Statement – Prof. Dr. Volker Großkopf:
„Solidarität, Subsidiarität und Selbstverwaltung sind erklärte Grundprinzipien des Sozialstaates, die sich in einer Vielzahl von Sozialleistungen ausdrücken. Im ältesten Zweig der Sozialversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung gilt: Alle Versicherten sollen die notwendige medizinische Versorgung erhalten – unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen. Es ist die hoheitliche Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherungen diese Teilhabe unter staatlicher Aufsicht zu steuern – vorrangig finanziert durch die Beiträge der versicherten Mitglieder und ihrer Arbeitgeber. Leider sind immer wieder strukturelle Mängel zu beobachten, die zur Fehlleitung von Mitteln führen. Die allgemeinen Vorschriften im ersten Kapitel des 5. Sozialgesetzbuches sollen die zentralen Positionen der Solidargemeinschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung abbilden und Ungerechtigkeiten vermeiden – wobei den Grundrechten eine zentrale Bedeutung zukommt.
Der verfassungsrechtlich garantierte Gleichheitssatz beauftragt den Staat auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter und chronisch kranker Menschen hinzuwirken, damit die durch die Behinderung bzw. Krankheit bedingten Nachteile ausgeglichen werden. Auf der sozialrechtlichen Ebene wird die Umsetzung dieser besonderen Belange durch § 2a SGB V konkretisiert.
Die programmatische Vorschrift bürdet damit den gesetzlichen Krankenversicherungen eine nicht zu vernachlässigende Verantwortung für die, sich aus der dauernden Behandlungsbedürftigkeit und der daraus folgenden Last von Behinderten und chronisch Kranken auf. Dies ist bei der Auslegung der individuellen Leistungsansprüche der Betroffenen zwingend zu berücksichtigen. Mithin ist sowohl bei Behinderung als auch bei chronischen Krankheiten eine bestmögliche Versorgung nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft und Forschung sicherzustellen und mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherungen finanziell zu ermöglichen.“