Das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen hat entschieden, dass angestellten Helfern im sozialen Dienst eines Altenheims das Tragen von langen, künstlichen, lackierten Finger- oder Gelnägeln im Dienst untersagt werden kann (Az.: 1 Ca 1909/18).
Die Klägerin ist als Helferin im sozialen Dienst eines von der Arbeitgeberin betriebenen Altenheims beschäftigt. Mit der Anweisung ihrer Arbeitgeberin, die ihr das Tragen ihrer Gelnägel im Dienst untersagte, war die Klägerin nicht einverstanden. Sie machte geltend, dass die Anweisung sich auch auf ihr persönliches Erscheinungsbild in der Freizeit auswirke und sie deshalb in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Die Arbeitgeberin verwies darauf, dass das Verbot der Gelnägel aus Gründen der Hygiene zum Schutz der Bewohner zwingend erforderlich sei.
Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Aachen keinen Erfolg
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts muss das Interesse der Klägerin an der freien Gestaltung ihres äußeren Erscheinungsbildes hinter dem Interesse der Arbeitgeberin, die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden der ihr anvertrauten Bewohner bestmöglich zu schützen, zurücktreten.
Zurecht habe sich die Arbeitgeberin auch auf die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts gestützt, nach denen aus Hygienegesichtspunkten in Kliniken, Praxen, Pflegeeinrichtungen und anderen medizinischen Arbeitsbereichen ausschließlich natürliche und kurz geschnittene Fingernägel getragen werden sollten.
Denn unter anderem behindere Nagellack die Sichtbeurteilung der Nägel, auf künstlichen Nägeln sei die Bakteriendichte höher, sie beeinträchtigten den Erfolg der Händehygiene und erhöhten die Perforationsgefahr für Einmalhandschuhe.
Gelnägel-Verbot ist im Rahmen des Direktionsrechts
Die Anweisung, keine Gelnägel tragen zu dürfen, fällt in das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gemäß § 106 Satz 2 GewO. Demnach kann der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. In dem Weisungsrecht ist nicht nur die Konkretisierung der Hauptleistungspflicht inbegriffen, sondern auch die Bestimmung sonstiger Tätigkeiten oder Maßnahmen, die mit der eigentlichen Arbeitstätigkeit zusammenhängen. Dazu zählt beispielsweise auch die Vorschreibung zum Tragen der Dienstkleidung.
Ob die Dienstanweisung im Rahmen billigen Ermessens liegt, war von dem Gericht gemäß § 315 Absatz 3 BGB zu prüfen. Wie das Gericht entschied, wurde dieser Spielraum eingehalten.
Hygienische Risiken von lackierten und künstlichen Nägeln
Lackierte und künstliche Nägel können ein hygienisches Risiko darstellen, da unter ihnen Bakterien und andere Krankheitserreger gedeihen können. Hygieneexperten und Infektiologen weisen darauf hin, dass diese Nägel die Wirksamkeit der Handhygiene beeinträchtigen und das Risiko von Kreuzkontaminationen in Pflegeeinrichtungen erhöhen.
Geschichte und Entwicklung des Verbots in der Pflege
Die Beschränkungen im Hinblick auf lackierte und künstliche Nägel im Gesundheitswesen haben sich im Laufe der Zeit entwickelt. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, wie sich die Hygienestandards gewandelt haben. International gibt es unterschiedliche Ansätze, mit einigen Ländern, die striktere Regeln als andere haben.
Auswirkungen des Verbots auf die Pflegekräfte
Viele Pflegekräfte haben gemischte Gefühle bezüglich des Verbots. Während einige die hygienischen Bedenken verstehen, fühlen sich andere in ihrer persönlichen Ausdrucksfreiheit eingeschränkt. Alternativen wie unauffälliger Nagellack oder gepflegte Natur-Nägel werden als Kompromisslösungen diskutiert.
Quelle: ArbG Aachen
Fazit
Das Arbeitsgericht Aachen bestätigte, dass Pflegekräften das Tragen von langen, künstlichen oder lackierten Fingernägeln untersagt werden kann, um Hygienestandards in Pflegeeinrichtungen zu wahren. Dieses Verbot basiert auf Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und ist im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Die Entscheidung betont die Priorität der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bewohner, die über dem persönlichen Ausdruck der Pflegekräfte steht.
FAQ
Warum dürfen Pflegekräfte keine künstlichen oder lackierten Nägel tragen?
Aus Hygienegründen, da künstliche Nägel eine höhere Bakteriendichte aufweisen und den Erfolg der Händehygiene beeinträchtigen können.
Hat ein Gericht entschieden, dass solche Nägel im Pflegebereich verboten sind?
Ja, das Arbeitsgericht Aachen hat entschieden, dass das Tragen von langen, künstlichen oder lackierten Nägeln im Pflegebereich untersagt werden kann.
Gibt es eine rechtliche Grundlage für das Verbot von Gelnägeln im Pflegebereich?
Ja, das Verbot fällt unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO und wurde vom Gericht als angemessen betrachtet.
Welche Rolle spielt das persönliche Erscheinungsbild der Pflegekraft in dieser Entscheidung?
Obwohl das persönliche Erscheinungsbild der Pflegekräfte wichtig ist, muss es hinter den Interessen der Gesundheit und des Wohlergehens der Bewohner zurückstehen.
Sind kurze und natürliche Nägel in Pflegeeinrichtungen die Norm?
Ja, gemäß den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sollten in medizinischen Arbeitsbereichen ausschließlich natürliche und kurz geschnittene Fingernägel getragen werden.