglicht werden.
Vier Pflegereformmodelle schlagen die Experten vor. Die Gruppe besteht aus Vertretern mehrerer Bundesministerien und Vertretern der Bundesländer. Zwei der Vorschläge basieren wie bisher auf einer Teilfinanzierung durch die Pflegebedürftigen, zwei aber auf einer Vollfinanzierung.
Die Pflegekassen stoßen bei einer steigenden Zahl Pflegebedürftiger an ihr Limit – das ist Fakt. Die Gesamtausgaben der sozialen Pflegeversicherung lagen 2023 bei etwa 59,2 Milliarden Euro. Dabei müssen Pflegebedürftige insbesondere in Heimen immer höhere Eigenanteile übernehmen. Langfristig fehlen der Pflegeversicherung laut dem Bericht rund 24 Milliarden Euro.
Kritik von Verbänden
Sozialverbänden gehen die Vorschläge zur Pflegereform nicht weit und vor allem nicht schnell genug. Sie drängen auf Sofortmaßnahmen. Die Versorgung von Millionen pflegebedürftiger Menschen sei bereits jetzt massiv gefährdet, erklärte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Dachorganisation der sechs größten Wohlfahrtsverbände.
Die Diakonie Deutschland kritisierte, Problemanalysen gebe es genug. Vorstandsmitglied Maria Loheide sagte, kurzfristig ließen sich Finanzlücken schließen, wenn die Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen und die 4,5 Milliarden Euro Vorleistung der Pflegeversicherung aus der Corona-Zeit aus Steuermitteln finanziert würden.
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, schlug zur Pflegereform folgendes vor: Senioren, die über ein gewisses Vermögen verfügen, sollen mehr in die Pflegekassen einzahlen. Die Lasten dürften nicht allein auf die junge Generation geschoben werden und Wohlhabende verschonen, sagte sie der Funke Mediengruppe.
Quellen: BMG, Funke Mediengruppe