Gütezeichen
Gütezei­chen made in Germany: Faire Anwer­bung Pflege Deutsch­land setzt Quali­täts­stan­dards und bietet Sicher­heit. Bild: Desiree Gorges

Mit Joban­ge­bot, Bewer­bungs­ge­spräch und Arbeits­ver­trag ist es nicht getan: Bei der Anwer­bung von Pflege­fach­kräf­ten aus dem Ausland geht es auch um das Lernen einer neuen Sprache, um Bürokra­tie und höhere Kosten, um kultu­relle Unter­schiede und um Integra­tion. Das Gütezei­chen Faire Anwer­bung Pflege Deutsch­land wurde geschaf­fen, um inter­es­sier­ten Fachkräf­ten aus Ländern, die nicht zur EU oder EWR gehören, einen fairen und trans­pa­ren­ten Anwer­be­pro­zess auf Augen­höhe zu garan­tie­ren.

Das versteht sich leider nicht immer von selbst, denn auf dem Markt agieren auch schwarze Schafe, die mit unethi­schen Geschäfts­prak­ti­ken Schaden anrich­ten – zum Nachteil der angewor­be­nen Menschen und langfris­tig auch zum Nachteil Deutsch­lands, wenn es für die dringend benötig­ten Fachkräfte als Einwan­de­rungs­land immer mehr an Attrak­ti­vi­tät verliert. So erfüllt das Gütezei­chen auch inner­halb Deutsch­lands einen wichti­gen Zweck, denn es fördert die breite Einfüh­rung und Einhal­tung hoher Quali­täts­stan­dards bei der privat­wirt­schaft­lich organi­sier­ten Anwer­bung und Vermitt­lung von Pflege­fach­per­so­nal aus dem Ausland.

Staat­lich garan­tierte Vertrau­ens­wür­dig­keit

Das Gütezei­chen kommt von hoher Stelle: Es wurde entwi­ckelt vom Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit und ist in einem eigenen Gesetz zur Siche­rung der Quali­tät der Gewin­nung von Pflege­kräf­ten aus dem Ausland veran­kert. Es wird von der Gütege­mein­schaft Anwer­bung und Vermitt­lung von Pflege­kräf­ten aus dem Ausland beim Kurato­rium Deutsche Alters­hilfe (KDA) an selbst­an­wer­bende Kranken­häu­ser, Pflege­ein­rich­tun­gen und Perso­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­men verge­ben.

„Auch zwei Jahre nach den ersten Ertei­lun­gen können wir von einem großen Inter­esse an der Auszeich­nung mit dem Quali­täts­sie­gel für Anwer­be­pro­zesse von Pflege­fach­per­so­nen aus Dritt­staa­ten sprechen“, betonte Helmut Kneppe, Vorsit­zen­der der Gütege­mein­schaft, kürzlich in einer Mittei­lung. Kranken­häu­ser und Pflege­ein­rich­tun­gen würden vermehrt bei den priva­ten Perso­nal­ver­mitt­lern anfra­gen, ob sie das Gütezei­chen tragen, da eine Zusam­men­ar­beit sonst nicht möglich sei.

Ohne Aufwand geht es nicht

Im Inland scheint sich das Gütezei­chen demnach gut etabliert zu haben. An 54 Unter­neh­men wurde es seit der Einfüh­rung im Jahr 2022 verge­ben. Es ist freiwil­lig und muss beantragt werden. Das Nutzungs­recht ist begrenzt, nach zwei Jahren müssen die Träger eine Verlän­ge­rung beantra­gen und sich somit erneut der stren­gen Prüfung unter­zie­hen.

Gütezeichen
Der rund 20 Seiten umfas­sende Anfor­de­rungs­ka­ta­log basiert auf 6 Prinzi­pien. Die zu erfül­len­den Krite­rien sind in drei Gütebe­rei­che unter­teilt und enthal­ten insge­samt 36 Indika­to­ren, die Infor­ma­tio­nen zur Erwerbs­mi­gra­tion, Unter­neh­mens­ver­ant­wort­lich­keit und Trans­pa­renz im Vermitt­lungs­pro­zess betref­fen. Bild: Desiree Gorges

„Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass sowohl der finan­zi­elle als auch der zeitli­che Aufwand zur Erlan­gung des Gütesie­gels nicht unerheb­lich sind“, schreibt die Vivan­tes Forum für Senio­ren GmbH auf Anfrage von Rechts­de­pe­sche. Jedoch lohnten sich diese Inves­ti­tio­nen, denn das Gütesie­gel gelte als Nachweis für die Einhal­tung fairer, ethisch korrek­ter und trans­pa­ren­ter Anwer­be­pro­zesse sowohl auf Arbeit­ge­ber- als auch auf Perso­nal­ver­mitt­ler­seite.

Das Unter­neh­men trägt das Gütezei­chen seit zwei Jahren und ist Mitglied der Gütege­mein­schaft, welche sich als Zusam­men­schluss beson­ders quali­täts­be­wuss­ter Unter­neh­men beschreibt. Für Vivan­tes ist das Gütesie­gel „von großer Bedeu­tung“, weil es Engage­ment und Fairness bestä­tigt und auch intern ein Quali­täts­merk­mal bietet, um eigene Arbeits­pro­zesse zu prüfen und zu optimie­ren.

Optimie­rung im laufen­den Prozess

Laufen­des Optimie­rungs­po­ten­zial bieten auch die Gütebe­stim­mun­gen selbst. „Die Gütege­mein­schaft ist auf dem richti­gen Weg“, schreibt Leon Bauer von der Onea Care GmbH, einer Gütezei­chen­trä­ge­rin der ersten Stunde. Das Unter­neh­men zählt zu den Gründungs­mit­glie­dern der Gütege­mein­schaft. Bauer selbst sitzt im Vorstand und sagt, dass es noch viel zu optimie­ren gibt und Standards aus der Indus­trie heraus entwi­ckelt werden müssen.

Im Ausland ist das Gütezei­chen seiner Erfah­rung nach vor allem in Brasi­lien bekannt, in anderen Ländern dagegen kaum. Während sich sein eigenes Unter­neh­men nicht „großar­tig auf die Prüfung vorbe­rei­ten“ musste, weil es schon sehr trans­pa­rent und prozess­ori­en­tiert arbei­tet, kann er sich „durch­aus vorstel­len, dass es für kleinere oder anders aufge­stellte Agentu­ren schwie­ri­ger ist.“

Ein anderer Befür­wor­ter des Gütezei­chens, der nicht nament­lich genannt werden möchte, bestä­tigt, dass der Zeitauf­wand für Prüfung und Vorbe­rei­tung „nicht ohne“ aber nötig sei, wenn man es seriös machen wolle. Ein Spannungs­feld sieht er bei den Kosten.

Kosten­fak­tor für Perso­nal­ver­mitt­ler und Pflege­fach­kräfte

Einrich­tun­gen und Perso­nal­ver­mitt­ler, die das Gütezei­chen beantra­gen, müssen Gebüh­ren zahlen: 5.100 Euro pro Prüfung und eine jährli­che Nutzungs­ge­bühr. Diese beträgt für Mitglie­der der Gütege­mein­schaft 600 Euro, Nicht­mit­glie­der zahlen 1.200 Euro. Doch dabei bleibt es nicht.

Faire Anwer­bung Pflege Deutsch­land folgt dem Employer-Pays-Prinzip. Demnach sollten den angewor­be­nen Fachkräf­ten im Rahmen der Anwer­bung keine Kosten entste­hen, sondern diese grund­sätz­lich vom zukünf­ti­gen Arbeit­ge­ber getra­gen werden. In bestimm­ten Fällen sind gemäß Gütebe­stim­mun­gen aber auch Rückzah­lungs­klau­seln zuläs­sig.

Der nicht nament­lich genannte Befür­wor­ter bemän­gelt die aus seiner Sicht gängige Praxis von einigen Unter­neh­men einen Eigen­an­teil von den Pflege­kräf­ten einzu­for­dern. Auch wenn die Rückzah­lung trans­pa­rent gemacht und die Pflege­kräfte ausdrück­lich zustim­men müssten, sei für ihn nicht klar: „Wie soll das eine Fachkraft im Ausland beurtei­len?“

Er plädiert für eine offene Diskus­sion, eine Verschär­fung der Gütebe­stim­mun­gen in dieser Hinsicht lehnt er aber ab. Im Zweifels­fall könnte das dazu führen, dass das Gütezei­chen nicht mehr beantragt wird und an Wirkkraft verliert. Am Ende zeigen auch diese Weiter­ent­wick­lun­gen des Gütezei­chens, für was es selbst steht: Fairness und Trans­pa­renz.

Quelle: KDA, Faire Anwer­bung Pflege Deutsch­land, Anfor­de­rungs­ka­ta­log Gütezei­chen