fristlose Kündigung
Eine Kranken­schwes­ter bedient sich an einem Brötchen – mit ungeahn­ten Folgen. Bild: Bennett Rampelt

Frist­lose Kündi­gung wegen eines Pausen­bröt­chens? Genau das ist einer Kranken­schwes­ter in Hamburg passiert. Seit knapp 23 Jahren arbei­tete sie in der Zentra­len Notauf­nahme eines Kranken­hau­ses und hatte auch dort ihre Ausbil­dung gemacht. Sie ist allein­er­zie­hend und für zwei Kinder unter­halts­pflich­tig.

Die Räumlich­kei­ten der Zentra­len Notauf­nahme verfü­gen über einen Pausen­raum für Mitar­bei­tende des Kranken­hau­ses und einen Dokumen­ta­ti­ons- bzw. Aufent­halts­raum, der für externe Mitar­bei­ter gedacht ist. Hier können zum Beispiel Rettungs­sa­ni­tä­ter nach einem Einsatz kurz verwei­len und ihre Dokumen­ta­tion fertig­stel­len.

Für diese exter­nen Mitar­bei­ter werden in dem Raum Softdrinks, Obst und Pausen­bröt­chen zur Verfü­gung gestellt.

Kranken­schwes­ter bedient sich an Pausen­bröt­chen, weil ihr Essen geklaut wurde

Am Tag des Vorfalls hatte die Kranken­schwes­ter Frühschicht. Gegen 9.30 Uhr wollte sie frühstü­cken, konnte aber nirgends ihr mitge­brach­tes Essen finden. Wie sie später behaup­tete wurde es gestoh­len.

Kurzer­hand entschied sie sich an den Brötchen aus dem Aufent­halts­raum für die exter­nen Mitar­bei­ter zu bedie­nen. Insge­samt acht belegte Brötchen­hälf­ten nahm sie mit in den Pausen­raum. Auch andere Kolle­gen bedien­ten sich an den Brötchen. Sie aß zumin­dest eine Hälfte.

In Folge des Vorfalls musste die Kranken­schwes­ter vor dem Betriebs­rat aussa­gen. Sie gab zu die Brötchen genom­men zu haben, da ihr eigenes Essen gestoh­len wurde. Ihr war bewusst, dass sie eigent­lich keine Erlaub­nis hatte die Brötchen zu nehmen.

Das Geständ­nis sollte für die Kranken­schwes­ter ungeahnte Folgen haben. Nur wenige Tage später erhält sie eine frist­lose Kündi­gung. Noch am selben Tag erhob sie Kündi­gungs­schutz­klage und will sich gegen ihren Arbeit­ge­ber wehren.

Kranken­schwes­ter klagt gegen Kündi­gung

Die Kranken­schwes­ter fühlte sich durch die Kündi­gung ungerecht behan­delt. Ihrer Meinung nach hätten die Brötchen in beson­de­ren Belas­tungs­si­tua­tio­nen auch Mitar­bei­ten­den des Kranken­hau­ses zugestan­den. Zwar hätte sie zunächst den Chefarzt fragen müssen – was sie nicht getan hat – dieser wäre aber mit ihrem Handeln sicher­lich einver­stan­den gewesen, glaubt sie.

Ihr Arbeit­ge­ber sieht das völlig anders. Die Kranken­schwes­ter hat entge­gen der Weisung die beleg­ten Brötchen entwen­det. Nur in ganz beson­de­ren Ausnah­me­fäl­len werde den Mitar­bei­tern ein Frühstück ausge­ge­ben – der vorlie­gene Fall war keiner davon. Außer­dem hätte die Kranken­schwes­ter auch im Bäcke­rei-Café des Hauses etwas zu essen kaufen können.

Das Gericht [1] hat der Kranken­schwes­ter schließ­lich Recht gegeben und die frist­lose Kündi­gung für unwirk­sam erklärt. Nach § 34 Absatz 2 TV-KAH ist die Frau nicht ordent­lich kündbar. Dafür hat sie schon zu lange in dem Kranken­haus gearbei­tet.

Frist­lose Kündi­gung nur mit wichti­gem Grund

Eine Beendi­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses ist also nur durch eine frist­lose Kündi­gung denkbar. Das ist in § 626 Absatz 1 BGB geregelt. Für die frist­lose Kündi­gung vom Arbeit­ge­ber müssen also wichtige Gründe angege­ben werden. Eine frist­lose Kündi­gung aus wichti­gem Grund kann in folgen­den Fällen ausge­spro­chen werden:

Frist­lose Kündi­gung Gründe [2]

  • Straf­bare Handlun­gen
  • Annahme von Schmier­geld
  • Bruch der Schwei­ge­pflicht
  • sexuelle Beläs­ti­gung
  • beharr­li­che Arbeits­ver­wei­ge­rung
  • falsche Dokumen­ta­tion
  • eigen­mäch­ti­ger Urlaubs­an­tritt
  • Andro­hung künfti­ger Erkran­kun­gen

Das bedeu­tet im umgekehr­ten Fall: Auch eine frist­lose Kündi­gung vom Arbeit­neh­mer kann nur aus entspre­chen­den wichti­gen Gründen erfol­gen. Dies ist jedoch für den hier vorge­leg­ten Fall unerheb­lich, da die Kündi­gung vom Arbeit­ge­ber ausging.

Entwen­dung eines Pausen­bröt­chens kann Kündi­gung begrün­den

Für das Gericht hat die Kranken­schwes­ter tatsäch­lich in „schwer­wie­gen­der Weise gegen ihre arbeits­ver­trag­li­chen Pflich­ten versto­ßen“. Sie hat während ihrer Arbeit rechts­wid­rig und vorsätz­lich das Vermö­gen ihres Arbeit­ge­bers angegrif­fen und dadurch das in sie gesetzte Vertrauen missach­tet – egal wie hoch der tatsäch­li­che Schaden am Ende sein mag. Darin kann auch eine gegebe­nen­falls straf­bare Handlung gesehen werden.

Das bedeu­tet, dass das Entwen­den eines Pausen­bröt­chens tatsäch­lich eine frist­lose Kündi­gung recht­fer­ti­gen kann. Mit Blick auf die langen Arbeits­jahre, die die Frau schon in dem Kranken­haus verbrachte, erscheint dem Gericht eine frist­lose Kündi­gung jedoch nicht für gerecht­fer­tigt.

Immer­hin ist es in den vergan­ge­nen 23 Dienst­jah­ren nie zu einem Zwischen­fall gekom­men, weshalb eine plötz­li­che Kündi­gung unver­hält­nis­mä­ßig erscheint. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass zunächst eine Abmah­nung hätte ausge­spro­chen werden müssen.

FAQ

Was bedeu­tet eine frist­lose Kündi­gung?

Die frist­lose Kündi­gung ist in § 626 BGB recht­lich festge­legt. Demnach kann das Arbeits­ver­hält­nis sowohl von Arbeit­neh­mer als auch von Arbeit­ge­ber aus wichti­gem Grund ohne Einhal­tung einer Kündi­gungs­frist gekün­digt werden. Das ist dann der Fall, wenn ein weite­res Zusam­men­ar­bei­ten aus diesem wichti­gen Grund ab sofort nicht mehr möglich ist.

Welche Gründe für frist­lose Kündi­gung gibt es?

Wichtige Gründe für eine frist­lose Kündi­gung können verschie­den sein. So können straf­bare Handlun­gen, Annahme von Schmier­geld, Bruch der Schwei­ge­pflicht, sexuelle Beläs­ti­gung, beharr­li­che Arbeits­ver­wei­ge­rung, falsche Dokumen­ta­tion, eigen­mäch­ti­ger Urlaubs­an­tritt oder Andro­hung künfti­ger Erkran­kun­gen eine Kündi­gung recht­fer­ti­gen.

Kann das Entwen­den von Gegen­stän­den von gerin­gem Wert eine frist­lose Kündi­gung recht­fer­ti­gen?

Auch das Entwen­den von Gegen­stän­den von gerin­gem Wert kann eine frist­lose Kündi­gung recht­fer­tie­gen. Es geht dabei nicht um die Schadens­summe, sondern darum, dass der Arbeit­neh­mer seine arbeits­ver­trag­li­chen Pflich­ten verletzt und das in ihn gelegte Vertrauen missbraucht hat. Sobald eine ggf. straf­bare Handlung gegen das Vermö­gen des Arbeit­ge­bers vorsätz­lich unter­nom­men wird, kann eine Kündi­gung drohen. Auch wenn kein Schaden entsteht, kann eine Kündi­gung vom Arbeit­ge­ber drohen.

Quellen:

  1. ArbG Hamburg vom 1. Juli 2015 – 27 Ca 87/15
  2. Großkopf & Schanz (2021): Arbeits­recht­li­cher Leitfa­den für das Gesund­heits­we­sen