Oftmals verfügen Einrichtungen des Gesundheitssektors über einen bunten Personalmix aus Fach- und Hilfskräften, Auszubildenden sowie aus Teil- und Vollzeitarbeitenden. Für jeden dieser Arbeitnehmer ergeben sich Besonderheiten in der Dienstplangestaltung, die je nach Größe der Einrichtung sehr komplex werden können. Plötzliche Krankheitsausfälle sollten zwar einkalkuliert werden, dennoch durchbrechen sie jedes Mal den ursprünglich geplanten Arbeitsablauf. Nicht selten entstehen auf diese Weise Problemsituationen: Schichten werden plötzlich getauscht, die neue Diensteinteilung erscheint willkürlich oder der krankheitsbedingte Arbeitsausfall wird als Überstundenabbau gewertet. Welche Rechte greifen in solchen Situationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Der Kölner Rechtsanwalt Hubert Klein liefert Antworten auf grundlegende rechtliche Fragen zum Thema Dienstplangestaltung.
Rechtsdepesche: Ein Fallbeispiel aus der Praxis: Eine Pflegekraft ist aus Krankheitsgründen verhindert ihrer Arbeit nachzukommen. Die Schichten müssen vertretungsweise von einem Arbeitskollegen übernommen werden. Darf der Arbeitgeber im Anschluss an den krankheitsbedingten Arbeitsausfall die Pflegekraft für zusätzliche Schichten einteilen, sodass von dieser die „versäumten“ Stunden sozusagen nachgeholt werden?
Hubert Klein: Um diese Frage zu beantworten, ist das sogenannte arbeitgeberseitige Weisungsrecht von Bedeutung, geregelt durch § 106 Gewerbeordnung (GewO). Die Vorschrift besagt, dass der Arbeitgeber unter anderem ein Weisungsrecht zur Festlegung der Arbeitszeit hat. Wichtig zu wissen ist, dass das Weisungsrecht bezüglich der Dienstplangestaltung nur einmal ausgeübt werden kann – heißt: Wenn der Dienstplan einmal final und verbindlich festgelegt worden ist, dann hat der Arbeitgeber damit sein Weisungsrecht gebraucht und sozusagen auch „verbraucht“. Die zeitliche Folge des Arbeitsablaufes ist damit konkretisiert. Aus dieser arbeitsvertraglichen Festschreibung kommt der Arbeitgeber einseitig „nicht mehr raus“. Auch mit der Einteilung zum „Frei“ verbraucht der Arbeitgeber übrigens sein Weisungsrecht.
Rechtsdepesche: Kann der Arbeitgeber denn die durch Krankheit versäumten Schichten in späteren als „frei“ geplanten Schichten nachholen lassen oder die ausfallenden Schichten zum Überstundenabbau verrechnen?
Klein: Nein. Ein Krankheitsausfall darf weder als Überstundenabbau gewertet werden, noch kann sich daraus ein nachträgliches Arbeits-Soll ergeben. Die Zeit der Dienstleistung ist seit verbindlicher Festschreibung des Dienstplans festgelegt. Die Konsequenz des unverschuldeten krankheitsbedingten Ausfalls war schon seit jeher über § 616 BGB geregelt und ist im heutigen Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) konkreter bestimmt. Wenn die Arbeit ausfällt, weil jemand unverschuldet krank wurde, entsteht ein Recht auf Entgeltfortzahlung (§ 3 EntgFG). Man wird also weiterhin während einer Krankheit bezahlt, ohne dass die Schichten nachgeholt werden müssen oder Überstunden verrechnet werden dürfen.
Rechtsdepesche: Noch eine andere, letzte Frage: Wenn man den Eindruck hat, dass der Dienstplan der Kollegen deutlich angenehmer getaktet ist als der eigene – gibt es besondere Regelungen dazu, wie „fair“ die Schichtaufteilung unter den Arbeitnehmern gestaltet sein muss?
Klein: Der Arbeitgeber muss den Dienstplan nach billigem Ermessen gestalten (§ 106 GewO), er hat also eine gewisse gerechte Verteilung einzuhalten. Er darf nicht willkürlich immer nur denselben Arbeitnehmer für die „unbeliebten“ Schichten, wie beispielsweise zu Weihnachten oder Silvester, einteilen. Die Schichtgestaltung darf also nicht einseitig erfolgen. Will ein Arbeitnehmer gegen seine Einteilung vorgehen, muss er wegen des „breiten“ Weisungsrechts des Arbeitgebers hier schon eine deutliche Schieflage beweisen können.
Gute Erfolgsaussichten hat man mehr oder weniger erst, wenn man den Arbeitgeber bei einseitig-willkürlicher Einteilung ertappt. Und wenn keine schiedliche Umstellung des Dienstplans erfolgt, bleibt nur vorläufiges Weiterarbeiten und die Willkürlichkeit der Arbeitseinteilung beim Arbeitsgericht feststellen zu lassen. Einseitige Arbeitsverweigerung kann erhebliche Konsequenzen, zumindest eine Abmahnung, wenn nicht gar eine Kündigung nach sich ziehen.
Zur Person: Hubert Klein ist Rechtsanwalt in Köln mit Arbeitsschwerpunkten in Medizin‑, Arbeits- und Strafrecht. Er ist Lehrbeauftragter und freiberuflicher Dozent an mehreren Hochschulen und Fortbildungsinstitutionen und Fachautor im Gesundheitsrecht.