„Hygiene kostet Geld. Keine Hygiene kostet noch mehr Geld“, fasste Günther Mügge vom Bundeswehrkrankenhaus Hamburg die Diskussion zusammen. Hygiene müsse „im Gespräch sein. Wenn Hygiene im Keller stattfindet, funktioniert das nicht“, so die Hygienefachkraft. Birgit Trierweiler-Hauke vom Universitätsklinikum Heidelberg sagte, dass die Mitarbeiter täglich für das Thema Hygiene und Sicherheit begeistert werden müssten. „Dafür brauchen wir aber auch ausreichendes und gut geschultes Personal.“ Auch Prof. Dr. Sabine Wicker vom Universitätsklinikum Frankfurt setzt auf den Faktor Personal: Dieses müsse beim Thema Hygiene mitgenommen und bei den Prozessen und der Auswahl der eingesetzten Produkte miteinbezogen werden, so Wicker.
Dr. Christine Geffers, Oberärztin am Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité, stellte die aktuelle Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zur Prävention der nosokomialen Pneumonie vor. Die Empfehlung, die sich auf beatmte Patienten bezieht, spricht sich unter anderem für folgende Punkte aus:
- Beatmungsschläuche sollen nicht häufiger als alle 7 Tage gewechselt werden.
- Befeuchtersysteme sind – ob aktiv oder passiv – gleich gut. Kein System sei überlegen, so die KRINKO.
- Unter infektionspräventiven Gesichtspunkten gibt es keinen Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Absaugsystemen.
- Bei Patienten die mehr als 72 Stunden beatmet werden, sollten Endotrachealtuben zur subglottischen Sekretdrainage verwendet werden. Hierdurch können Lungenentzündungen verhindert werden, so Geffers.
- Wichtig sei auch die regelmäßige Mundpflege bei beatmeten Patienten mit antiseptischen Substanzen.
- Unklar ist hingegen die Rolle der Lagerung für die Prävention der beatmungsassoziierten Pneumonie. Die Hochlagerung des Oberkörpers isr nachweislich nicht besser. Die Lagerung des Patienten muss unter klinischen Gesichtspunkten festgelegt werden.
Einen Erfahrungsbericht zur Personalsituation im Bereich Hygiene gab Birgit Trierweiler-Hauke, Stationsleiterin und Mitglied der Hygienekommission der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Hygieneverordnungen der Bundesländer sehen Hygienebeauftragte in der Pflege vor. Das ist wichtig, so Trierweiler-Hauke, „denn Pflegende haben einen großen Einfluss auf die Hygienesituation auf der Station“. Von großer Bedeutung sei ein fundiertes Basiswissen der Hygiene in den Ausbildungsberufen. Hier sei aber nicht die Anzahl der Unterrichtsstunden entscheidend, „sondern die Art und Weise wie unterrichtet wird“, so die Expertin. Das erworbene Wissen müsse in der Praxis auch angewendet werden. Wichtig für eine nachhaltige Hygienequalität in der Pflege ist die Umsetzung der Händehygiene. Dazu gehören die Einbeziehung der Mitarbeiter in die Auswahl der Desinfektionsmittel, die leichte Verfügbarkeit der Mittel über Spender oder die Durchführung von Schulungen und gezielte Unterweisungen in die Händehygiene. Erfahrenes Personal müsse mit gutem Beispiel vorangehen und jüngere Kollegen überzeugen, so Trierweiler-Hauke. Denn: „Die Nachlässigkeit in der Händehygiene korreliert mit der Anzahl der Jahre im Beruf.“
Britta Siee, Krankenschwester in der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Magdeburg, berichtete über die Einrichtung eines IV-Teams zum professionellen Kathetermanagement in der Klinik. Anstelle der üblichen Venenverweilkatheter werden bei komplexen Infusionstherapien oder regelmäßigen Bluttransfusionen sogenannte „PICC-Lines“ von der Krankenschwester angelegt. Es handelt sich dabei um peripher gelegte zentrale Katheter, die über eine Armvene verlegt werden. Diese Katheter können bis zu drei Monaten liegen, sodass wiederholte Punktionen entfallen. Dadurch werden die Venen geschont und das Infektionsrisiko im Vergleich zu anderen zentralvenösen Kathetern verringert. Patienten können damit auch in die ambulante Pflege entlassen werden. PICC-Line ist allerdings nicht geeignet für schnelle Infusionen mit großem Volumen.
Die aktuelle Qualitätsorientierung in der politischen Diskussion hinterfragte Dr. Bernd Metzinger, Geschäftsführer des Dezernates für Personalwesen und Krankenhausorganisation der Deutschen Krankenhausgesellschaft kritisch. Er bezeichnete die Versorgungsqualität deutscher Kliniken als „nachgewiesen gut“. Qualitätsorientierte Vergütungssysteme wie „Pay for performance“ seien auf der Grundlage heutiger Qualitätsindikatoren nicht rechtssicher zu gestalten. Die Qualitätsoffensive der Koalition hält Metzinger insgesamt für ein Ablenkungsmanöver von der Finanzierungsdiskussion. „Die Diskussion um ‚Qualität‘ wird von Krankenkassen und Politik missbraucht zur Deckelung von Leistungsmengen“, so seine Kritik. Zudem konzentriere sich die Diskussion nur auf die Krankenhäuser, nicht auf die Vertragsärzte. Er plädierte für einen sektorenübergreifenden Ansatz in der Qualitätssicherung. Sinnvoll seien auch die stärkere Nutzung von Routinedaten in allen Verfahren der Qualitätssicherung sowie die stärkere Einbindung der Patientenperspektive.
Joachim Rösel vom BVMed-Mitgliedsunternehmen Pall GmbH medical stellte die Arbeit des Fachbereichs „Nosokomiale Infektionen“ im BVMed vor. Ziel der Initiative ist es, das Wissen, wie nosokomiale Infektionen vermieden werden können, weiterzutragen. Kernstück ist die Webseite unter www.krankenhausinfektionen.info, die Informationen und Grafiken zu den Themen Gefäßkatheter-assoziierte Infektionen, Wundinfektionen, Atemwegsinfektionen und Harnwegsinfektionen bietet. Ein besonderes Angebot ist das anschauliche Grafikmaterial, das für Präsentationen oder Schulungen kostenlos heruntergeladen werden kann. In einem nächsten Schritt wird das Thema „Infektiöse Darmerkrankungen“ aufbereitet.
Wie Infektionen bei Zentralen Venenkathetern (ZVK) verhindert werden können, zeigte Dr. Tanjew Stember von der Medizinischen Hochschule Hannover auf. ZVK-assoziierte Infektionen sind ein komplexes und schwerwiegendes Problem und können beispielsweise zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung führen. Zur Prävention sei ein Konzept aus mehreren Komponenten erforderlich, so Stember. Dazu gehört auch die Verwendung von antimikrobiell imprägnierten Zentralen Venenkathetern. „Sie stellen eine sinnvolle Ergänzung dar“, so der ärztliche Experte zu den modernen Medizinprodukten. Die Katheter sind entweder mit Antiseptika oder Antibiotika beschichtet. In der Intensivstation werden nur noch beschichtete ZVK eingesetzt. Diese medizintechnische Komponente sei aber nur ein Baustein im Gesamtkonzept und dürfe nicht dazu führen, dass Hygienemaßnahmen vernachlässigt werden. Stember betonte: „Die Händedesinfektion ist die wichtigste Maßnahme zur Prävention!“
Die Hygienefachkräfte Manuela Urbach und Günther Mügge vom Bundeswehrkrankenhaus Hamburg stellten die H2O2-Hygieneschleuse in dem Neubau des Bettenhauses vor. Ziel ist die Dekontamination von Räumen und medizinischem Material mit einer Kombination von konventionellen Verfahren wie Wischdesinfektion und neuartigen Methoden wie der H2O2-Dampf-Desinfektion durch die schlagartige Verdampfung von Wasserstoffperoxid. Der Dampf tötet die Bakterien im Raum ab. Die Hygieneschleuse ist dabei rückstandsfrei und hinterlässt nur Wasserdampf und Sauerstoff. Ein Zyklus umfasst die Schritte Geräte-Konditionierung, Begasung, Einwirkzeit sowie Belüftung und den katalytischen Abbau. In 13 Wochen wurden neben den Räumen auch die medizinischen Materialien in zwei Schleusenzimmern dekontaminiert. Das Ergebnis: „Die unmittelbare Auswertung der chemischen Indikatoren ergab ebenso wie die Auswertung der Bioindikatoren im mikrobiologischen Labor in allen Fällen eine erfolgreiche Bio-Dekontamination.“
Prof. Dr. Sabine Wicker, Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes des Universitätsklinikums Frankfurt am Main, stellte die im Juli 2013 in Kraft getretene Neufassung der Biostoffverordnung vor, mit der die Anforderungen der EU-Richtlinie zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe oder spitze Instrumente in medizinischen Einrichtungen in nationales Recht umgesetzt worden ist. Eine weitere Konkretisierung erfolgte durch die Neufassung der Technischen Regel TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“: Damit werden Arbeitgeber in medizinischen Einrichtungen verpflichtet, beim Umgang mit benutzten medizinischen Instrumenten und Geräten Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verletzungs- und Infektionsgefahr der Beschäftigten minimieren. Dabei ist ein integrierter Ansatz zur Minimierung des Risikos von Nadelstichverletzunge „unter Ausschöpfung aller technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen“ notwendig. Dies schließt Fragen der Arbeitsorganisation und die Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins sowie ein Verfahren für die Erfassung von Nadelstichverletzungen und die Durchführung von Folgemaßnahmen mit ein. Ist der Einsatz spitzer und scharfer medizinischer Instrumente notwendig, sind, insbesondere in Bereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung, „Arbeitsgeräte mit Sicherheitsmechanismen“ zu verwenden. Zur TRBA gehören zudem zahlreiche Anhänge beispielsweise mit Hinweisen für die Erstellung eines Hygieneplans, Erfahrungen beim Einsatz von Sicherheitsgeräten, ein Musterrücklaufbogen zur Evaluierung sicherer Instrumente oder ein Beispiel für einen „Erfassungs- und Analysebogen Nadelstichverletzung“. An Praxisbeispielen erläuterte Prof. Wicker abschließend die enormen psychischen Belastungen, die mit einer Nadelstichverletzung einhergehen können. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass bis zu 80 Prozent der Stichverletzungen nicht gemeldet werden.