Ein Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) zur Corona-Testpflicht für das Personal in Pflegeheimen könnte auch bundesweit für Aufsehen sorgen. Demnach sind die Beschäftigten von Pflege- und Seniorenheimen im Freistaat nicht mehr verpflichtet, sich auf eine Infektion mit SARS-CoV‑2 testen zu lassen.
Das oberste Verwaltungsinstanz auf Landesebene mit Sitz in München gab damit dem Eilantrag einer Altenpflegerin aus dem Kreis Würzburg statt. Dagegen besteht weiterhin die Testpflicht für Besucher und Besucherinnen der Einrichtungen. Hierzu wies der BayVGH einen entsprechenden weiteren Eilantrag ab.
Gericht: Keine hinreichende Übertragungsgefahr durch Personal mehr gegeben
Bisher mussten sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von bayerischen Pflegeeinrichtungen mindestens dreimal wöchentlich auf Corona testen lassen. Hiergegen hatte die bereits zweimal geimpfte Mitarbeiterin geklagt. Alle Bewohnerinnen und Bewohner hätten mittlerweile ebenfalls den vollem Impfschutz erhalten. Zusätzlich gebe es im Heim ein umfangreiches Hygienekonzept, führte sie aus. All dies mache die regelmäßigen Tests der Beschäftigten nicht mehr notwendig. Sie seien ein Eingriff in ihre Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Gleichbehandlung vor dem Gesetz (Artikel 2 GG und Artikel 3 GG).
Die Senioreneinrichtung hatte beide Eilanträge unterstützt. Durch die Impfungen von Personal und Bewohnern bestände keine hinreichende Übertragungsgefahr mehr, argumentierte sie. Die Testerei greife ins Wohlbefinden der Beschäftigten ein, auch komme es beim Prozedere häufig zu Verletzungen.
Der 20. Senat des Gerichts schloss sich der Ansicht an. Eine behördliche Beobachtung setze nach dem Infektionsschutzgesetz den Verdacht voraus, dass sich die betroffene Person angesteckt habe. Bei den Beschäftigten bestehe der Verdacht nicht mehr ohne Weiteres, zumal sie bereits geimpft worden seien. Starke Indizien deuteten zumindest darauf hin, dass die Gefahr einer Übertragung von Corona bei geimpften Personen deutlich sinke, wenn nicht sogar ausscheide. Die Testpflicht für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sei deshalb nicht mehr zu halten.
Testpflicht auf Corona ist Besuchern zumutbar
Anders sah es das Gericht bei der Testpflicht für Besucher und Besucherinnen von Pflege- und Senioreneinrichtungen. Hier hatte ein Sohn einer in der Einrichtung lebenden Seniorin geklagt. Seine Mutter sei bereits zweifach gegen Corona geimpft. Der Zeitaufwand für den Test sei schwer mit den eingeschränkten Besuchszeiten in der Einrichtung zu koordinieren. In einem vollständig geimpften Umfeld erweise sich die bestehende Testpflicht für Besucher und Besucherinnen als unangemessen. Außerdem sei unzulässig, die Tests auch von bereits selbst geimpften Gästen zu verlangen.
Hier sah es das Gericht – wenn auch mit einigen Zweifeln – anders als bei der Testpflicht für die Beschäftigten. In vielen Einrichtungen seien weder alle Bewohner und Bewohnerinnen, noch das gesamte Personal geimpft. Erst recht gelte das für die Besucher und Besucherinnen.
Zudem gäbe es noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Wirksamkeit einer Impfung. Außerdem sei offen, wie stark die Impfung gegen Virus-Mutationen wirke. Die Testpflicht beuge einer kompletten Isolation der Bewohner und Bewohnerinnen vor und ermögliche wichtige Sozialkontakte.
Insgesamt kam das Gericht zu dem Schluss, „dass die Interessen der Gesamtbevölkerung am Schutz von Leib und Leben die Interessen des Antragstellers in der gegenwärtigen Pandemiesituation (noch) überwiegen“, hieß es. Solange nicht eindeutig erkennbar sei, dass durch das Impfprogramm das Infektionsgeschehen unter Kontrolle sei, sei die Testpflicht im Übrigen auch bei regional niedrigen Infektionszahlen gerechtfertigt. Beide Entscheidungen sind unanfechtbar.