Sachverhalt
Bei dem Kläger handelt es sich um einen im Jahr 2004 in Essen geborenen Kläger, der an multiplen Nierengewebsdefekten sowie an einem erweiterten Nierenbeckenkelchsystem litt. Seine Niere hatte nur noch eine Funktionsfähigkeit von 22 %. In einem Klinikum in Essen ließen ihn die Eltern nach Voruntersuchungen, Aufklärungsgespräch und Bedenkzeit im Jahr 2013 operieren.
Geplant war, eine neue Verbindung zwischen Nierenbecken und Harnleiter herzustellen, sodass die Abflussverhältnisse der linken Niere auf diese Weise verbessert werden. Während der Operation zeigte sich jedoch, dass dies aufgrund von unvorhersehbaren anatomischen Gegebenheiten nicht möglich war. Die Operation wurde unterbrochen, um mit den Eltern die weitere Vorgehensweise zu besprechen. In diesem Gespräch wurde die neue Situation geschildert und die sofortige Entfernung der Niere empfohlen. Nach Zustimmung der Eltern wurde genau dies so umgesetzt.
Dennoch hat der Kläger nach der Operation einen Aufklärungsmangel beanstandet und einen Schadensersatz in Höhe von 25.000 Euro verlangt.
Entscheidung
Da sich während der Operation eine neue Situation ergeben hat, musste die Operation unterbrochen werden, um mit den Eltern ein Aufklärungsgespräch über die weitere Vorgehensweise zu führen. Dies ist so auch geschehen, allerdings nicht ordnungsgemäß. Die Ärztin habe die Nierenentfernung als alternativlos dargestellt.
Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat einen medizinischen Sachverständigen hinzugezogen, demzufolge es nicht zwingend erforderlich gewesen wäre, die Niere sofort zu entfernen. Vorerst hätte die Operation beendet werden können, um einen eventuelle weitere Operation in Ruhe mit den Eltern besprechen zu können. Zudem sei grundsätzlich auch eine nierenerhaltende Operation möglich gewesen, um die Restfunktion der Niere zu wahren – wenngleich dies die risikoreichere Variante gewesen wäre.
Diese Alternative hätte den Eltern mitgeteilt werden müssen. Hinzu kommt, dass sie sich bereits in vergangenen Gesprächen generell gegen eine Nierenentfernung ausgesprochen hatten, sodass nicht von einer hypothetischen Entscheidung für diesen operativen Schritt ausgegangen werden kann. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sie sich bei Kenntniss beider Alternativen sogar in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätten.
Der 3. Zivilsenat der Oberlandesgerichts Hamm hat daher in zweiter Instanz in einem rechtskräftigen Urteil (Az.: 3 U 122/15) vom 07.12.2016 entschieden, dass dem Kläger aufgrund eines Aufklärungsmangels ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.500 Euro zusteht. Somit wurde das erste Urteil des Landgerichts Essen abgeändert.
Quelle: OLG Hamm