Wer an die Grünen denkt, denkt in erster Linie an Klimaschutz. Doch die Grünen sind längst viel mehr als das. Was die Grünen zu den Themen Bezahlung, Gesundheitsförderung und Pflege fordern und umsetzen wollen, haben wir mit Blick auf das Wahlprogramm einmal zusammengefasst.
„Wir werden uns zuerst dem Thema widmen, das Pflegekräfte am stärksten rumtreibt: Arbeitsbedingungen. Wir brauchen eine angemessene Personalausstattung, eine bessere Bezahlung sowie mehr Handlungs- und Gestaltungsspielraum. Wir wollen für Pflegekräfte einen Platz an den Tischen schaffen, an denen über unsere Gesundheitsversorgung entschieden wird. Die Professionalisierung der Pflege mit aufeinander aufbauenden Karrierepfaden ist mir ein persönliches Anliegen. Und nicht zuletzt bieten wir mit unserer doppelten Pflegegarantie eine Lösung an, mit der wir uns auch als Gemeinschaft endlich bedarfsgerechte Pflege für alle leisten können.“
Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der grünen Bundestagsfraktion./cite>
Aus Pandemie lernen, für Zukunft gewappnet sein
Die Coronapandemie habe einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, auch für zukünftige Krisenzeiten gut gewappnet zu sein. Aus diesem Grund stehen die Grünen für eine Politik, die sich die gesundheitliche Versorgung als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen zum Ziel setzt. Durch geeignete Präventions- und gesundheitsfördernde Maßnahmen soll der Bevölkerung auch in möglichen zukünftigen Pandemiezeiten ein sicherer Gesundheitsschutz gegeben werden.
Um mögliche Pandemien zu bekämpfen gehen die Grünen in eine umfassende Analyse des bisherigen Pandemiemanagements. Mehr Digitalisierung, eine bessere Notfallversorgung, verbindliche Stufen zur Pandemieeindämmung im Infektionsschutzgesetz, ein Pandemierat und aktualisierte Pandemieschutzpläne stehen auf der grünen Agenda für ein zukünftiges Pandemie- und Krisenmanagement.
Darüber hinaus sollen politische Entscheidungen zum Pandemiemanagement transparenter kommuniziert werden. Die Grünen setzen sich ebenfalls für weitere Investitionen in die Gesundheitsforschung, sowie die Entwicklung von neuen Medikamenten, Impfstoffen und Testverfahren ein, um in Zukunft besser gewappnet zu sein.
Gesundheitsversorgung für jedermann
Um die Gesundheitsversorgung für die komplette Bevölkerung zu gewährleisten, wollen die Grünen die Gesundheitsämter, beziehungsweise den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken. Dafür soll ein neu zu schaffendes Bundesinstitut für Gesundheit gemeinsame und langfristige Gesundheitsziele formulieren, sowie die Qualität und Koordination der Gesundheitsdienste sichersetellen.
Des Weiteren bezieht sich ein großer Aspekt des Wahlprogramms auf umfangreiche Versorgungsangebote sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Die Primärversorgung druch Ärzte, Hebammen und weitere Berufsgruppen soll etwa durch die übergreifende Organisation von stationären und ambulanten Pflegestatuten ausgebaut und gestärkt werden.
Durch eine Reform der Notfallversorgung und eine Zusammenführung der Notrufnummern 112 und 116117, sowie der Verzahnung von ambulanten und stationären Versorgungsmöglichkeiten in Notfallzentren soll eine Behandlung in Notfallsituationen für jeden einfacher zugänglich sein.
Krankenhäuser sollen zudem nach ihrem gesellschaftlichem Auftrag finanziert werden. Finanzielle Engpässe und dadurch entstehende Einbußen am Personal oder sogar am Patientenwohl sollen verhindert werden. Hierfür wollen die Grünen ein neues Finanzierungssystem entwickeln. Eine verbindliche Landeskrankenhausplanung, welche die verschiedenen Versorgungsinteressen nach Grund‑, Schwerpunkt- und Maximalversorgung definiert, soll dabei helfen, dass Entscheidungen in Zukunft nur noch zu Gunsten des Patientenwohls getroffen werden.
Eine solidarische Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege soll für jeden Bürger die gleiche Chance auf eine schnelle und unkomplizierte Versorgung gewährleisten. Derzeit ist es häufig so, dass gesetzlich Versicherte sehr lange auf einen Arzttermin warten müssen, während Privatpatienten häufig mit den hohen Gebühren zu kämpfen haben. Mit einer einheitlichen Regelung soll vor allem auch Menschen mit psychischen Erkrankungen geholfen werden, für die eine schnelle ärztliche Hilfe von großer Wichtigkeit ist.
Die Stärkung der Patientenrechte findet sich nicht selten im Wahlprogramm der Grünen wieder. Patienten sollen als Beteiligte im Gesundheitswesen gelten, selbstbestimmter agieren dürfen und durch Patienten- und Versichertenvertretungen in den Gremien des Gesundheitssektors eine mächtigere Stimme erhalten.
Weitere Aspekte des Wahlprogramms betreffen:
- die Verbesserung der Geburtshilfe und Palliativpflege sowie selbstbestimmtes Sterben
- die Bekämpfung von Diskriminierung am Arbeitsplatz und von pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung oder LGBTQ+-Angehörigkeit.
Pflege verbessern, Pflegebedürftige absichern
Besonders die ambulante Pflege soll durch die Grünen in Zukunft gefördert werden. Grund dafür ist, dass jeder Mensch, abhängig von seinen Gegebenheiten vor Ort, seinen individuellen und biografischen Hintergründen, an seine Bedürfnisse angepasste Pflegeangebote erhalten soll. Dafür brauche es mehr ambulante Wohn- und Pflegeformen anstelle weiterer Großeinrichtungen.
Nur so könne man pflegebedürftige Menschen weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilnehmen lassen. Man wolle aus diesem Grund die rechtlichen Rahmenbedingungen für Quartierspflege schaffen, Kommunen sollen zudem von sich aus verbindliche Pflegebedarfsplanungen vornehmen dürfen.
Der größte Abschnitt des Wahlprogramms umfasst die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege und Gesundheitsversorgung. Dafür brauche es vor allem drei Dinge: Mehr Lohn, mehr Personal und mehr Zeit. Durch ein bedarfsgerechtes Personalbemessungssystem und neue Arbeitszeitmodelle, wie etwa die 35-Stunden-Woche, sollen Pflegekräfte Familie und Beruf besser in Einklang bringen können.
Der Abbau von unnötiger Bürokratie und mehr Eigenverantwortlichkeit bei der Pflege und Zeiteinteilung sollen dafür sorgen, den Beruf für Einsteiger und erfahrene Pflegekräfte attraktiver zu gestalten. Dabei helfen sollen digitale Tools, wie die elektronische Patientenakte, sowie maschinelle Unterstützung bei Arbeitsaufgaben durch moderne Robotik und Telemedizin.
Um psychischen und körperlichen Überlastungen vorzubeugen sollen etwaige Ausnahmeregelungen aus dem Arbeitszeitgesetz eingeschränkt werden. Dazu fordern die Grünen die Unterstützung von Pflegekräften durch psychosoziale Experten, die bei traumatischen Erfahrungen aus dem Berufsalltag zur Seite stehen.
Zudem setzen sich die Grünen dafür ein, dass es in der Pflege weitestgehend Tarifverträge geben soll, die höhere Löhne garantieren. Auch die soziale Pflegeversicherung soll sich zukünftig nur noch auf Pflegeanbieter beschränken, die nach Tarifvertrag bezahlen.
Pflegebedürftige Menschen sollen die Leistungen erhalten die sie brauchen, und zwar ohne dadurch Gefahr zu laufen, in Armut zu verfallen. Eine doppelte Pflegegarantie soll die Eigenanteile senken und dauerhaft deckeln. Die zu erbringenden Pflegekosten sollen verlässlich planbar sein, darüber hinausgehende Kosten von der Pflegeversicherung getragen werden. Mit einer solidarischen Pflege-Bürgerversicherung wollen die Grünen dafür sorgen, dass sich alle mit einkommensabhängigen Beiträgen an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen
Weitere Programmpunkte sind:
- die Förderung der Pflegeausbildung und des Pflegestudiums
- größere Einflussmöglichkeiten der Pflege, Stärkung ihrer Strukturen auf Bundesebene, etwa durch eine mögliche Bundespflegekammer, stärkeres Mitspracherecht im Gemeinsamen Bundesausschuss
Die Grünen: Löhne und Arbeitsbedingungen verbessern
Unabhängig von der Pflege wollen die Grünen den Mindestlohn umgehend auf 12 Euro erhöhen und anschließend stufenweise weiter steigern. Dies gilt auch für Leiharbeiter. In Krisenzeiten sollen Arbeitnehmer ein verlässliches Mindestkurzarbeitergeld beziehen können.
Insgesamt soll es mehr Tarifverträge geben, um Beschäftigte in Berufen mit hohen Belastungen zu unterstützen und ihnen mehr Freizeit, flexible Arbeitszeiten und digitale Arbeitsmöglichkeiten bieten. Die besseren Arbeitsbedingungen sollen auch für zugewanderte Arbeitskräfte aus Europa gelten und sind dabei Gender-neutral, getreu dem Motto: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Quelle: Bündnis 90/Die Grünen