Eine der zentralen Maßnahmen, um Krankenhausinfektionen zu reduzieren, ist die Händedesinfektion des Klinikpersonals. Rund ein Drittel der nosokomialen Infektionen in deutschen Krankenhäusern wären vermeidbar, wenn die Richtlinien der Händedesinfektion richtig eingehalten würden. Obwohl bekannt ist, dass die Mehrzahl der nosokomialen Infektionen durch die Hände der Mitarbeiter übertragen wird, ist die Compliance in Bezug auf hygienische Händedesinfektion gering.
Mehr Hygienebewusstsein zu schaffen, haben sich daher Dr. Ingo Klempien, Leitender Arzt für Klinische Hygiene und Infektiologie am Helios Hanseklinikum Stralsund, und Kathrin Meyer-Bothling, Leitende Hygiene-Schwester am Helios Hanseklinikum Stralsund, zum Ziel gesetzt. Gelungen ist ihnen dies mit einer Hygieneinnovation, die bei ihnen am Klinikum zum Einsatz kommt: Das System HELICOPH (HELios Interne Compliance OPtimierung Händehygiene) erfasst, wann und wie oft die Hände desinfiziert werden. Dies geschieht mittels eines Senders an den Desinfektionsmittelspendern und einem Empfänger in den mit einem Display versehenen Namensschildern der Mitarbeiter. Desinfiziert sich ein Mitarbeiter die Hände, wird automatisch ein Funksignal übertragen. So kann jede Händedesinfektion in Echtzeit gemessen und ausgewertet werden.
„Das System hebt die Händehygiene auf ein ganz neues Level“, macht der Ärztliche Direktor und Chirurgie-Chefarzt Prof. Matthias Birth deutlich. „Wir können erstmals genau quantifizieren, wie viel Desinfektionsmittel verbraucht wird und die Zahlen direkt mit dem Antibiotikaverbrauch und der Infektionsrate vergleichen.“
Eine Kombination aus Technik und Psychologie
Das System quantifiziert nicht nur die Anzahl der getätigten Händedesinfektionen, sondern soll zugleich einen motivierenden Effekt auf die Mitarbeiter haben. Auf dem Display des Namensschildes wird jede Desinfektion in Echtzeit mitgezählt und zusätzlich baut sich innerhalb von 30 Sekunden nach jeder Desinfektion (empfohlene Dauer der Händedesinfektion) ein animierter Smiley auf dem Namensschild auf. Der Mitarbeiter bekommt sofort positives Feedback und kann am Ende des Arbeitstages sehen, wie oft er sich die Hände desinfiziert hat. Die Daten lassen sich berufsgruppenspezifisch auswerten.
Bislang wurde die Händedesinfektionsrate über den Desinfektionsmittelverbrauch gemessen, was nur eine Einschätzung der Daten, aber keine konkrete Auswertung ermöglichte.
Auch am Helios Klinikum Krefeld kommt ein solches Hygienesystem zum Einsatz. Hier leuchtet das am Kittel befestigte Gerät bei erfolgreich durchgeführter Händedesinfektion grün auf, im Display erscheint lobend das Wort „gut“ sowie die Anzahl der am Tag vorgenommenen Desinfektionen. Um eine Teamdynamik zu erzeugen, werden anonyme Stationsstatistiken auf einem Wanddisplay angezeigt. Eine eigene, individuelle Auswertung erhält nur der jeweilige Mitarbeiter.
Über die Durchführung und Ergebnisse wurden in dem Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts (Epi Bull/2020) berichtet. So konnte etwa ein Händedesinfektionsmittelverbrauch pro Patiententag um durchschnittlich 37 Prozent gesteigert werden.
Quelle: Epi Bull/2020, Helios