Roboter oder ähnliche Geräte sieht man bei der Altenpflege-Messe in Essen nur noch selten.
Die Hoffnungen der Branche liegen vielmehr auf kleinen, cleveren Hilfsmitteln: Apps und Künstliche Intelligenz (KI) sollen den Arbeits-Alltag für Pflegekräfte attraktiver machen.
Rund 500 Aussteller sind bei der Leitmesse der Branche vertreten. Die Herausforderung für alle ist, wie immer mehr alte Menschen trotz des Personalnotstands und knapper Kassen eine gute Pflege bekommen können.
Längst warnen Kenner der Branche davor, dass schon bald nicht mehr alle Pflegebedürftigen die Hilfe bekommen könnten, die sie brauchen.
Lauterbach eröffnet Messe
Wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Messekongress eröffnet, will die Pflegebranche ihm deshalb vor allem die Forderung nach besseren finanziellen Rahmenbedingungen für die Pflege mit auf den Weg geben.
Aber mehr Geld allein wird nicht reichen. Es mangelt vor allem an Personal: Zwischen 280.000 und 690.000 Pflegekräfte werden in Deutschland in 25 Jahren fehlen – das hat das Statistische Bundesamt schon im Januar vorgerechnet.
Neu und spannende Entwicklungen der vergangenen Jahre wie Pflegeroboter werden da kaum helfen können. „Die ganz großen Versprechungen, die es beim Thema Robotik in der Pflege gab, haben sich bislang nicht erfüllt“, sagt der Experte für stationäre Pflege beim Messeveranstalter, Steve Schrader.
An der Stelle rücken einfache Lösungen in den Fokus. Bei der Sonderschau Aveneo, bei der es im Rahmen der Messe um innovative Ideen geht, zeigen viele Aussteller in diesem Jahr kleine Tools, die auf dem Handy oder dem Bildschirm für spürbare Entlastung in der Branche sorgen sollen.
KI bringt menschliche Bedürfnisse zusammen
Dabei geht es etwa darum, Dienstpläne zu erstellen, die möglichst alle Wünsche der Pflegekräfte und der Pflegebedürftigen berücksichtigen.
Wo ein menschlicher Planer an seine Grenzen stößt, soll Künstliche Intelligenz für mehr Zufriedenheit bei allen Beteiligten sorgen – so der einfache Gedanke dahinter.
Eine andere Firma bietet ein Gerät an, das Pflegekräften Papierkram abnimmt. Zum Beispiel mit einer automatisierten Dokumentation von Wunden.
Auch die Gesundheit der Fachkräfte ist im Zentrum der Verantaltung. Viele geben den Job derzeit wegen Rückenerkrankungen auf. Ein Exoskelett ist ein Angebot, das ihnen bei körperlich schweren Handgriffen mit Pflegebedürftigen helfen soll.
KI-Alarm als Ansatz für die Zukunft
Entlastung für die Pflegebranche würde auch bringen, wenn Menschen im Alter gar nicht erst so viel Hilfe bräuchten und länger in den eigenen vier Wänden bleiben können.
Ein Anbieter präsentiert dazu etwa einen Bilderrahmen, der mit einer Kamera den Pflegebedürftigen beobachtet und KI-gestützt Alarm schlägt, wenn er sich untypisch verhält oder Anzeichen von schlechter Laune zeigt. Eine andere Firma zeigt eine Weste mit eingebautem Airbag: Wenn ein älterer Mensch stürzt, bläst sie sich auf und schützt Kopf und Oberkörper.
- Mehr Geld
- bessere Arbeitsbedingungen
- eine flexible Einbindung von Angehörigen und Ehrenamtlichen in die Pflege.
Die genannten Punkte seien Erfolg versprechende Ansätze für die Pflege der Zukunft, betont Steve Schrader. Dabei gehe es ganz grundsätzlich um die Frage, welche Pflege die heute 50- und 60-Jährigen im Alter noch bekommen können.
„Es besteht leider die Gefahr, dass es zu einer Zwei-Klassen-Pflege kommt“, warnt Experte Schrader. Um das zu verhindern, müssen die Weichen in Politik und in der Branche jetzt gestellt werden.
Quelle: Vincentz Network