Die Deutsche Herzstiftung fordert, Präventionsprogramme gegen Herzinfarkte stärker auf sozial benachteiligte Personen und Milieus zuzuschneiden. Denn dort häuften sich die Herzinfarkt-Fälle. Dies sei auf einen ungesünderen Lebensstil als in besser situierten Vierteln zurückzuführen. „Raucher und stark übergewichtige Personen mit einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko und Herzinfarkt-Patienten waren häufiger in sozial benachteiligten als in besser gestellten Stadtgebieten anzutreffen“, sagte Prof. Dr. med. Rainer Hambrecht vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung anlässlich der Vorstellung des „Deutschen Herzberichts 2018“ in Bremen. Der Herzbericht erscheint jährlich seit 1989, somit war es die genau 30. Auflage.
Hambrecht, der Chefarzt für Kardiologie am Klinikum Links der Weser in Bremen, verwies dabei auf das von ihm geleitete Bremer Herzinfarkt-Register („STEMI-Register“). Darin sind die Daten und Risikofaktoren von mehr als 3.400 Herzinfarkt-Patienten aus Bremen und dem niedersächsischen Umland ausgewertet. Auch in der Fünf-Jahres-Langzeit-Prognose hätten sich schwerwiegende Herz-Kreislauf-Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall stärker in von Armut besonders betroffenen Stadtgebieten bemerkbar gemacht. „Diese Daten bestärken Präventionskonzepte, die auf sozial benachteiligte Personen und ‚Brennpunkt‘-Stadtteile fokussieren, um die Herzinfarkt-Erkrankungshäufigkeit und ‑Sterblichkeit zu senken“, heißt es im Herzbericht. Als längst überfällig bezeichneten die Autoren ein absolutes Werbeverbot für Tabak, um die Raucherquote insbesondere bei Jugendlichen weiter zu senken.
Schrittzähler motivieren Patienten zu mehr Bewegung
Um zu untersuchen, wie ein Präventionsprogramm aussehen könnte, hatte die Herzstiftung ihre Langzeitstudie IPP („Intensives Präventions-Programm nach akutem Myokardinfarkt in Nordwest-Deutschland“) mit 310 Herzinfarkt-Patienten durchgeführt. Als Instrumente der Prävention dienten unter anderem Schrittzähler, telemedizinische Beobachtung, regelmäßige Gruppenfortbildungen und Telefonkontakte zu Beratern und Assistenten. Es gelang, die körperliche Aktivität, die Einstellung der Infarkt-Risikofaktoren und die Lebensqualität der Patienten nach sechs Monaten zu verbessern:
Gegenüber der Kontrollgruppe stieg die tägliche Schrittzahl der Teilnehmer um mehr als 30 Prozent, der Body-Mass-Index (BMI) sank im Schnitt um 3,9, Blutdruck und das schädliche LDL-Cholesterin um jeweils 4,9 Prozent. Zu Studienbeginn hätten Patienten mit Hauptschulabschluss mehr Risikofaktoren aufzuweisen gehabt als Patienten mit Abitur. Durch das IPP-Programm sei es aber gelungen, gerade bei ersterer Gruppe „eine hochsignifikante Verbesserung der Risikofaktoren“ zu erreichen.
Laut des Verbandes kommt es jährlich zu mehr als 218.000 Klinikeinweisungen wegen Herzinfarkten in Deutschland, rund 49.000 Menschen sterben an jenem Leiden. Hinzu kommen die Koronare Herzkrankheit (KHK) mit über 73.000 Sterbefällen (ohne Herzinfarkt) und die Herzschwäche mit über 40.000 Gestorbenen. Laut einer wissenschaftlichen Hochrechnung betragen die durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachten Kosten in der EU rund 210 Milliarden Euro pro Jahr – also rund 400 Euro pro EU-Bürger. Dabei seien laut Schätzung rund 90 Prozent aller Infarkte mit einem gesünderen Lebensstil vermeidbar gewesen. Als Haupt-Risikofaktoren für Herzerkrankungen gelten Rauchen, Bewegungsmangel und Fettleibigkeit.
Quelle: Deutsche Herzstiftung