Der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) fordert mehr Rechtssicherheit für die Tätigkeit von Notfallsanitätern. Konkret geht es dabei um den Einsatz invasiver Maßnahmen, die durch das Heilpraktiker- und Betäubungsmittelgesetz ausschließlich Ärzten vorbehalten sind. Gleichwohl wird der Einsatz dieser Maßnahmen aber explizit durch das 2014 in Kraft getretene Notfallsanitätergesetz eingefordert, um Leben von Patienten zu retten und Folgeschäden zu vermeiden.
Zu invasiven Maßnahmen gehören beispielsweise die Linderung von starken Schmerzen, die Behandlung schwerster Atemnot und auch die Regulierung des Blutzuckers, die Behandlung mit Sauerstoff oder auch erweiterte Wiederbelebungsmaßnahmen.
Werden diese Maßnahmen bei entsprechender Indikation nicht durchgeführt, können sich Notfallsanitäter wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen – in solchen Fällen bewegen sie sich also nahezu täglich in einem rechtsfreien Raum. Häufig treten die Notfallsanitäter noch vor dem Notarzt ein. Bislang wird die Problematik häufig im Rahmen des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) gelöst. Voraussetzung dafür ist, dass der Zustand des Patienten derart bedrohlich ist, dass das Warten auf den Notarzt nicht möglich ist.
Der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst startete Protestaktion
Im Kampf um mehr Rechtssicherheit für Notfallsanitäter hat der DBRD daher Anfang Juni seine mehr als 9.000 Verbandsmitglieder sowie weitere Rettungsdienstmitarbeiter, Ärzte und andere Unterstützer dazu aufgerufen, eine Protestpostkarte oder Protest-E-Mail an die CDU-Mitglieder des Gesundheitsausschusses zu schicken. „Wir brauchen keinen Applaus in Krisenzeiten, sondern endlich die notwendige und längst überfällige Unterstützung, um diesen tollen Beruf rechtssicher ausüben zu können, so wie jeder andere Berufstätige auch“, so Marco K. König, 1. Vorsitzender des DBRD.
Im November 2019 ging zudem das YouTube-Video „Der Krankenwagenbelademeister“ viral, in dem ein Sanitäter, darin „Felix Peter“ genannt seinen Frust über genau diese Problematik mit Gesang und Ukelele zum Ausdruck brachte, worauf er auch prompt eine musikalische Antwort von „Doc Caro“ bekam.
Ärzteverbände sehen Kompetenzerweiterung kritisch
Die unbegrenzte Übergabe (Substitution) dieser ärztlichen Tätigkeiten auf Notfallsanitäter wird von ärztlichen Interessenvertretern allerdings stark kritisiert. So erklärte beispielsweise die Bundesärztekammer in einer Stellungnahme vom 30. Januar 2013, dass sie sich zwar deutlich für die Schaffung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen für Notfallsanitäter ausspreche.
Dem Gesetz zufolge dürften Notfallsanitäter jedoch diese heilkundlichen Tätigkeiten zeitlich unbegrenzt ausführen, also nicht nur um bis zum Eintreffen des Notarztes einer Verschlechterung der Situation der Patienten vorzubeugen. Dies würde zur Überforderung der Notfallsanitäter führen und sei ihrem Ausbildungsgrad (auch nach der Ausbildungsverlängerung auf drei Jahre) nicht entsprechend.
Selbst Ärzte würden diese Maßnahmen insbesondere bei Notfallpatienten erst nach zusätzlicher Qualifikation und mehrjähriger Berufserfahrung durchführen. In dieser Kompetenzerweiterung sehe die Kammer keine Lösung für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der notfallmäßigen Patientenversorgung.
Bayern: Bestimmte ärztliche Tätigkeiten dürfen übernommen werden
Seit dem 1. Dezember 2019 dürfen in Bayern bestimmte ärztliche Aufgaben von Notfallsanitätern übernommen werden. So dürften sie beispielsweise bei vorgegebener Indikation einen Zugang legen, vorgegebene Mengen Schmerzmittel als Kurzinfusion geben sowie eine Vollelektrolytlösung anschließen, ohne dass sie eine vorherige ärztliche Anweisung dazu erhalten.
Quelle: DBRD, BÄK