„Sechsunddreißig Grad, und es wird noch heißer…“: Weit früher als gedacht, sogar noch kurz vor Beginn des kalendarischen Sommers überhaupt, ist dies in weiten Teilen Deutschlands bereits wieder Realität geworden. In der Spitze über 39 Grad, ein Rekordwert für dieses Datum, wurden am vergangenen Samstag, 19. Juni, im brandenburgischen Cottbus gemessen – im Westen von Deutschland war es nur unwesentlich „kühler“.
Während ein Großteil der Bevölkerung das hochsommerliche Wetter genießt und die Freibäder, Eiscafés, Biergärten und Wasserspielplätze der Republik einen Ansturm erleben, besteht für hochbetagte sowie körperlich geschwächte Menschen wieder höchste Gefahr.
Studie: Zweiwöchige Extremhitze 2003 führte europaweit zu rund 45.000 zusätzlichen Toten
Denn Hitzewellen führen erwiesenermaßen zu mehr Todesfällen unter ihnen: So führten die extremen Temperaturen, die von Anfang bis Mitte August 2003 – inmitten des ohnehin rekordverdächtigen damaligen „Jahrhundertsommers“ – in Europa herrschten, laut einer gemeinsamen französisch-schweizerisch-belgischen Studie zu schätzungsweise 45.000 zusätzlichen Todesfällen in Europa, davon rund 3.500 in Deutschland.
Und längst nicht jede Senioren-Einrichtung ist, auch bedingt durch ihr Alter, baulich und gebäudetechnisch auf hohe Temperaturen eingestellt – und verfügt etwa über eine Klimaanlage, eine geeignete Wärmedämmung oder passive Schutzmaßnahmen wie Sonnensegel oder zumindest Raum-Ventilatoren.
Zudem neigen ältere Menschen, aufgrund ihres schwächer ausgeprägten Durstgefühls, oft dazu, unbewusst zu wenig Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Was deren Gefahr, einem hitzebedingten Ausfall von Körperfunktionen zu erliegen, deutlich erhöht.
Brysch: „Hitzeleiden der 810.000 Pflegebedürftigen in den Heimen beenden!“
Deutschlands oberster Patientenschützer, Eugen Brysch, schlägt angesichts der wieder aktuellen Problematik nun Alarm: „Die Politik ist gefordert, das Hitzeleiden der 810.000 Pflegebedürftigen in den Heimen zu beenden“, sagte er dem „Spiegel“.
Man habe die Zeit seit den vergangenen Hitzesommern, wie dem durch die ungewöhnlich lange Dürreperiode gekennzeichneten Sommer 2018 oder den mit niemals zuvor gemessenen Temperatur-Extremwerten von bis zu 41,2 Grad Celsius aufwartenden Sommer 2019, ungenutzt verstreichen lassen, kritisiert der Vorsitzende der „Stiftung Patientenschutz“.
„Wieder ist ein Jahr vergangen, und die Öffentlichkeit merkt kaum, dass alte Menschen in den Heimen weitestgehend schutzlos den hohen Temperaturen ausgesetzt sind.“ Neue Pflegeheime müssten ab sofort mit baulichen Schutzmaßnahmen ausgerüstet sein; ältere Gebäude spätestens in drei Jahren nachgerüstet werden.
Viele kleine Maßnahmen können unterstützen
Jedoch können Senioren- und Pflegeheime ihren Bewohnerinnen und Bewohnern auch anderweitig – außerhalb von teuren Umrüstungen und Sanierungen – das Leben im Hochsommer etwas erleichten: indem man das sommerliche Wetter elegant in den Tagesablauf und die Aktivitäten einbaut. Etwa mit geselligem Draußensitzen im schattigen Innenhof, sowie der Gabe von leckeren kühlen Getränken, erfrischendem Obst und Eis, wie es das gelungene Beispiel aus einem Seniorenheim in Kaiserslautern demonstriert.
Außerdem sind das Schließen von Jalousien und Vorhängen, das Verteilen von kühlen Handtüchern für die Bewohnerschaft sowie das kontrollierte Durchlüften in den frühen Morgenstunden, weitere geeignete Tipps, um das Hitzeleiden zu lindern.
Zielgruppengerechte Ansprache über die Tücken von Hitzewellen
Auf kommunaler Ebene richten sich mehrere Städte gezielt an Seniorinnen und Senioren, um sie auf die möglichen Hitze-Gefahren hinzuweisen: So gibt es immer mehr „Hitze-Aktionspläne“, die gezielt Menschen ab 65 Jahren ansprechen sollen. Neben beispielsweise Frankfurt/Main, Erfurt und Mannheim gibt es ein solches Programm seit 2019 auch in Köln.
Gerade Großstädte sind aufgrund ihrer dichten Besiedelung und Versiegelung im Sommer besonders von Temperatur-Extremwerten betroffen – und insbesondere die Kölner Innenstadt ist für ihre sommerlichen Hitzestaus und „tropischen Nächte“ ohne nennenswerte Abkühlung bekannt.
In einer groß angelegten Informationskampagne trat die Stadt dabei an die Öffentlichkeit und richtete sich gezielt an Senioren, um sie für das Thema Hitzeschutz zu sensibilisieren. Sogar ein eigenes, recht amüsantes Kampagnen-Lied gab es zur Kampagne (auf Kölsch, aber mit Untertitel ;-).
Weitergehende Hinweise
Weitere Informationen und Tipps, sowohl für den Haus- als auch den „Pflege-Gebrauch“, gibt es unter anderem hier:
- Dossier zu Hitze-Folgekrankheiten des Robert Koch-Instituts (RKI).
- Die Tipps zum Umgang mit Hitzewellen hier auf Rechtsdepesche Online.