Better care for more people – unter diesem Titel wurde die Studie Future Health Index 2024 in 14 Ländern durchgeführt. Befragt wurden 2.800 Führungskräfte aus dem Gesundheitswesen. Im Kern ging es um die Frage: Wie schätzen die Führungskräfte die Fähigkeit ihrer Organisation ein, eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten?
Der Future Health Index von Philips
Die Philips Studie erscheint 2024 zum neunten Mal und ist nach eigenen Angaben die größte globale Befragung ihrer Art. Die aktuelle Ausgabe beruht auf quantitativen Untersuchungen im Gesundheitswesen der folgenden Länder: USA, Brasilien, Großbritannien, Niederlande, Italien, Polen, Südafrika, Saudi-Arabien, Indien, Indonesien, Singapur, China, Australien und Japan.
In den 4 Ländern Singapur, Südafrika, Großbritannien und den USA wurde die Befragung um qualitative Interviews ergänzt. Gemäß Unternehmenswebsite hat sich Philips in den letzten 10 Jahren zu einem führenden Unternehmen der Gesundheitstechnologie entwickelt. Die Produktpalette für medizinische Einrichtungen umfasst zum Beispiel Patientenüberwachung, IT-Lösungen, Radiologie und Telemedizin.
In der Studie konnten drei Bereiche im Gesundheitswesen ausgemacht werden, in denen es aktuell Nachholbedarf gibt: Personal, Datenintegration und Nachhaltigkeit. Der Index zeigt Maßnahmen, die Führungskräfte befürworten, um diese Probleme anzugehen. Deutschland wurde zwar nicht betrachtet, die untersuchten Herausforderungen im Gesundheitswesen gelten es aber auch hier zu bewältigen:
1. Personallücken
Nach Angaben der Führungskräfte kann Personalmangel einen Teufelskreis aus Überlastung, Stress und Burnout erzeugen, was die verbleibenden Mitarbeiter letztlich zur Kündigung bewegen kann:
- 66 Prozent der Führungskräfte sehen eine Verschlechterung des Wohlbefindens und der psychischen Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- 55 Prozent sehen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens von Mitarbeitern
Alarmierend sind die Folgen des Personalmangels auch aus Patientensicht: 77 Prozent der Führungskräfte berichten von Verzögerungen im Arbeitsablauf, die sich in längeren Wartelisten und ‑zeiten für Behandlungen äußern. Daraus resultiert auch eine verspätete Vorsorge, Diagnose und Prävention. Das alles kann die Gesundheit und Lebensqualität von Patienten erheblich beeinträchtigen.
Wie kann man dem Personalmangel im Gesundheitswesen begegnen?
Die in der Studie betrachteten Lösungsansätze setzen auf folgende Technologien: Automatisierung, virtuelle Pflege und Fernüberwachung von Patienten. Entsprechende Systeme werden von den befragten Führungskräften teilweise bereits genutzt. Insgesamt besteht weitestgehend Einigkeit über das Entlastungspotenzial für das vorhandene Personal.
92 Prozent sehen in der Automatisierung von wiederkehrenden und administrativen Aufgaben einen entscheidenden Faktor im Kampf gegen den Personalmangel. Bereits etabliert hat sich die Automatisierung zum Beispiel bei der Termin- oder Dienstplanung, Abrechnung, Medikamentenverwaltung, Dokumentation oder bei der Priorisierung von Arbeitsabläufen, zum Beispiel in der Notaufnahme.
65 Prozent der Führungskräfte sagen aber auch, dass Fachkräfte der Automatisierung skeptisch gegenüberstehen, zum Beispiel aus Gründen der Qualitätssicherung oder aus Sorge in Fachbereichen ersetzt zu werden.
Telemedizin für Patienten und Fachkräfte vorteilhaft
Wartezeiten verkürzen und die Reichweite von Patienten erhöhen – die Vorteile der ortsunabhängigen Telemedizin sprechen für sich. 89 Prozent der Führungskräfte attestieren der Telemedizin positive Auswirkungen auf den Personalmangel. Virtuelle Pflege oder Fernüberwachung können die Patientenversorgung in den eigenen vier Wänden vereinfachen. Zudem ist eine bessere Koordination von Fachärzten möglich. So wird das Personal vor Ort entlastet und hat mehr Zeit für die Versorgung der akuten, schweren Fälle.
Gerade unterversorgte Gegenden, in denen weite Strecken bis zum Facharzt zurückgelegt werden müssen, profitieren von telemedizinischen Konsultationen. Dadurch sind Untersuchungen und Behandlungen rechtzeitig möglich. Gleiches gilt für die Fernüberwachung von Patienten, wie sie zum Beispiel schon beim Management chronischer Krankheiten, bei der Medikation oder zur post-operativen Überwachung genutzt wird. Für Fachkräfte kann die virtuelle Patientenversorgung lukrativ sein, weil sie flexiblere Arbeitszeiten und ‑umgebungen ermöglicht.
Abseits technologischer Maßnahmen, gibt es weitere Möglichkeiten dem Personalmangel zu begegnen: 37 Prozent der Studienteilnehmer glauben, dass (Weiter-)Bildungsangebote und die Zusammenarbeit mit Hochschulen oder Universitäten der Abwanderung von Fachkräften entgegenwirken können.
2. Datenlücken
Im Gegensatz zum Personal mangelt es im Gesundheitswesen an einem nicht: Daten. Und es werden immer mehr. Das wird zum Problem, denn die Patientendaten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen, kostet wertvolle Zeit. Letztlich geht das zulasten der Patientenversorgung:
- 94 Prozent der befragten Führungskräfte bestätigen negative Auswirkungen auf die zeitnahe, hochwertige Patientenversorgung infolge mangelnder Datenintegration
Weitere Folgen der menschlich nicht so schnell zu bewältigenden Datenberge: höhere Betriebskosten, begrenzter Zugang zu abteilungsübergreifenden Daten, unnötige Untersuchungen und ein höheres Risiko für Fehler.
Sichere und verantwortungsvolle KI
Eine sinnvolle, erkenntnisstiftende Nutzung der Daten durch Datenintegration und die Implementierung von KI kann eine Lösung sein:
- 29 Prozent der Führungskräfte geben an, aktuell in KI zu investieren
- 56 Prozent planen entsprechende Investitionen in den nächsten 3 Jahren
KI kommt aktuell zum Beispiel schon bei der Optimierung von Behandlungsplänen, zur Reduzierung von Wartezeiten, bei der internen Patientenüberwachung oder in der Radiologie zum Einsatz und soll mittelfristig auch in der Fernüberwachung zum Tragen kommen.
In der Studie äußerten 87 Prozent der Teilnehmer aber auch Bedenken hinsichtlich möglicher Datenverzerrungen. Um dem vorzubeugen, werden transparentere und besser interpretierbare KI benötigt. Außerdem sollen Aus- und Weiterbildungen des Personals sowie ethische Richtlinien zur KI- und Datennutzung helfen. Wichtig ist auch die Vermeidung von Diskriminierung durch eine vielfältige und repräsentative KI-Datenbasis.
3. Nachhaltigkeitslücken
Nachhaltigkeit muss man sich leisten können, auch im Gesundheitswesen. Mit 96 Prozent haben fast alle befragten Institutionen finanzielle Herausforderungen zu stemmen. Bei 81 Prozent hat dies direkte Auswirkungen auf die Patientenversorgung, z.B. durch längere Wartezeiten, begrenzt verfügbare Behandlungen oder Überweisung an andere Gesundheitseinrichtungen. Bei 59 Prozent ist die Investition in neue Geräte und innovative Technologien nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Nachhaltige Strategien und Investitionen in innovative Technologien sind unter diesen Voraussetzungen nicht leicht umzusetzen. Ganz gleich, ob es die betriebliche Effizienz und Kostensenkung, Erhöhung des Patientenaufkommens, Ausweitung des Angebots oder mehr präventive Versorgung zur langfristigen Senkung der Gesundheitskosten betrifft.
Doch nicht nur auf der betrieblichen Ebene sind im Gesundheitswesen nachhaltige Strategien zukunftsweisend. Auch mit Blick auf die Umwelt, gibt es Verbesserungspotenzial: 86 Prozent finden, dass die Reduktion von CO2-Emissionen auch im Gesundheitswesen höchste Priorität haben sollte.
Konkrete Maßnahmen, die bereits umgesetzt werden, sehen so aus:
- Müll-Recycling
- Reduzierung oder Abschaffung gefährlicher Stoffe
- Senkung des Energieverbrauchs
- Einsatz wiederverwertbarer medizinischer Ausstattung und Materialien
Mittelfristig sollen sich die Maßnahmen auch in einem weiteren Rahmen erstrecken. So zum Beispiel bei der Beschaffung von Material, der Lieferantenauswahl oder bei Gebäuden und Infrastruktur.
Finanzielle Einschränkungen vergrößern den Spagat zwischen Kürzungen und Investitionen, sowohl in technologischer als auch nachhaltiger Hinsicht. Um den Abstand zu verringern, ist nicht nur die einzelne Institution gefragt, sondern ein gutes Zusammenspiel von Gesundheitswesen, Politik, Technologieunternehmen und anderen beteiligten Gruppen erforderlich.
FAQ
Was untersucht der Future Health Index 2024?
Die Studie basiert auf der Befragung von 2.800 Führungskräften aus dem Gesundheitswesen in 14 Ländern. Sie geht der Frage nach, wie Führungskräfte die Fähigkeit ihrer Organisation einschätzen, eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Versorgung für alle zu gewährleisten.
Welche Herausforderungen und Lösungen für das Gesundheitswesen werden betrachtet?
Der Index konzentriert sich auf drei Lücken: Personalmangel, Datenintegration und Nachhaltigkeit. Die Lösungsansätze liegen in der Implementierung von KI und Automatisierung und nachhaltigen finanziellen und ökologischen Strategien.
Welche Hürden müssen überwunden werden?
Finanzielle Hürden, da sie Investitionen bremsen und sich so auch auf die Nachhaltigkeit von Institutionen auswirken. Die breite Akzeptanz von technologischen Innovationen rund um KI und Automatisierung zu erreichen, denen viele Fachkräfte auch skeptisch gegenüberstehen.