Bis zur anstehenden Neuwahl werden voraussichtlich keine wesentlichen Gesetzesvorhaben mehr umgesetzt. Dies hat gravierende Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens. Mithin ist auch das das Gesundheitswesen und insbesondere die Wundversorgung hiervon betroffen.
Auswirkungen durch das Nicht-Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes
Besonders einschneidend für die Wundversorgung ist das Nicht-Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG). In diesem Gesetz war eine dringend benötigte Fristverlängerung für die Vorlage des Wirksamkeitsnachweises von immunologisch, pharmakologisch und metabolisch wirkenden Verbandmitteln um weitere 18 Monate vorgesehen. Durch das Scheitern des Gesetzes entfällt diese Verlängerung.
Mithin endet wohl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit am 2. Dezember 2024 die Erstattungsfähigkeit für die nicht physikalisch wirkenden Verbandmittel. Dies kann zu erheblichen Versorgungslücken für Patientinnen und Patienten führen, da in der Praxis bewährte und durch Anwendungsbeobachtungen bestätigte Behandlungsmethoden plötzlich nicht mehr zur Verfügung stehen.
Das Fehlende Studiendesigns des G‑BA und die Notwendigkeit einer Fristverlängerung
Die Situation wird zusätzlich dadurch verschärft, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) bislang noch kein Studiendesign für den evidenzbasierten Wirksamkeitsnachweis der betroffenen Verbandmittel vorgelegt hat. Die Veröffentlichung dieses Studiendesigns ist erst für das Frühjahr 2025 geplant, und die Endpunkte der erforderlichen Studien sind noch nicht festgelegt.
Ohne klare Vorgaben ist es den Unternehmen nahezu unmöglich, qualitativ hochwertige Studien zu erstellen, die den Anforderungen des G‑BA entsprechen. Eine Fristverlängerung ist daher zwingend erforderlich, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, die geforderten evidenzbasierten Nachweise zu erbringen.
Konsequenzen für die Behandlung infizierter Wunden
Die fehlende Verfügbarkeit der bisher genutzten Verbandmittel wirft dringende Fragen auf, wie infizierte Wunden ab dem 2. Dezember 2024 adäquat behandelt und versorgt werden sollen. Gibt es physikalisch wirkende Verbandmittel, die eine vergleichbare Wirksamkeit aufweisen? Oder muss verstärkt auf systemische Antibiotikatherapien zurückgegriffen werden, was wiederum das Risiko von Resistenzentwicklungen erhöhen würde?
Die Unsicherheit in der Behandlung könnten zu längeren Heilungsprozessen und einer Verschlechterung der Patientenversorgung führen. Dies gilt es zwingend zu vermeiden.
Fazit
Die aktuelle Situation stellt die Wundversorgung in Deutschland vor große Herausforderungen. Viele Fragen bleiben unbeantwortet und erfordern dringend Lösungen. Es darf nicht sein, dass politische Unstimmigkeiten und Verzögerungen die Gesundheitsversorgung gefährden. Die Politik darf sich jetzt nicht für Monate aus der Verantwortung ziehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass schnellstmöglich Lösungen gefunden werden, um Versorgungsbrüche zu vermeiden und die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
FAQ
Was passiert, wenn das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) nicht in Kraft tritt?
Wenn das GVSG nicht in Kraft tritt, entfällt die vorgesehene Fristverlängerung für den Nachweis der Wirksamkeit immunologisch, pharmakologisch und metabolisch wirkender Verbandmittel. Ab dem 2. Dezember 2024 endet daher die Erstattungsfähigkeit dieser Produkte. Dies könnte zu erheblichen Versorgungslücken führen, da bewährte Behandlungsmethoden in der Wundversorgung wegfallen und Patienten auf Alternativen angewiesen wären.
Welche Auswirkungen hat das fehlende Studiendesign des G‑BA auf die Wundversorgung?
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) hat bisher kein Studiendesign für den evidenzbasierten Nachweis der Wirksamkeit der immunologisch, pharmakologisch und metabolisch wirkender Verbandmittel vorgelegt. Die Veröffentlichung eines solchen Studiendesigns ist erst für das Frühjahr 2025 geplant. Ohne klare Vorgaben können Unternehmen die geforderten Studien allerdings kaum umsetzen, was den Wirksamkeitsnachweis dieser Verbandmittel verzögert. Ohne Fristverlängerung drohen daher erhebliche Versorgungslücken, die die Qualität der Wundbehandlung beeinträchtigen kann.
2 Kommentare
Sehr geehrter Herr Grosskopf, Ihr Artikel hat mich doch sehr überrascht, oder eigentlich doch nicht.
Zum einen hatte die Industrie jetzt mehrere Jahre Zeit, zu beweisen(!) dass ihre Produkte ihren Werbeaussagen entsprechen! Dann sprechen Sie lapidar von „infizierten Wunden“… praktisch jede chronische Wunde ist Keim-besiedelt.. D.h. aber noch lange nicht, dass man Antibiotika braucht. In ihrem Artikel kommt das gerade zu einer Drohung gleich. Die allermeisten chronischen Wunden – die Zahlen schwanken von 70–90 % circa, sind venös bedingt und Folge unzureichender Kompression.! Die Wundauflage hat hier oft keine Notwendigkeit, außer dass sie teuer ist.! Und es wird tatsächlich sehr schwierig sein – bis unmöglich – zu beweisen(!) , dass die mehr als 10.000 Wundauflagen einen medizinischen Sinn machen.. ganz sicher steigern Sie den Umsatz vieler so genannter Wundzentren… Bei unserem ersten Treffen in Berlin, habe ich Ihnen massenhaft Fälle am Computer gezeigt, die wir nach Jahren bis jahrzehntelangem Bestehen , abheilen konnten. Diese vielen so genannten „ modernen“ Wundauflagen waren völlig unnötig. Auf der einen Seite spielen Sie mit der Angst, besonders bei weniger erfahrenen Behandlern, und die Patienten werden verunsichert und mürbe gemacht… wenn mehr als 10.000 Wundauflagen auf dem Markt sind, kann irgendetwas nicht stimmen. Und deswegen hat er Gesetzgeber absolut recht, wenn er fordert, dass eine Evidenz bewiesen werden muss. Was soll denn daran so schwer sein? Mit freundlichen Grüßen! Ullrich Katz
Sehr geehrter Herr Grosskopf,
etwas mehr Mühe, als die Pressemitteilungen des BVmed Lobbyverbands abzuschreiben, hätten Sie sich geben können. Erst einmal betrifft die Regelung nur die sonstigen Produkte der Wundversorgung und die Einordnung obliegt den Herstellern. Auch die Rolle des BVmed ist in der jetzt mehrere Jahre dauernden Übergangszeit nicht besonders überzeugend. Wieso hat er sich eigentlich nicht eben darum gekümmert, was der GBA bzw. das IQWIG jetzt übernimmt? Eine Recherche der Studien und Leitlinien, mit dem Ziel, sowohl Studiendesigns als auch Endpunkte zu identifizieren und ihre Eignung zu belegen. Anstelle der Mittagessen und Parlamentarischen Abende für Abgeordnete hätten sie mal besser entsprechende Ausarbeitungen beauftragt. Und machen wir uns hier nicht lächerlich: in den 18 Monaten, die die Regelung verlängert werden hätte sollen, wäre die Energie nicht auf Studien, sondern die Abschaffung der Regelung verwendet worden. Ich würde mir von Ihnen etwas mehr Reflexion und (vielleicht zu viel verlangt) Allgemeinwohlorientierung wünschen. Beste Grüße Sven Wunderlich