Dienstplanänderung
Wie kurzfris­tig darf eine Dienst­plan­än­de­rung sein? Bild: Andreas Lischka von Pixabay

Ist die Dienst­plan­ge­stal­tung nur Chefsa­che?

Bei der Gestal­tung des Dienst­plans und auch bei der Dienst­plan­än­de­rung hat der Arbeit­ge­ber gewisse Freihei­ten, die im Wesent­li­chen durch § 106 GewO festge­legt sind. Der besagt: „Der Arbeit­ge­ber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeits­leis­tung nach billi­gem Ermes­sen näher bestim­men, soweit diese Arbeits­be­din­gun­gen nicht durch den Arbeits­ver­trag, Bestim­mun­gen einer Betriebs­ver­ein­ba­rung, eines anwend­ba­ren Tarif­ver­tra­ges oder gesetz­li­che Vorschrif­ten festge­legt sind“.

Ergän­zend hierzu sieht auch § 611a BGB ein arbeit­ge­ber­sei­ti­ges Weisungs­recht bei der Erstel­lung des Dienst­plans vor. Auch hiernach betrifft das Weisungs­recht Inhalt, Durch­füh­rung, Zeit und Ort der Tätig­keit.

Grenzen des arbeit­ge­ber­sei­ti­gen Weisungs­rechts

Aus diesen Rechts­vor­schrif­ten ergibt sich, dass der Arbeit­ge­ber berech­tigt ist Arbeits­zeit und Arbeits­ort festzu­le­gen. Aller­dings gilt dieses Weisungs­recht nicht unein­ge­schränkt, das heißt er darf bei der Dienst­plan­ge­stal­tung nicht rigoros nur seine eigenen Inter­es­sen durch­drü­cken.

Wesent­li­che Grenzen des Weisungs­rechts ergeben sich durch:

  • Betriebs­ver­ein­ba­run­gen
  • Tarif­ver­trag
  • Arbeits­ver­trag
  • Betrieb­li­che Übungen
  • Billi­ges Ermes­sen
  • Spezi­al­ge­setze
  • Mitbe­stim­mungs­recht des Betriebs­ra­tes

Das bedeu­tet, der Arbeit­ge­ber muss sich trotz seines (grund­sätz­li­chen) Weisungs­rechts an die Arbeits­be­din­gun­gen halten, die ggf. durch Betriebs­ver­ein­ba­run­gen, Tarif­ver­träge oder den einzel­nen Arbeits­ver­trag vorbe­stimmt wurden.

Auch haben die Arbeit­neh­mer ein Recht darauf, sich auf sogenannte „betrieb­li­che Übungen“ zu verlas­sen. Hierbei handelt es sich um gewohn­heits­recht­lich anerkannte, vom Arbeit­ge­ber freiwil­lig angenom­mene Vorge­hens­wei­sen, die – wie hier – auch die Erstel­lung der Dienst­pläne betref­fen können. Sowas kann beispiels­weise durch „Wunsch-Eintra­gungs­lis­ten“ für Dienste gesche­hen, wenn diese regel­mä­ßig zum Einsatz kommen. Aus dieser Gewohn­heit kann ein Rechts­an­spruch für die Arbeit­neh­mer entste­hen.

Beson­dere Wichtig­keit bei der Erstel­lung eines Dienst­plans ist die Vorgabe des „billi­gen Ermes­sens“ (§ 106 GewO, § 315 BGB). Nach der ständi­gen Recht­spre­chung liegt billi­ges Ermes­sen vor, wenn die Inter­es­sen beider Vertrags­par­teien (also Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer) angemes­sen bei der Dienst­plan­ge­stal­tung berück­sich­tigt worden sind[1]. Relevante Inter­es­sen des Arbeit­ge­bers wie betriebs­wirt­schaft­li­che Aspekte stehen hier Arbeit­neh­mer­inter­es­sen wie Familie und Freizeit­ge­stal­tung gegen­über.

Zu den genann­ten Spezi­al­ge­set­zen, die zu einer Einschrän­kung des arbeit­ge­ber­sei­ti­gen Weisungs­rechts führen, gehört beispiels­weise das Jugend­ar­beits­schutz­ge­setz, welches ein Gebot von Arbeits­zeit für Minder­jäh­rige vorgibt. Beschrän­kun­gen ergeben sich auch durch das Mutter­schutz­ge­setz beispiels­weise bei Nacht‑, Sonn- und Feiertgs­ar­beit. Das Arbeits­zeit­ge­setz gibt überdies maximale Arbeits­zei­ten und Ruhezei­ten zwischen Arbeits­schich­ten vor.

An dieser Stelle ist auf das ggf. bestehende Mitbe­stim­mungs­recht des Betriebs­ra­tes gemäß § 87 BetrVG hinzu­wei­sen. Demnach kann der Betriebs­rat Beginn und Ende der tägli­chen Arbeits­zeit einschließ­lich der Pausen mitbe­stim­men und Schran­ken vorge­ben.

Wann muss der Dienst­plan bekannt gegeben werden?

Weitrei­chend bekannt ist, dass der Dienst­plan vier Tage vor dem eigent­lich Dienst stehen muss. Tatsäch­lich ist diese Vorgabe auf ein Urteil des Berli­ner Arbeits­ge­richts zurück­zu­füh­ren, das sich aller­dings am § 12 Teilzeit- und Befris­ti­gungs­ge­setz (TzBfg) orien­tiert[2].

Hier heißt es: „Der Arbeit­neh­mer ist nur zur Arbeits­leis­tung verpflich­tet, wenn der Arbeit­ge­ber ihm die Lage seiner Arbeits­zeit jeweils mindes­tens vier Tage im Voraus mitteilt […]“.

Eine gesetz­li­che Mindest-Ankün­di­gungs­frist gibt es somit gar nicht. Die bestehende Regelung wurde ledig­lich aus dem Urteil auf die Vollzeit­ar­beit übertra­gen. Dennoch erfährt sie flächen­de­ckend Akzep­tanz und wird angewen­det. Samstag und Sonntag sind in der Vier-Tage-Frist im Übrigen nicht einzu­rech­nen[3].

Nachträg­li­che Dienst­plan­än­de­rung

Lange war es vorherr­schende Rechts­mei­nung, dass das Weisungs­recht des Arbeit­ge­bers mit Erstel­lung des Dienst­plans ausge­schöpft sei. Dementspre­chend konnte der Arbeit­ge­ber auch nicht mehr nachträg­lich eine Dienst­plan­än­de­rung vorneh­men, da er sein Recht hierzu „verbraucht“ hatte.

Nach der neueren Recht­spre­chung soll dieses Weisungs­recht jedoch auch nach bereits erfolg­ter Dienst­plan­er­stel­lung fortbe­stehen[4]. Somit unter­liegt der Arbeit­ge­ber – auch nach dem er sich schon festge­legt hatte – nicht mehr dem Verbrauch seines Weisungs­rechts.

Endgül­tige Rechts­si­cher­heit, die sich durch eine Entschei­dung des BAG ergeben könnte, fehlt aller­dings noch bei der Antwort auf die Frage, ob der § 12 TzBfG mit seiner Vier-Tages-Frist auch bei Vollzeit­ar­beit angewen­det werden kann. In der Fachdis­kus­sion wird das teilweise bejaht, es gibt aber auch Stimmen, die sich dagegen ausspre­chen[5].

In der Praxis erweist sich ein pragma­ti­scher Ansatz bei der Dienst­plan­än­de­rung als zielfüh­rend, bei dem der Arbeit­ge­ber im Einver­neh­men mit den Arbeit­neh­mern eine Entschei­dung trifft. So kann der Arbeit­neh­mer freiwil­lig auf die Vier-Tages-Frist verzich­ten und ggf. Mehrar­beit leisten – dieser Weg ist sicher­lich am unpro­ble­ma­tischs­ten.

Auch für die nachträg­li­che Änderung des Dienst­pla­nes gilt die Abwägung nach „billi­gem Ermes­sen“. Nach Ansicht des BAG handelt es sich hierbei, um einen unbestimm­ten Rechts­be­griff, weshalb hier ein gewis­ser Beurtei­lungs­spiel­raum besteht.

BAG vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16

„Die Leistungs­be­stim­mung nach billi­gem Ermes­sen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechsel­sei­ti­gen Inter­es­sen nach verfas­sungs­recht­li­chen und gesetz­li­chen Wertent­schei­dun­gen, den allge­mei­nen Wertungs­grund­sät­zen der Verhält­nis­mä­ßig­keit und Angemes­sen­heit sowie der Verkehrs­sitte und Zumut­bar­keit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzel­falls einzu­be­zie­hen. Dem Inhaber des Bestim­mungs­rechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Verset­zung für die rechts­ge­stal­tende Leistungs­be­stim­mung ein nach billi­gem Ermes­sen auszu­fül­len­der Spiel­raum. Inner­halb dieses Spiel­raums können dem Bestim­mungs­be­rech­tig­ten mehrere Entschei­dungs­mög­lich­kei­ten zur Verfü­gung stehen.“

Dienst­plan­än­de­run­gen sind also mitbe­stim­mungs­pflich­tig und unter­lie­gen dem „billi­gen Ermes­sen“, was kurzfris­tige Änderun­gen ohne Zustim­mung in der Regel ausschließt. Ausnah­men könnten durch Notfälle entste­hen, die unplan­bar sind und den unvor­her­ge­se­hen Einsatz eines Mitar­bei­ters notwen­dig machen.

Krank­heits­fälle gehören hierzu aller­dings nicht. Diese sind vom Arbeit­ge­ber durch Rufbe­reit­schaf­ten oder Sprin­ger-Dienste aufzu­fan­gen.

FAQ

Wann ist eine Dienst­plan­än­de­rung zu kurzfris­tig?

Eine Dienst­plan­än­de­rung gilt als zu kurzfris­tig, wenn sie die Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer unange­mes­sen beein­träch­tigt und nicht den Grund­satz des „billi­gen Ermes­sens“ gemäß § 106 GewO und § 315 BGB wahrt. Nach verbrei­te­ter Praxis sollte eine Änderung spätes­tens vier Tage im Voraus mitge­teilt werden. Änderun­gen ohne Zustim­mung der Mitar­bei­ten­den sind in der Regel nur in Notfäl­len zuläs­sig, die unvor­her­seh­bar und unver­meid­bar sind.

Wann ist eine kurzfris­tige Dienst­plan­än­de­rung möglich?

Kurzfris­tige Änderun­gen des Dienst­plans sind nur unter Berück­sich­ti­gung des „billi­gen Ermes­sens“ (§ 106 GewO) zuläs­sig. Arbeit­ge­ber müssen dabei die Inter­es­sen der Mitar­bei­ten­den, wie Freizeit­pla­nung oder familiäre Verpflich­tun­gen, gegen betrieb­li­che Erfor­der­nisse abwägen. Ohne Zustim­mung der Mitar­bei­ten­den sind kurzfris­tige Änderun­gen in der Regel unzuläs­sig, es sei denn, es liegt ein Notfall vor, der nicht planbar war.

Welche Rechte hat der Arbeit­neh­mer bei der Dienst­plan­ge­stal­tung?

Arbeit­neh­mer haben das Recht, dass bei der Erstel­lung des Dienst­plans ihre Inter­es­sen gemäß § 106 GewO und § 315 BGB nach „billi­gem Ermes­sen“ berück­sich­tigt werden. Betriebs­ver­ein­ba­run­gen, Tarif­ver­träge und indivi­du­elle Arbeits­ver­träge setzen zudem recht­li­che Grenzen für das Weisungs­recht des Arbeit­ge­bers. Bestehende betrieb­li­che Übungen, wie Wunsch­lis­ten, können ebenfalls Rechte für Arbeit­neh­mer begrün­den.

Quellen:

  1. vgl. BAG vom 23.9.2004 – 6 AZR 567/03
  2. ArbG Berlin 5.10.2012 – 28 Ca 10243/12
  3. Klein in Rechts­de­pe­sche 2019, 200
  4. BAG vom 25.8.2020 – 10 AZR 275/09; BAG vom 18.10.2017 – 10 AZR 330/16
  5. Mayer in RdA 2019, 223