Seit August ermittelt die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft Hannover im Fall des sexuellen Missbrauchs eines Fünfjährigen aus Berenbostel (Garbsen). Der Junge war an einem Montag mit dem Kinderfahrrad in Berenbostel unterwegs, als er hier gegen 13:00 Uhr verschwand. Später wurde der Junge in Vahrenheide aus einem Geländewagen abgesetzt und dort allein zurück gelassen.
Die daraufhin bei der Kriminalpolizei eingerichtete Ermittlungsgruppe „Puky“ ist in der Folgezeit rund 300 Spuren und zahlreichen Zeugenhinweise aus der Bevölkerung nachgegangen. Durch Abgleich mit weiteren Fällen, die Ähnlichkeiten im Tathergang mit dem Fall in Berenbostel aufwiesen, und nicht zuletzt durch Auswertung von Mobilfunkzellen, hatte sich am Ende der dringende Tatverdacht gegenüber den 39-jährigen Augsburger erhärtet.
Soweit bislang bekannt, werden dem Beschuldigten mehrere Vorfälle zur Last gelegt, die sich unter anderem im Juni 2012 in München, im Juli und August 2014 in Augsburg und im August 2014 im Bereich Hannover zugetragen haben. In allen Fällen näherte sich der mutmaßliche Täter Jungen im Alter von 4 bis 7 Jahren und überredete diese, sich zu entkleiden. Anschließend nahm er sexuelle Handlungen sowohl an den Kindern, als auch an sich selbst vor.
39-Jähriger ist Arzt auf der Kinderintensivstation
Besonders erschütternd: Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen Arzt, der seit dem 1. September 2013 als Assistenzarzt auf der Intensivstation der Kinderklinik an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) beschäftigt ist. Zuvor war er auf der Intensivstation des Klinikums Augsburg tätig.
„Wir sind betroffen und fassungslos“, sagt Dr. Andreas Tecklenburg, Vizepräsident der MHH. „Nach unserem Wissensstand steht aber keine der dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Arzt.“ Und Prof. Dr. Philipp Beerbaum, Direktor der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin, betont: „Wir haben keinerlei Hinweise oder Beschwerden – weder von Eltern, Kindern noch aus dem Team –, dass es während seiner Tätigkeit zu Auffälligkeiten gekommen ist.“
Vor seiner Anstellung an der MHH war der beschuldigte Arzt als Mitglied eines Teams auf der Intensivstation des Klinikums Augsburg tätig gewesen. Dort habe er jedoch keine Möglichkeit gehabt, über einen längeren Zeitraum mit Patienten allein zu sein: „Dies lässt der Charakter einer Intensivstation gar nicht zu,“ so das Klinikum in einer Stellungnahme.
Tatverdächtiger sitzt in Untersuchungshaft
Mit richterlichen Beschlüssen durchsuchten Polizeibeamte am Dienstagabend und Mittwochvormittag die Wohnungen des Beschuldigten in Augsburg und Hannover sowie dessen Arbeitsstätte. Den 39-Jährigen konnte ohne Widerstand zu leisten in dessen Augsburger Wohnung festgenommen werden. Er wurde inzwischen dem Haftrichter vorgeführt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Am Arbeitsplatz des Beschuldigten haben die Kriminalbeamten einen gemeinsam von den Assistenzärzten genutzten Arbeitsplatz und einen Spind durchsucht. Sie beschlagnahmten die Personalakte des Verdächtigten und Arbeitszeitnachweise.
Die Untersuchungen dauern derzeit noch an: Derzeit wird intensiv geprüft, ob der Tatverdächtige für weitere Fälle in Frage kommt. Wie das Polizeipräsidium Schwaben-Nord bekannt gab, hat eine DNA-Spurenuntersuchung bereits einen Treffer ergeben.