Rechtsdepesche: Krieg herrscht in der Ukraine. Wie geht es Ihnen persönlich damit und was hören Sie von Ihren ukrainischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?
Martina Röder: Die aktuelle politische Situation stellt uns alle vor große Herausforderungen. Als Vorsitzende des Deutsch-Ukrainischen Pflegeverbandes e.V. möchte ich sagen, dass aktuell alle unsere Gedanken nicht nur bei den hier tätigen ukrainischen Pflegefachkräften in Deutschland sind, sondern grundsätzlich auch bei den Menschen in der Ukraine, bei unseren Freunden in der Ukraine und bei allen Menschen, die dieser Aggression gegenüber stehen.
Rechtsdepesche: Inwieweit sind ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hierzulande arbeiten, davon betroffen? Und was hören Sie aus der Ukraine?
Röder: Ich habe die letzten Informationen gestern erhalten (Tag des Einmarsches, d.Red.). Wir haben durch unseren Verband sehr gute Kontakte in die Ukraine. Ich habe von Freunden und Mitgliedern des DUPV aus den Medien erfahren, dass Gebiete dort besetzt worden sind und im Kriegszustand sind.
Demokratie statt Krieg
Sehr gute Verbindungen haben wir in die Westukraine, ins Gebiet Lemberg. Wir sind sehr traurig über das aggressive Verhalten von Putin und die ganze instabile Situation im Land, über diesen Krieg Wir verurteilen den Verstoß gegen internationales und humanitäres Recht scharf. Es bedarf auch keiner Rechtfertigung für den Krieg. Die Menschen in diesem Land möchten Demokratie und im Prinzip eigenständig ihr Leben führen in Freiheit. Das können wir nur unterstützen.
Rechtsdepesche: Was machen ihre ukrainischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jetzt? Gehen sie zurück in die Heimat, um zu helfen, bei ihren Familien zu sein oder vielleicht zu kämpfen? Oder holen sie ihre Verwandten hier nach Deutschland – was beobachten Sie da?
Röder: Unsere ukrainischen Krankenpfleger- und schwestern stehen natürlich in engem Kontakt mit ihren Familien. Hier haben sie anerkannte und gleichwertige Arbeitsverhältnisse in der Pflege. Und sie möchten hier weiter in Deutschland leben, haben zum Teil hier Familen gegründet oder Lebenspartner. Eltern, Geschwister und Großeltern leben weiter in der Ukraine. Natürlich ist da die Sorge groß.
Flüchtlinge werden zu uns kommen
Rechtsdepesche: Welche Auswirkungen wird dieser Krieg auf die Flüchtlingsbewegungen haben, was glauben Sie? Werden vielleicht viele ukrainische Pflegekräfte auch Deutschland den Rücken kehren, um irgendwie in der Heimat zu helfen und dabei hier die Pflegekrise zusätzlich verschärfen?
Röder: Seit gestern haben wir eine konkrete Anfrage einer Schwester aus der Ukraine, die das Land verlassen möchte. Überhaupt gilt: sollten wir Menschen haben – ob jetzt aus der Pflege oder anderen Bereichen – die nach Deutschland kommen wollen, steht diesbezüglich unser ganzes Land vor der großen Herauforderung, der Flüchtlingsproblematik. Wir müssen die Integration verändert umsetzen und anders bewerten, als es bisher mit der Ukraine der Fall gewesen ist.
In der Pflege müssen wir grundsätzlich weiter wie bisher ein Anerkennungsverfahren nach dem Gleichbehandlungs- und Gleichwertigkeitsprinzip zur deutschen Pflege realisieren und die gesetzliche Vorschrift ist im Pflegebereich natürlich auch mit dem Sprachniveau B2 zu bewerten. Deutschland hat diese Maßnahme bisher nicht gefördert. Die Sprachzertifikate wurden von ukrainischen Mitarbeiterinnen in der Heimat erworben und dann in unserem Land anerkannt.
Die Politik steht vor der Herausforderung, diese Umsetungen mit entsprechender Finanzierung in Zukunft besser finanziell zu unterstützen. Die Menschen, die zu uns kommen, sollten die Möglichkeit haben, sich sprachlich und beruflich entwickeln zu können.
Rechtsdepesche: Was fordern sie genau, was wünschen Sie sich?
Röder: Dass alles getan wird von der Politik, das Leid in der Ukraine zu lindern. Wir wünschen uns, dass die Lage der Menschen in diesem Land verbessert wird. Wir fordern ein Leben in Freiheit, Frieden und Demokratie für unsere Freunde und alle ukrainischen Bürger.
Rechtsdepesche: Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person: Martina Röder ist Präsidentin des Deutsch-Ukrainischen Pflegeverbandes e.V. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung (AO) in der jeweils gültigen Fassung. Zweck des Vereins ist die Förderung öffentlicher Gesundheitspflege und sozial orientierter Maßnahmen.