Sachverhalt
Die Klägerin, von Beruf Krankenschwester, wurde im März 2009 einer Operation im Bereich der Halswirbelsäule durch die Implantation einer Bandscheibenprothese und Versteifung (Fusion) mehrerer Wirbel in dem beklagten Krankenhaus in Wickede unterzogen. Grund für die Operation waren die seit mehreren Jahren anhaltenden Rückenschmerzen der Beklagten, insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule. Nachdem sie sich Ende 2008 in dem beklagten Krankenhaus untersuchen ließ, empfahl man ihr den operativen Eingriff, der im März 2009 erfolgte.
Unmittelbar nach der Operation erlitt die Klägerin eine zunehmende Schwäche aller vier Extremitäten, die auch durch die Revisionsoperationen nicht aufgehalten werden konnten. Folge der Operation ist eine komplette Querschnittslähmung unterhalb des dritten Halswirbels, sodass Willkürbewegungen der Arme und Beine sowie sexuelles Empfinden nicht mehr möglich sind.
Aufgrund einer Zwerchfellbeeinträchtigung ist auch eine eigenständige dauerhafte Atmung nicht mehr möglich, was eine Langzeitbeatmung zur Folge hat und zur Beeinträchtigung des Sprechvermögens geführt hat. Ferner besteht eine Blasen- und Darmentleerungsstörung sowie eine Störung der Magen-Darm-Funktion. Auch eine psychische Belastung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben. Die heute 57-jährige Frau muss für ihr restliches Leben in einem Rollstuhl sitzen und ist auf fremde Hilfe angewiesen.
Die Klägerin hat behauptet, es habe keinen akuten operativen Behandlungsbedarf gegeben, insbesondere nicht im Hinblick auf den durchgeführten maximal-invasiven Eingriff. Es sei zudem pflichtwidrig unterlassen worden, vor der Operation eine neurologische Untersuchung und ein Kernspin des Myelons durchzuführen. Da der Querschnitt direkt im Anschluss an die Operation aufgetreten ist, könne man annehmen, dass es bereits während der Operation zu einer Einblutung gekommen ist, die entweder pflichtwidrig übersehen oder bei der die Blutstillung nicht sorgfältig durchgeführt worden ist. Die Klägerin hat daher Schadensersatz begehrt, insbesondere ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 Euro.
Entscheidung
Das Landesgericht hat der Klage gestützt auf ein fachorthopädisches Gutachten stattgegeben. Die in mehreren Schritten erfolgte Behandlung der Klägerin ist aufgrund mehrerer Behandlungsfehler in der Gesamtschau grob fehlerhaft gewesen, so das Urteil des OLG Hamm.
Aus dem medizinischen Sachverständigengutachten gehe hervor, so der Senat, dass im beklagten Krankenhaus unvollständige Befunde erhoben worden sind. Die zur differenzialdiagnostischen Abklärung erforderliche MRT-Untersuchung ist fehlerhaft unterblieben und es hat zudem keine absolute Indikation für eine Operation bestanden. Die Möglichkeiten weiterer konservativer Behandlungsmethoden der Klägerin hätten abgeklärt werden müssen, dies ist jedoch nicht erfolgt. Darüber hinaus ist eine fehlerhafte Operationsmethode gewählt worden. Eine Fusion in unmittelbarer Nähe der einzubringenden Prothese ist kontraindiziert gewesen, das gilt auch für die Fusion über mehr als drei Wirbeletagen. Die unterlassene Befunderhebung ist bereits als grob fehlerhaft zu beurteilen, auch aus einer Gesamtschau mit den weiteren Fehlern in der Diagnostik und Operationsplanung ergibt sich eine grob fehlerhafte Behandlung. Durch diese ist es zu einer kompletten Querschnittslähmung der Klägerin unterhalb des dritten Halswirbels gekommen, diese Kausalität wurde durch die Beklagte nicht entkräftet.
Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Der 26.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 11.11.2016, Az.: 26 U 111/15) hat unter Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Arnsberg am 11.11.2016 entschieden, dass der Klägerin die geforderten 400.000 Euro Schmerzensgeld sowie die Erstattung materieller Schäden zustehen.