Ortstermin in Köln. Die Politik scheint bei der jungen Frau erst einmal außen vor. „Man kann mit kleinen Dingen den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern, das ist das Tolle an der Tätigkeit“, beschreibt es die Jung-Pflegefachkraft Margarita Batzonis. „Empathie ist ganz wichtig, wenn man den Pflegeberuf ergreifen will. Man muss es einfach wollen. Ein vorheriges Praktikum ist sehr empfehlenswert, um das herauszufinden.“
Genauso hat es die 22-Jährige selbst gemacht: Mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) ab 2016 bei dem kommunalen Einrichtungsträger, den Sozial-Betrieben Köln (SBK), fing es an.
„Es hat mir sehr gut gefallen, so dass ich dabei geblieben bin“, erinnert sie sich. Es folgten das Pflichtpraktikum in der Altenpflege, danach die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft. Seit einem Jahr ist sie nun fest übernommen und arbeitet in „Haus 5“, einem 80 Plätze bietenden Wohnheim für Senioren mit Demenz. Zusammen mit den benachbarten, ebenfalls 2016 eröffneten Häusern 3 und 4 mit gleichem Betreuungs-Schwerpunkt, sowie der ökumenisch genutzten Einrichtungs-Kirche St. Anna formt das Gebäude einen kleinen „Dorfplatz“, welcher der kognitiv beeinträchtigten Bewohnerschaft einen Orientierung bietet.
Die städtischen Sozial-Betriebe Köln (SBK) sind ein sehr großer Kölner Träger der Arbeit mit Senioren sowie Menschen mit Behinderung, mit Einrichtungen über das komplette Stadtgebiet verteilt. Der mit weitem Abstand größte, 1927 begründete Standort der SBK, auf dem Batzonis arbeitet, befindet sich im Stadtteil Riehl direkt nördlich der City, in dem auch der Kölner Zoo und der Botanische Garten liegen. Das campus-artige, parkähnlich gestaltete und rund 20 Hektar große Areal, früher „Riehler Heimstätten“ genannt, gilt als die größte Senioren-Wohnanlage Europas; rund 1.300 Menschen – vorwiegend Ältere, jedoch auch jüngere und mittelalte Bewohnerinnen und Bewohner aus den Behinderten-Wohneinrichtungen – leben hier.
Unter anderem ein großer Festsaal für Veranstaltungen und Feiern, eine Gärtnerei, ein eigener kleiner Supermarkt, Kunst-Ausstellungsräume sowie ein Fitnessstudio ausschließlich für Trainierende ab 55 Jahren ergänzen die Infrastruktur des kleinen „Stadtteils im Stadtteil“, nur einen kleinen Spaziergang vom Rhein und dem beschaulich-schönen Riehler Ortskern mit seinen inhabergeführten Läden, Cafés und dem Wochenmarkt entfernt. Im Bereich der Seniorenpflege gibt es von „betreutem Wohnen“ für weitgehend fitte Senioren, die nur gelegentlich Hilfe benötigen, bis zur Schwerstpflege von bettlägerigen Bewohnerinnen und Bewohnern sämtliche Abstufungen.
„Die alten Klischees erfassen die Tätigkeit bei weitem nicht“
Welche Tätigkeiten liebt sie in ihrem Beruf, welche weniger? „Im Prinzip mag ich das komplette Paket“, berichtet Batzonis. Kernpunkt ihrer Aufgaben ist natürlich die eigentliche Pflege sowie die Medikamenten-Gaben, jedoch auch die Zusammenarbeit mit Angehörigen. Schattenseiten sieht sie nicht – abgesehen von, natürlich, dem in Pflegeberufen allgegenwärtigen Personal-Engpass, verbunden mit einem Zeitmangel für die Arbeit mit den Menschen. „Die Politik unternimmt einfach nicht das, was sie uns als Pflegende verspricht. Und dann kann auch der beste Arbeitgeber nichts machen.“
In der Altenpflege sei das Thema Vergänglichkeit und Abschied natürlich häufig gegenwärtig. „Natürlich haben wir manchmal mit Sterbenden zu tun. Aber die schönen Momente in der Arbeit mit den älteren Menschen wiegen das mehr als auf.“ Generell hoffe sie, dass sich noch mehr jüngere Menschen für einen Einstieg in die Pflege begeisterten. Um dies zu erreichen, sei es an der Zeit, den Beruf endlich anders darzustellen.
„Das Klischee der Altenpflege vom Popo-Abwischen erfasst die Tätigkeit bei weitem nicht. Und es heißt immer noch häufig, geh‘ bloß nicht in die Pflege – da machst Du Dir den Rücken kaputt, hast wenig Geld und keine Kollegen. Das muss sich endlich ändern.“
Politik muss sich mehr bewegen
Zurück zur Politik: Von der neuen Ampel-Bundesregierung erhofft sich Batzonis, die Verbesserungen in der Pflege energisch anzugehen – sowohl, was die Bezahlung betrifft, als auch die nicht-monetären Dinge, die über die Arbeitszufriedenheit entscheiden. „Nicht nur sagen, sondern machen, liebe Politik! Ein gutes Gehalt ist natürlich wichtig, aber auch die Stellenschlüssel müssen sich endlich verbessern, wie bei uns in der Gerontopsychatrie. Man will etwas tun für die Menschen, aber kann es nicht immer – oder nicht in dem Umfang, wie man es möchte. Dann ist es kein Wunder, dass in der Pflegebranche so viele aus dem Beruf gehen.“
Was die Arbeit präge und ihr sehr bewusst sei, ist, dass die weitaus meisten Bewohnerinnen und Bewohner ihres Hauses für den Rest ihres Lebens dort bleiben, und nicht mehr umziehen. „Das Traurige ist, dass es erst eine Pandemie brauchte, um zu merken, wie wichtig die Pflege ist, und dass es ohne uns nicht geht.“
Fürs neue Jahr hofft sie inständig, dass sich die Corona-Lage endlich nachhaltig entspannt und die Politik richtige Entscheidungen trifft. Dann könne sie sich wieder mehr ihrem Hobby, dem Reisen, widmen. Auch beim Sport und beim Spazieren begegnet man ihr häufig – für sie ist körperliche Aktivität ein gutes Mittel, um den Kopf frei zu bekommen. „Aber nach Ende der Pandemie hoffe ich, endlich wieder unbeschränkt alles machen zu können“, ohne Einschränkungen und Ängste.