Ein „akutes Problem in der Pflegeversicherung“ hat Lauterbach ausgemacht und zeigt sich über den Anstieg alarmiert:
„Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen. Doch tatsächlich beträgt das Plus über 360.000“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Und weiter: „Woran das liegt, verstehen wir noch nicht genau.“
Lauterbach: „Sandwich-Effekt“
Ein Erklärungsversuch für den „explosionsartigen“ Anstieg liegt laut Lauterbach in einem „Sandwich-Effekt“.
„Zu den sehr alten, pflegebedürftigen Menschen kommen die ersten Babyboomer, die nun ebenfalls pflegebedürftig werden“, sagte der Minister. Erstmals gebe es zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen seien. Das seien die sogenannten Babyboomer und deren Eltern.
Lauterbach machte auch deutlich, dass man das Leistungsniveau der Pflege mit dem jetzigen Beitragssystem allein nicht erhalten könne. Eine umfassende Finanzreform in der Pflege werde in dieser Legislaturperiode aber wahrscheinlich nicht mehr zu schaffen sein, sagte er. Auch eine interministerielle Arbeitsgruppe werde wohl kaum zu einer einheitlichen Empfehlung kommen.
„Dafür sind die Ansichten der verschiedenen Ministerien beziehungsweise der Koalitionspartner zu unterschiedlich.“ Die Arbeit der Gruppe sei aber eine gute Grundlage für eine große Pflegereform in der nächsten Wahlperiode. Lauterbach weiter: „Dann muss sie aber auch kommen.“
Baldige Beitragserhöhung?
Versicherten in der gesetzlichen Pflegeversicherung könnte einer neuen Studie zufolge schon bald eine weitere Erhöhung der Beiträge ins Haus stehen. Bereits zum kommenden Jahreswechsel dürfte die immer weiter steigende Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland einen Anstieg nötig machen, heißt es im neuen Pflegereport der Krankenkasse DAK-Gesundheit, der Anfang April vorgestellt wurde.
Schon 2024 sei eine Beitragssatzanpassung zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung wahrscheinlich.
Zur Stabilisierung der Pflegeversicherung hatte der Bundestag im vergangenen Jahr eine Reform beschlossen: Die Finanzen sollten eigentlich bis ins jahr 2025 abgesichert sein. Der Beitrag für Kinderlose stieg auf 4,0 Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Der Arbeitgeberanteil ging auf 1,7 Prozent herauf. Bei mehr Kindern sinkt der Beitrag.
Quellen: RND, DAK
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Der Minister ist auf dem Stand von 2013. Bereits die Statistik von 2015 zu 2013 zeigt einen Anstieg von 124.765 anerkannten Pflegebedürftigen.
Zur Ehrenrettung des Bundesministers muss gesagt werden, er ist nicht zuständig, die notwendigen Bedingungen der Pflegeversicherung zu gewährleisten, dies sind die Bundesländer und die Pflegekassen der Länder. Die Bürger in den Kommunen sind betroffen und sind oftmals verzweifelt; sie sehen keinen Hoffnungsschimmer.
Mit der Reform 2017 stieg die Zahl der neu anerkannten Pflegebedürftigen um jährlich 7%. Wer sich auf offizielle Statistiken verläßt, ist verlassen; die Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 und einem Anspruch von 125 € monatlich werden vergessen, wie auch die Privatversicherten.
Ausgewiesen sind für 2023 anerkannt Pflegebedürftige mit Pflegegraden 2–5 insgesamt 5.571.107 Personen, ungenannt sind Personen mit Pflegegrad 1, dies sind geschätzt 700.000 Personen. Zu den 6,2 Millionen kommen nochmals ca. 10 – 12 Millionen betroffene Zu- und Angehörige, über 15 Millionen ruhige Wähler.