„Ich kann den Vorderfuß nicht mehr kontrollieren“
Der erste Eindruck ist eigentlich ein guter. Christoph Dörfler (38) begrüßt mich mit einem kräftigen Händedruck, als wir uns in der Tür zur Redaktion begegnen. Dann seine ersten Schritte den Gang hinunter zum Konferenzraum. Ein seltsamer Gang, die Füße klatschen bei jedem Schritt geradezu auf dem Boden auf. „Ich kann koordiniert mit der Ferse auftreten, den Vorderfuß aber nicht mehr kontrollieren“, erzählt er mir etwas später.
Auch zittern die Hände, wenn Dörfler seinen Laptop aufklappt, um uns seine Dokumente und Arztbriefe zu zeigen. Man könnte meinen, er ist nur nervös – aber das Zittern ist ein Dauerzustand geworden.
Dörfler hat eine Mission: gesund werden und aufklären. Das sei seine Verantwortung jetzt, da ein Schaden eingetreten ist, den er nie und nimmer für möglich gehalten hat.
Er, der praxisorientierte, pragmatische Vertriebler, immer unterwegs, sportlich und beweglich, flexibel und entscheidungsfreudig. Heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Wie konnte das passieren?
„Einschränkungen kamen sieben Tage nach der Impfung“
Rechtsdepesche: Wie geht es Ihnen und was sind Ihre Beschwerden, Herr Dörfler?
Christoph Dörfler: Die Einschränkungen meiner Gesundheit sind direkt nach der Impfung, ca. 7 Tage danach, eingetreten: Zu aller erst kamen unbeschreibliche Schmerzen in Wirbelsäule und Becken, welche mich über Tage hinweg nicht schlafen ließen. Mittlerweile sind es eher die Schwierigkeiten bei der Konzentration, zittrige Hände, unsicherer Gang, Kälte- und Wärmemissionsempfindungen an den Extremitäten, massiver Kraftverlust in den Fingern und den Füßen.
Ich war sehr sportlich, habe dreimal die Woche Badminton gespielt und bin an einem Tag die Zugspitze hoch und wieder herunter – alles kein Problem. Heute ist es so: Spaziergang ja, und das war es dann. Die Füße schwellen an, werden heiss, sind zittrig und fangen an zu kribbeln – und jucken, als ob Ameisen darüber laufen.
Das sind gravierende Einschränkungen im Berufsalltag. Zum Glück habe ich eine Bescheinigung bekommen, dass ich Autofahren kann trotz der starken Medikation wegen der Nervenschmerzen. So kann ich inzwischen wieder arbeiten, nach gut eineinhalb Jahren Berufsunfähigkeit.
Nach der Impfung mit Johnson&Johnson (eine Dosis) ist das alles eingetreten. Zuerst dachte ich nur, dass ein Nerv eingeklemmt ist.
An meinem Wohnort in Schrobenhausen habe ich dann Infusionen bekommen gegen die Schmerzen – das hat aber nichts gebracht. Ich wurde dann weggeschickt mit der Begründung, es sei ja eine Verbesserung eingetreten, wenn es nicht besser wird, soll ich halt nochmal kommen. Woher diese Aussage, auch im Arztbrief kam, ist mir nicht klar.
Mein Orthopäde hat dann, als er mich versucht hat einzurenken, glücklicherweise erkannt über der Maske, dass ein Augenlid hängt und hat mich sofort in die Neurologie nach Ingolstadt geschickt. Denn er erkannte eine einseitige Gesichtsparese.
„Anfangsverdacht auf Borreliose“
In Ingolstadt unterzog ich mich unter anderem einer Rückenmarkpunktion. Über Tage und Wochen wurde viel untersucht, CT vom Becken bis zum Kopf mit und ohne Kontrastmittel, mehrmals, und warten auf Laborergebnisse von Blut bis Nervenwasser.
Dann hat man festgestellt, um was es sich angeblich handelt, der Anfangsverdacht lautete: Borreliose.
Borreliose wurde deshalb als Vorab-Diagnose gestellt, da im Nerven/Gehirn ‑wasser, welches bei der Rückenmarkspunktion entnommen wird, ein erhöhter Borellientiter erkannt wurde. Quasi Antikörper gegen Borreliose.
Ich habe aber immer beteuert, nie einen Zeckenbiss erlitten zu haben und konnte am ganzen Körper auch keinen entdecken.
Anhand der Rückenmarkspunktion, wo eben Gehirnwasser abgenommen wird, wurde dann bestätigt, keine Anzeichen für einen Zeckenbiss, da kein Erreger nachgewiesen werden konnte.
Ich sollte nach weiteren Untersuchungen dann entlassen werden aus der Klinik, mit der Aussage: „Das wird irgendein Virus sein, das wir noch nicht kennen.“
Ich habe mich aber schlecht gefühlt und vor lauter Zittern die Suppe verschüttet, mein Körper sagte mir, du bist nicht gesund. Mein Zimmernachbar im Hospital litt unter dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Ich habe meine Symptome mit den seinen verglichen – und sie waren fast identisch.
Erst dann haben die Ärzte alle Untersuchungsergebnisse mit meinen Aussagen abgeglichen. Und sind zur Erkenntnis gekommen: es ist GBS, eine Form von Polyneuropathie, bei der es zu Muskelschwäche kommt. Eine Autoimmunkrankheit, die ähnliche Symptome aufweist wie die Multiple Sklerose (MS), aber heilbar ist.
Mittlerweile weiß ich, dass heilbar nicht heißt, es wird wieder wie vorher.
Woher der erhöhte Borellientiter kam, wurde mir später von Ärzten erklärt. Genaugenommen sei es nicht verwunderlich, dass mein Körper Antikörper ausgeschüttet hat, da er mit etwas Unbekanntem konfrontiert worden ist. Wenn der Körper nicht weiß was er machen soll, baut er von allen Antikörpern, zu denen er „Baupläne“ hat, Antikörper. So erklärte es mir eine Neurologin.
„Ärzte in Ingolstadt stellen Zusammenhang zur Impfung her“
Rechtsdepesche: Es ist also ein Nervenschaden bei Ihnen festgestellt worden. Und wer hat Ihnen bestätigt, dass es einen kausalen Zusammenhang zur Covid-Impfung gibt?
Dörfler: Die Ärzte in Ingolstadt haben in diversen Arztbriefen festgestellt, dass ein hoher Zusammenhang mit der Impfung besteht. Andere Auslöser wurden verneint. Es hieß: eine Autoimmunkrankheit hat immer einen gewichtigen Auslöser, was unter anderem eine Imfung sein kann. Es könne jede Impfung sein, aber in diesem Fall hatte ich nur diese eine Imfung erhalten, die eine Dosis von Johnson&Johnson.
Weil ich beruflich als Vertriebler soviel unterwegs war – ich wollte das mit einem Mal erledigt haben. GBS schädigt die Nerven – da liegen irgenwann sprichwörtlich „die Nerven blank“.
Das Immunsystem erkennt die Eiweisstruktur (Myelinschicht) um die Nerven nicht mehr als körpereigen an, und bekämpft sie pausenlos. So kommt es zu den Fehlreizungen und der Muskelschwäche. Das schaut bei mir dann aus wie ein „Entengang“ oder „Gichtfinger“.
Rechtsdepesche: Als Ihnen klar war: das muss ein Impfschaden sein! Wie sind Sie weiter vorgegangen? Haben Sie sich rechtlichen Beistand besorgt? Hat man Sie gleich „für voll genommen“?
Impfschaden: „Nebenwirkungen sind ja nicht erwünscht“
Dörfler: Das Thema Impfschaden wurde viel im TV und Radio thematisiert, und ich wollte es erst nicht wahrhaben. Irgendwann viel bei mir aber der Groschen, wo du merkst, du bist so ein Fall wie aus dem Fernsehen. Das Problem schien mir: Nebenwirkungen sind ja nicht erwünscht, das wurde ausgeblendet.
Ich habe mich auf die Suche gemacht nach einer Kanzlei und habe über 20 auf Medizinthemen spezialisierte Anwaltskanzleien kontaktiert. Von den meisten bekam ich nicht mal eine Rückmeldung. Oder es kam sogar die Antwort: Medizinrecht ja, aber nur für Pferde!
Spezialisten für Impfrecht sind rar gesät. Dieses Thema ist fast tabu.
Rechtsdepesche: Mit der Kanzlei Caesar-Preller aus Wiesbaden sind Sie dann fündig geworden. Jetzt laufen Klagen. Wie sieht es da aus?
Dörfler: Das Land Thüringen, in dem ich ja geimpft worden bin, sagt: Allein der Anfangsverdacht, dass es sich um Borreliose handeln könnte reicht aus, um einen Impfschaden auszuschliessen.
Auch wenn der Verdacht nicht bewiesen werden kann. So kann kein Impfschaden geltend gemacht werden. Als ich das gesagt bekam, war mir klar: Ich werde alle Hebel in Bewegung setzen, um dagegen vorzugehen. Es ist für mich eine Farce, wenn ich merke, das Institut, das für meinen Impfschaden aufkommen soll, ist auch das Institut, das Impfschäden zulässt.
Und mitten in diesen starken Emotionen merkst du, dass deutsche Behörden nur Schwarz-Weiß kennen und selbst in einer sehr dynamischen Situation, wie etwa einer Pandemie, ebenfalls ohne Rücksicht auf Verluste, mit Schubladendenken agieren. Ich habe Widerspruch eingelegt.
Rechtsdepesche: Wie haben in der ganzen Zeit ihr Freunde und Verwandte reagiert? Wurden Sie ernst genommen mit Ihren Sorgen und Befürchtungen? Wie haben Sie das Umfeld wahrgenommen?
„Viele konnten mit der Situation überhaupt nicht umgehen“
Dörfler: Die haben mich gefragt, was ich damit bezwecken will. Einige haben mich bestärkt, weiter zu machen, weil sie auch Kontakt mit dem Gesundheitswesen hatten, der sehr frustrierend war für sie. Der Umgang der Krankenkasse mit mir wurde auch kritisiert, die Tatsache, dass man halt nur ein Nummer ist bei der Kasse, die brav einzahlen darf. Aber wenn du was willst von denen, wird stets reserviert darauf reagiert.
Und meine engsten Menschen sehen, dass meine Energie geschwunden ist und sehen den körperlichen Abbau.
Meine Freundin damals hat mich verlassen, als es mir am schlechtesten ging. Zu dem Zeitpunkt drohte mir der Rollstuhl. Weil so gut wie keine Nervenleitgeschwindigkeit mehr festgestellt werden konnte. Dass ich überhaupt noch gehen kann, ist meinem jungen Alter geschuldet und meiner Sportlichkeit.
Auch in der Reha-Zeit war ich viel im Sportstudio, was mir auch von den Ärzten vor Ort angeraten wurde. Ich wollte wieder Muskelmasse aufbauen. Generell sind aber alle in meinem Umfeld sehr bestürzt, manche haben sich sogar abgewendet.
Rechtsdepesche: Jetzt haben Sie drei Klagen laufen – worum handelt es sich im Einzelnen?
Dörfler: Eine wegen Berufsunfähigkeit, eine gegen den Impfstoffhersteller auf Schadensersatz und die dritte läuft gegen das Land Thüringen, wegen der Ausschliessung des Impfschadens aufgrund des Anfangsverdachts der Borreliose. Das Land Thüringen soll aber für meinen Impfschaden gerade stehen!
Rechtsdepesche: Wie schauen Sie in die Zukunft, was Ihre Genesung angeht? Was wünschen Sie sich, wie soll es weitergehen?
Dörfler: Ich habe keine kommerziellen Interessen. Mir geht es um Aufklärung. Die meisten, die Schäden davon getragen haben, haben keine Kraft mehr, dagegen vorzugehen.
Du bist Betroffener/Geschädigter, musst dich im Endeffekt um dich selber kümmern, aber auch über vieles selber informieren, und irgendwie nach außen hin zeigen, dass du stark bist, sonst wirst du überrollt.
Eine Unterstützung physischer und psychischer Natur ist oft nicht gegeben. Ich habe leider öfters die Erfahrung machen müssen, dass anscheinend das Geld fehlt oder der Wille oder einfach die Aussage kommt: Wir haben zwar eine komplette Anlage (Kneipp), aber die Krankenkasse übernimmt Anwendungen nicht. Von da an wurde mir klar: es dreht sich immer nur alles ums Geld. Ich habe aber die Möglichkeit zu kämpfen, auch durch Unterstützung des Arbeitgebers, meiner Freunde und meiner Familie.
Der Rechtsschutz hilft mir zum Glück dabei, aber auch hier muss ich zuerst in Vorleistung gehen. Und die Anwälte kosten gut Geld! Bis zur Verhandlung läuft alles auf meine Kosten. Und das ist das, was die meisten Leute abschreckt, sich zu wehren.
Ich habe akzeptiert, dass ich einige Sachen in meinem Leben wahrscheinlich nicht mehr machen kann. Sport, den ich vorher gemacht habe zum Beispiel. Wie stark die Einschränkungen in Zukunft sein werden, kann ich noch nicht sagen.
„Ich wünsche mir politische Aufarbeitung“
Rechtsdepesche: Haben Sie Forderungen an die Politik?
Dörfler: Von der Politik wünsche ich mir, dass hier eine gewisse Aufarbeitung stattfindet. Es wird aber wahrscheinlich keine Aufarbeitung geben, weil es bestimmt Profiteure gab. Ich denke da nur an die Maskenaffäre. Da hört man nichts mehr von, es verläuft im Sand.
Ich bin maßlos enttäuscht, wie hier mit dem ganzen Thema umgegangen wird. Es wird viel um den heißen Brei herum geredet, kein Schuldiger wird genannt werden.
Der ganze Umgang, ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen, mit der Pandemie ist mehr als fragwürdig, und wirft für mich immer noch mehr Fragen als Antworten auf.
Bis hier mal Fehler eingeräumt werden, das kann lange dauern oder wird nie passieren. Das ist sehr, sehr schade und die Leittragenden sind die sogenannten Kollateralschäden.
Rechtsdepesche: Vielen Dank für das Gespräch und gute Genesung wünschen wir!