Die Pflegekräfte sollten während des Auswahlprozesses in Deutschland auf jeden Fall bereits denjenigen kennen lernen, der sie bei der Integration in die deutsche Arbeitswelt begleitet. Außerdem informiert ein seriöses Unternehmen im Vorfeld über seine Leistungen in Deutschland.
Konkret bedeutet dies: Die Fachkräfte aus dem europäischen Ausland haben in den allermeisten Fällen bisher keine oder nur wenige Möglichkeiten gehabt, ihre Arbeit auszuüben und Geld zu verdienen. Daher bringen sie gar keine oder lediglich geringe finanzielle Reserven mit. Sie können bis zur erfolgreichen Anerkennung, die je nach Bundesland zwischen zwei Wochen und bis zu sieben Monate dauern kann, nicht als Fachkraft arbeiten und vergütet werden. So bedeutet der Schritt nach Deutschland für viele eine enorme finanzielle Belastung.
Viele Kliniken und Unternehmen folgen mittlerweile dem Beispiel der avanti GmbH und bieten u.a. aus diesem Grund kostenfreien Wohnraum für die ersten vier bis sechs Monate für diese Fachkräfte an.
Erste Integrationsschritte in den ersten Wochen vor Ort
Die Anreise nach Deutschland hat geklappt, die Wohnung ist bezogen, die Fachkräfte bringen etwas Deutsch mit – ist nun alles gut? Nein, denn jetzt beginnt für die Integrationsbeauftragten die intensive Detailarbeit vor Ort: Die Fachkräfte müssen betreut und angemeldet werden, sie brauchen ein deutsches Bankkonto, die Krankenversicherung muss ausgesucht und abgeschlossen werden. Ein Personalfragebogen ist auszufüllen, der Weg und Transport zur Arbeitsstelle sind noch nicht geklärt.
Dies alles können ausländische Fachkräfte noch nicht allein, da ihr Deutsch für diese Verwaltungsvorgänge meist noch nicht gut genug ist. Ab dem Moment der Anreise wäre es optimal, wenn die Integrationskräfte für diese intensive Betreuung vom Unternehmern freigestellt wären.
Ein Stadtbesuch mit Hinweis auf die nächstgelegenen Supermärkte, eine deutsche Telefon-SIM-Karte, ggf. ein Internetanschluss, Auswahl und Begleitung zu geeigneten Freizeitaktivitäten wie Sportvereine gehören ebenso dazu wie die wöchentlichen Kaffee-Runden, in denen, wie man in Köln sagen würde, nicht nur „geklönt“ wird, sondern in denen wichtige Fragen besprochen werden bezgl. der Arbeit auf Station, Probleme mit Kollegen etc.
Der deutsche Alltag bringt am Anfang noch viele Fragen mit sich: Was ist eine Sozialversicherungsnummer? Wie lese ich meine Abrechnung? Welche Versicherungen brauche ich in Deutschland? Dies ist nur ein kleiner Auszug von Fragen, die der Erklärung bedürfen.
Zudem ist es die Aufgabe der Integrationsfachkraft, den Deutschsprachkurs zu begleiten. Im Vorfeld ist zu klären, welche Sprachschulen besucht werden und ob als Intensivkurs oder nur zwei- oder dreimal pro Woche? Das Konzept sollte mit dem Sprachinstitut abgestimmt sein. Wichtig ist zum Beispiel, wie die Erfolgskontrolle erfolgen soll, ob wöchentliche oder monatliche Tests gewünscht werden.
Nachdem die Fachkräfte zumeist nach knapp vier Monaten den Sprachkurs B1 und B2 mit TELC-Examen oder Goethe-Prüfung abgeschlossen haben, fehlt dann noch die Anerkennung.
Anerkennungsprozess ist der wesentliche bürokratische Schritt
Hier lauern die nächsten Fallstricke. Je nachdem, welches Bundesland bzw. Regierungspräsident zuständig ist, dauert das Anerkennungsverfahren unterschiedlich lang. Es gibt Regionen, in denen man die übersetzten Diplomunterlagen für die Anerkennung gemeinsam mit dem TELC-Zertifikat an das Regierungspräsidium schickt und die Pflegekraft innerhalb von drei Wochen die Anerkennungsurkunde per Post erhält. Hingegen gibt es auch Regionen, in denen die Unterlagen sofort nach der Anreise der Fachkräfte an das Regierungspräsidium geschickt werden sollten, da dieses bis zu vier Monaten benötigt, um einen Gleichstellungsbescheid zu erstellen. Mit diesem Bescheid erfolgt dann nach abgeschlossener TELC-B2-Prüfung eine Einladung zum Gesundheitsamt. Dort wird die Medizin-Fachsprache abgeprüft und erst danach erhält die Fachkraft die Anerkennungsurkunde.
Aufgabe des Integrationsbeauftragten ist es, sich vor Beginn eines solchen Projekts über die jeweiligen Bedingungen zu informieren, um die Anerkennung so zügig wie möglich zu erreichen.
Abschluss der Integrationsphase
Nach erfolgter Anerkennung sind zumeist mindestens vier Monate vergangen. Die Fachkräfte sollten immer weniger alltägliche Hilfestellungen benötigen und sich weitestgehend selbst weiter in die deutsche Arbeits- und Lebenswelt integrieren. Nach sechs Monaten ist der grundlegende Integrationsprozess erfahrungsgemäß abgeschlossen. Es erfolgt ein Auswertungsgespräch mit der Personalleitung und der Integrationsfachkraft. Das Projekt wird evaluiert, um es weiterzuentwickeln. Sollten in Zukunft Fragen oder Probleme auftauchen, erfolgt die Betreuung durch den zuständigen HR-Bereich.
Fazit: Auslandsrecruiting ist erfolgreich, wenn die Integrationsarbeit als unabdingbarer Teil des Prozesses begriffen wird.
Auslandsrecruting ist keine Sache für nebenbei, für zwischendurch, für „eben mal schnell“ bei akuten Vakanzen. Wie gezeigt, ist eine intensive Integrationsarbeit vom Recruiting-Unternehmen für einen nachhaltigen Erfolg essentiell. Vakanzen, die in den Personalberechnungen in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten abzusehen sind, kann Auslandsrecruting helfen, erfolgreich und langfristig zu besetzen. Das Projekt Auslandsrecruting sollte vor dem Start umfassend durchdacht und konzeptionell gestaltet werden. Sowohl Personal- als auch finanzielle Ressourcen sind dafür zwingend nötig. Nur so sichert es einen langfristigen Mitarbeitergewinn. Siehe auch: Auslandrecruiting – Wie funktioniert es gut für beide Seiten?
Von Uta Kannengießer, Nina Baumann, avanti GmbH