Unter Bildungsurlaub oder Bildungsfreistellung versteht man die Teilnahme eines Arbeitnehmers an einer staatlich anerkannten Veranstaltung zur beruflichen Weiterbildung.
Sprachliche Fortbildung als Bildungsurlaub angesehen
Eine Krankenpflegerin musste auf verschiedenen Stationen unter anderem auch italienische Patienten betreuen. Für eine bessere Verständigung mit den Patienten beantragte sie die Freistellung von der Arbeit im Sinne des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (AWbG), um an einem fünftägigen Sprachkurs „Italienisch für Anfänger“ teilzunehmen. Veranstaltet wurde der Kurs von der Arbeitsgemeinschaft Sozialpädagogik und Gesellschaftsbildung (ASG). Ihr Arbeitgeber lehnte ihren Antrag auf Bildungsurlaub ab, der Kurs habe keinen konkreten Bezug zu ihrem Beruf. Das Bundesarbeitsgericht hat für diesen Streitpunkt ein Urteil gefällt und der Krankenpflegerin Recht gegeben (BAG 15.6.1993 – 9AZR 261/90).
Nach der Rechtsprechung eignet sich eine Bildungsveranstaltung nicht nur dann zur beruflichen Weiterbildung, wenn sie den Arbeitnehmer hinsichtlich der Mitsprache und Mitverantwortung im Beruf fördert, sondern auch, wenn das neu erlernte Wissen vom Teilnehmer im Beruf angewendet werden kann. Der Sprachkurs diene in diesem Fall der beruflichen Weiterbildung, da die Krankenpflegerin auch für italienische Patienten zuständig war.
Arbeitnehmer hat grundsätzlich Anspruch auf bezahlte Fortbildung
Die Vorraussetzungen für den Bildungsurlaub sind Ländersache. Es gibt kein einheitliches, bundesweites Gesetz. Lediglich in Bayern und Sachsen hat man als Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Freistellung. Unter anderem geben die Länder beispielsweise vor, wie weit der Ort der Bildungsveranstaltung vom eigenen Arbeitsort entfernt sein darf. Dennoch finden sich in den jeweiligen Landesbildungsurlaubsgesetzen auch Gemeinsamkeiten:
- Bei einer Beschäftigung von fünf Arbeitstagen pro Woche stehen dem Arbeitnehmer auch fünf Tage Bildungsurlaub im Jahr zu. In manchen Bundesländern sind es zehn Tage für zwei Jahre. Beträgt die Arbeitszeit mehr oder weniger Wochentage, so variiert auch der Anspruch auf die Bildungsurlaubstage
- Die tägliche Arbeitszeit der Bildungsveranstaltung liegt bei sechs Stunden
- Erst sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer seinen Bildungsurlaub beanspruchen. In manchen Bundesländern beträgt diese Frist zwei Jahre
- Während der Teilnahme am Bildungsurlaub bekommt der Arbeitnehmer sein normales Gehalt. Die Wahrnehmung der Veranstaltung muss er jedoch aus eigener Tasche finanzieren
Will der Arbeitnehmer seine Bildungsfreistellung beantragen, so hat er dies frühestmöglich seinem Arbeitgeber mitzuteilen. Man spricht je nach Bundesland von einer Frist von spätestens vier bis sechs Wochen vor Veranstaltungsbeginn. Dabei hat der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber über den Zeitpunkt und die Dauer des Events, sowie über den Veranstalter und das Thema des Workshops zu informieren.
Der Arbeitnehmer darf den Antrag jedoch auch ablehnen. Ist dies der Fall, hat er seinen Mitarbeiter zwei bis drei Wochen vorher schriftlich zu informieren. Stehen im Zeitraum der Veranstaltung dringende betriebliche Gründe an, so kann der Arbeitnehmer den Bildungsurlaub seines Beschäftigten verneinen. Dies gilt auch, wenn zum selben Zeitpunkt ein sozial vorrangiger Mitarbeiter ebenfalls Urlaub verlangt. Für den Arbeitnehmer bleibt in diesem Fall nur die Wendung an das Arbeitsgericht.