Leistet man für eine ausländische Person ohne Aufenthaltstitel medizinische Hilfe, so wird dies häufig mit § 96 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) in Verbindung gebracht. Laut Gesetz stellt die Hilfe zu einem illegalen Aufenthalt eine Straftat dar, wenn
- der Helfende sich dadurch einen finanziellen Bonus verdient oder aber
- wiederholt oder zugunsten mehrerer Ausländer ohne Aufenthaltstitel handelt.
Die kostenfreie Erbringung einer medizinischen Hilfeleistung könnte letzterer Tatbestandsalternative zuzuordnen sein. Das mögliche Strafmaß sieht entweder eine Geldstrafe oder aber in schweren Fällen bis zu fünf Jahren Haft für den Straftäter vor.
Medizinische Hilfe keine Straftat nach Gesetz
Die Annahme, dass medizinische Hilfe unter den Aspekt der Hilfe zum illegalen Aufenthalt gefasst wird, ist jedoch nicht korrekt:
Die Norm § 96 AufenthG „Einschleusen von Ausländern“ zielt – wie der Titel schon verrät – nicht darauf ab, Situationen zu unterbinden, in denen medizinische Hilfe angeboten wird. Hauptziel der Vorschrift ist nämlich die Bekämpfung illegaler Einwanderung; sie richtet sich insbesondere gegen organisierte Schlepperbanden. Vor allem die Hilfe bei zum Beispiel der Wohnungs- oder Arbeitsplatzsuche stellt eine Leistung zur Förderung des illegalen Aufenthalts dar; steht die medizinische Hilfe mit diesen Leistungen nicht im Einklang, so fällt sie eben aus der Strafbarkeit gemäß § 96 AufenthG heraus.
Differenziert zu betrachten und rechtlich einfacher sind Unglücksfälle oder Situationen allgemeiner Gefahr oder Not. Hier gebietet die Rechtslage die Pflicht zu helfen, ansonsten kann man sich wegen unterlassener Hilfeleistung gemäß § 323c StGB strafbar machen.
Im Übrigen besteht für Ärzte oder Pflegekräfte keine Meldepflicht gegenüber den Ausländerbehörden bezüglich des fehlenden Aufenthaltstitels. Hier greift das Gebot der ärztlichen Schweigepflicht nach § 203 StGB beziehungsweise § 88 Absatz 1 AufenthG.