Fachgesellschaften haben Bund und Länder dazu aufgerufen, schnell etwas gegen den sich verschärfenden Mangel an Intensivpflegekräften zu tun.
„Wir müssen die Situation wirklich in den Griff bekommen“, erklärte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Professor Gernot Marx, auf dem ersten DIVI-Pflegegipfel.
Der Bedarf an weiterqualifizierten Fachkräften wachse stetig. „Die Prognosen sind so, dass wir immer weniger Versorger haben für immer mehr Patienten in den nächsten zehn, 15 Jahren“, erklärte Marx.
Jungen Menschen sei deutlich zu machen, dass die Intensivpflege ein „toller und sehr sinnstiftender“ Beruf sei.
Die Corona-Krise sei nicht nur eine „Lupe“ für das Problem des Personalmangels gewesen. „Sie war ein Brennglas“, sagte Marx. Inzwischen sei wohl jedem klar, dass „dringendster Handlungsbedarf besteht“.
Zwei Millionen Menschen zu versorgen
Auf den Intensivstationen versorgten Ärzte und Pflegekräfte auch jenseits der Pandemie jährlich rund zwei Millionen Patientinnen und Patienten. Es gehe bei der Frage ausreichender Personalressourcen auch um Versorgungssicherheit.
Marx erinnerte daran, dass die DIVI bereits 2021 zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Fachpflege und Funktionsdienste (DGF) ein Positionspapier zur Stärkung der Intensivpflege veröffentlicht habe. Passiert sei wenig.
Daher habe sich die Fachgesellschaft entschieden, mit dem Pflegegipfel erneut einen Fokus auf das Thema zu legen und mit anderen Fachgesellschaften und Verbänden eine „Berliner Erklärung“ zu verabschieden.
Intensivpflege auf einheitlichem Niveau
Darin fordern unter anderem DIVI, DGF, die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin und der Deutsche Pflegerat einheitliche Regelungen für die Fachweiterbildung Intensivpflege.
Derzeit existierten in Deutschland mehr als 600 Studienabschlüsse sowie ganz unterschiedliche Berufsbezeichnungen in der Pflege. Ziel müsse eine einheitliche Qualifizierung der Pflegepersonen auf Bachelor-Niveau sein, in der Intensivmedizin auf Master-Niveau.
Auch die Finanzierung der Weiterbildung sei bundeseinheitlich und für Pflegebeschäftigte wie Krankenhäuser und Praxen „kostenneutral“ auszugestalten. Um eine hochwertige und sichere Patientenversorgung vorzuhalten, müssten mindestens 50 Prozent der Pflegenden auf Intensivstationen über eine entsprechende Fachweiterbildung verfügen.
Pflegebevollmächtigte: Länder sind am Zug
Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten seien zu unterschiedlich, kritisierte auch die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll.
Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder müsse daher „mehr Bundeseinheitlichkeit“ schaffen- Und dass sowohl bei den Ausbildungsinhalten als auch bei der Frage der Finanzierung, appellierte die SPD-Politikerin. Es dürfe keine Frage des Geldbeutels sein, „ob ich mir unbezahlt freinehmen kann“.
Am Ende brauche es mehr weitergebildete Pflegekräfte, „um eine spürbare Entlastung zu erzielen“, so Moll.
Der Bund könne Fragen der Aus- und Weiterbildung nicht regeln. Dafür brauche es eine „größere Grundgesetzänderung, für die wir – glaube ich – im Moment nicht die Mehrheiten haben“. Zu prüfen sei aber, ob man zumindest einen „vergleichbaren Rahmen“ in den Ländern schaffen könne.
Quellen: DIVI, DGF