Lebenserwartung
In Baden-Württem­berg lebt es sich am längs­ten Bild: Desirée Gorges

Schaffe, schaffe, Häusle baue. Kehrwo­che. Der Hunger treibt’s rein, der Geiz behält’s drin – die Schwa­ben sind bekannt für Ehrgeiz, Fleiß und Sparsam­keit.

Und jetzt auch noch für das: Die Schwa­ben haben mit 81,5 Jahren die höchste Lebens­er­war­tung in Deutsch­land, was ihr „Ländle“ zu einer sogenann­ten „Blue Zone“ macht.

Zu dieser Schluss­fol­ge­rung kommt eine Analyse des Unter­neh­mens Space­gar­den, welches nach eigenen Angaben Vorrei­ter in der Erfor­schung und Förde­rung von Langle­big­keit ist und Nahrungs­er­gän­zungs­mit­tel vertreibt.

Was sind „Blue Zones“?

Als Blue Zones werden Regio­nen bezeich­net, in denen Menschen beson­ders lange und gesund leben. Die japani­sche Insel Okinawa, auf der es zum Beispiel ein Dorf der 100-Jähri­gen gibt, die griechi­sche Insel Ikaria, die italie­ni­sche Insel Sardi­nien, die Halbin­sel Nicoya in Costa Rica und Loma Linda in Kalifor­nien gelten als Blue Zones.

Der gemein­same Nenner, der die grund­ver­schie­de­nen Orte zur blauen Zone erklärt: eine gesunde Lebens­weise mit pflan­zen­ba­sier­ter Ernäh­rung, modera­ter Kalorien­zu­fuhr, wenig Tabak und Alkohol, regel­mä­ßi­ger Bewegung und starken sozia­len Bindun­gen. Bei den meisten Blue Zones handelt es sich zudem um eine Insel.

In Deutsch­land verkör­pert das „Ländle“ nun diese Insel, denn im überge­ord­ne­ten „Bundes­ländle“ Baden-Württem­berg werden die Menschen im Durch­schnitt 0,5 Jahre älter als in Bayern, der zweit­plat­zier­ten deutschen Blue Zone mit einer Lebens­er­war­tung von 81 Jahren. Im Vergleich mit Bremen, welches mit 79,5 Jahren den letzten Platz belegt, leben Menschen in Baden-Württem­berg 2 Jahre länger.

Die übrigen Bundes­län­der liegen mit einer durch­schnitt­li­chen Lebens­er­war­tung von 79,8 bis 80,8 Jahren dazwi­schen. In einem Update zur Analyse weist Space­gar­den aber darauf hin, dass die Lebens­er­war­tung seit 2023 generell wieder ansteigt.

Lebenserwartung
Das Max-Planck-Insti­tut bestä­tigt, dass die als „Blue Zones“ Diät dekla­rierte Ernäh­rungs­weise einen nachweis­bar positi­ven Einfluss auf die Lebens­er­war­tung haben kann Bild: Desirée Gorges

„Blue Zones“ – nur ein Marke­ting-Begriff?

Der Begriff Blue Zones ist vor knapp 20 Jahren entstan­den. Er geht zurück auf den Journa­lis­ten und Langle­big­keits-Exper­ten Dan Buett­ner, der das Konzept inzwi­schen kommer­zi­ell vermark­tet, zum Beispiel in Form von Kursen, Lebens­mit­teln und mehre­ren Blue Zones Büchern. Nicht zuletzt deshalb stehen Blue Zones mittler­weile auch in der Kritik.

„Es wird bemän­gelt, dass die Daten zu Lebens­er­war­tung und Gesund­heit in diesen Regio­nen nicht immer zuver­läs­sig oder gut dokumen­tiert sind“, schreibt das Max-Planck-Insti­tut für Biolo­gie des Alterns dazu. Die genutz­ten Daten reich­ten in der Regel nicht aus, um wissen­schaft­lich gesicherte Aussa­gen zu treffen.

Auch sei die Lebens­er­war­tung auf Okinawa inzwi­schen niedri­ger als auf dem japani­schen Festland – was aber durch­aus verän­der­ten, westlich gepräg­ten Ernäh­rungs­ge­wohn­hei­ten zugeschrie­ben wird.

Das Max-Planck-Insti­tut bestä­tigt, dass die als „Blue Zones“ Diät dekla­rierte Ernäh­rungs­weise einen nachweis­bar positi­ven Einfluss auf die Lebens­er­war­tung haben kann. Diese Erkennt­nis besteht aber schon länger als das Blue Zones Konzept, ebenso die mediter­rane Diät, von der sich die „Blue Zones“ Diät nicht wesent­lich unter­schei­det.

„Blue Zones“ mit Überge­wicht

Die Analyse von Space­gar­den, welche Baden-Württem­berg zur deutschen Blue Zone Nummer 1 erklärt, basiert auf Statis­ti­ken, die Gesund­heit, Einkom­men und Bevöl­ke­rungs­dichte der Bundes­län­der betrach­ten.

Für den Faktor Gesund­heit wurde der Body Mass Index (BMI) zugrunde gelegt und so das Überge­wicht in den Bundes­län­dern vergli­chen. Erkennt­nis: Je niedri­ger der Anteil an Überge­wich­ti­gen, desto höher die Lebens­er­war­tung.

In Baden-Württem­berg sind demnach mit 53,4 Prozent etwas mehr als die Hälfte überge­wich­tig, in Bremen mit 57 Prozent noch ein paar mehr.

Dem Zusam­men­hang von Lebens­er­war­tung und Einkom­men wurde über das Brutto­in­lands­pro­dukt (BIP) nachge­gan­gen. Zwischen dem BIP Baden-Württem­berg und dem BIP Bremen besteht mit jeweils 45.700 Euro jedoch kein Unter­schied.

Der große Unter­schied bei der Bevöl­ke­rungs­dichte ist im Vergleich mit den anderen Bundes­län­dern nach Ansicht der Autoren nicht signi­fi­kant genug, um eine höhere Lebens­er­war­tung daraus abzulei­ten. Sie beträgt in Baden-Württem­berg 311 Einwoh­ner und in Bremen 1.695 Einwoh­ner pro Quadrat­ki­lo­me­ter.

Gesun­des Vorbild Baden-Württem­berg?

Darüber hinaus werden Baden-Württem­berg und Bremen in weite­ren Punkten ohne weitere Ausfüh­rung einan­der gegen­über­ge­stellt, zum Beispiel der Anteil der Bevöl­ke­rung über 65 Jahre, die Demenz­prä­va­lenz oder der durch­schnitt­li­che BMI.

Überra­schend: Baden-Württem­berg weist mit durch­schnitt­lich 25,3 zwar einen gerin­ge­ren BMI auf als Bremen mit 26,2. Per Defini­tion gilt ein BMI ab 25 aber bereits als Überge­wicht.

„Unsere Analyse zeigt deutlich, dass Baden-Württem­berg die Blue Zone Deutsch­lands ist, in der die Menschen am ältes­ten werden. Die Lebens­weise dieser Region dient als Vorbild für ein langes und gesun­des Leben“, erklärt der Geschäfts­füh­rer der Blue Zones Tech GmbH in der Presse­mit­tei­lung von Space­gar­den.

Betont wird zwar auch die Bedeu­tung von gesun­der Ernäh­rung, Bewegung und sozia­len Netzwer­ken. Wie das in den Bundes­län­dern konkret aussieht, bleibt aller­dings offen. Vielleicht spielen beim Spitzen­rei­ter Baden-Württem­berg ja tatsäch­lich die schwä­bi­schen Eigen­schaf­ten eine Rolle: Wer schafft, bleibt in Bewegung, wer kehrt, hat sozia­len Kontakt und wer spart, hat Geld übrig, um Nahrungs­er­gän­zungs­mit­tel zu kaufen.

FAQ

Was sind sogenannte „Blue Zones“?

Blue Zones sind Regio­nen, in denen Menschen beson­ders lange und gesund leben, zum Beispiel auf der japani­schen Insel Okinawa, der Halbin­sel Nicoya in Costa Rica oder der italie­ni­schen Insel Sardi­nien.

Warum werden „Blue Zones“ kriti­siert?

Der Begriff Blue Zones wurde von dem Journa­list Dan Buett­ner geprägt und wird mittler­weile kommer­zi­ell von ihm vermark­tet, zum Beispiel mit Büchern. Kriti­siert werden die Zuver­läs­sig­keit und Quali­tät der Daten und die wissen­schaft­li­che Aussa­ge­kraft, nicht aber die propa­gierte gesunde Lebens­weise an sich.

Was haben „Blue Zones“ mit Ernäh­rung zu tun?

Die Ernäh­rungs­weise der sogenann­ten Blue Zones Diät ähnelt der mediter­ra­nen Ernäh­rung. Der positive Effekt auf die Lebens­er­war­tung ist nachweis­lich gegeben und schon wesent­lich länger bekannt als das Blue Zones Konzept.

Fazit

Blue Zones ist ein kommer­zi­ell etablier­ter Begriff, der für eine Lebens­weise steht, die ein langes und gesun­des Leben fördert. Der Nahrungs­er­gän­zungs­mit­tel-Anbie­ter Space­gar­den greift das Konzept der Blue Zones auf und adaptiert es auf die deutschen Bundes­län­der.

Ein Bezug ergibt sich aller­dings nur aus der durch­schnitt­li­chen Lebens­er­war­tung und Fakto­ren wie Überge­wicht, Einkom­men und Bevöl­ke­rungs­dichte. Wie die gesunde Lebens­weise in den deutschen Blue Zones konkret aussieht, bleibt offen.

Quellen: Space­gar­den, Focus, Max-Planck-Insti­tut