Seit Monaten hatten sich die Intensiv-Pflegekräfte der Uniklinik Münster für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal auf ihrer Intensivstation eingesetzt. Im Februar dieses Jahres traten sie für einen Beitrag des WDR sogar vor die Kamera. Die Reaktion des Klinikums: Sie kündigte einem der beteiligten Pflegekräfte fristlos. Der Fall schlägt nun hohe Wellen: Gegen den Rauswurf gibt es lautstarke Proteste. Die Gewerkschaft ver.di hat unterdessen Kündigungsschutzklage eingereicht.
Die Gruppe von 59 Pflegekräften der Intensivstation hatte im November 2020 einen Brandbrief an die Klinikleitung verfasst. Darin beklagten sie unhaltbare Personal-Engpässe. Die derzeitige Einsatzplanung sei sogar patientengefährdend, hieß es darin. Auslöser war, dass das Klinikum seit 1. Oktober vergangenen Jahres keine Leiharbeitskräfte mehr einsetze – auch nicht auf der Intensivstation. Im Gegenteil habe das Klinikum Intensiv-Pflegekräfte sogar zum Einsatz auf andere Stationen des Krankenhauses beordert. Als Konsequenz verbaten sich die Unterzeichner des Schreibens, dass sie das Klinikum in ihrer Freizeit wegen kurzfristigen Einspringens anruft. Der Personalrat der Einrichtung hatte sich hinter die Initiative gestellt.
Beschäftigte protestieren gegen Kündigung – Verdi vermutet Exempel-Statuierung als Motiv
Nachdem sich in den Monaten danach nichts Nennenswertes an der Situation geändert hatte, machte die Gruppe einen weiteren Schritt in die Öffentlichkeit. In einem Beitrag für die „Lokalzeit“ des WDR-Studios Münsterland machten sie ihrem Ärger und ihren Sorgen Luft. „Wir haben im Moment Arbeitsbedingungen, die uns krank machen und unsere Patienten gefährden“, sagte darin ein Pfleger aus der Gruppe, Jesper Krautmann (Name geändert). Die Coronapandemie verstärke die Misere noch: Die zusätzliche Auslastung der Station führe zu Überstunden, zeitweise wäre eine Pflegekraft für 13 Patienten verantwortlich.
Mittelfristig führten diese Arbeitsbedingungen dazu, dass Kräfte abwanderten und sich immer weniger Nachwuchskräfte für den Beruf begeisterten, fürchtete Krautmann. Es wäre schon vorgekommen, dass Patienten aus der Intensivstation entlassen wurden, obwohl es sinnvoll gewesen wäre, dass sie noch ein bis zwei Tage verblieben wären. Das Krankenhaus hatte dagegen darauf verwiesen, dass die Personalstärke immer noch über dem gesetzlichen Minimum liege. Zudem habe man den Wegfall der Leiharbeitskräfte durch Festanstellungen zumindest teilweise kompensiert.
In der Zeit nach dem Beitrag griff das Klinikum zur außerordentlichen Kündigung. Über die genauen Gründe, auf die sich die Kündigung stützt, schweigt sich die Krankenhaus-Leitung aus. Unterdessen haben sich Kolleginnen und Kollegen solidarisch mit dem gekündigten Pfleger erklärt und einen Protestbrief verfasst. Man habe nach dem Schritt in die Öffentlichkeit miterleben müssen, „wie ein geschätztes Mitglied unserer Gruppe über mehr als eine Woche hinweg massiv unter Druck gesetzt und letztlich außerordentlich und fristlos gekündigt wurde“, heißt es in dem offenen Brief. Thomas Meißner, ver.di-Gewerkschaftssekretär im Bereich Gesundheitswesen, vermutete, dass die Klinikleitung mit der Kündigung ein Exempel statuieren wolle.
Quelle: WDR, wsws.org, Münstersche Zeitung, Westfälische Nachrichten