Von Seiten der KBV kommt Kritik an dem zusätz­li­chen klein­tei­li­gen, bisher nicht existie­ren­den Regel­werk durch das neue Gesetz, das der ärztli­chen Selbst­ver­wal­tung die notwen­di­gen Bewegungs­spiel­räume unerträg­lich einengen wird. Dies gilt insbe­son­dere für den „Entsand­ten“, für die neuen Wahl- bzw. Abwahl­mo­da­li­tä­ten für Vorstand bzw. den Vorsit­zen­den der Vertre­ter­ver­samm­lung (VV) sowie die Einräu­mung nachträg­li­cher Änderungs­mög­lich­kei­ten im Hinblick auf Satzung und Beschlüsse ohne aufschie­bende Wirkung im Fall von Rechts­mit­teln.

Beson­ders kritisch wird die neue Regelung eines obliga­to­ri­schen dritten Vorstands bei der KBV empfun­den. Denn ein solcher würde allein durch seine Existenz sugge­rie­ren, mit ihm sei zwingend ein Hausarzt-Facharzt-Konflikt zu entschär­fen, der in Wirklich­keit, gerade auch in der KBV, nicht existiert. Infol­ge­des­sen würde ein solcher Konflikt durch diese Neure­ge­lung ohne Not herbei­ge­re­det.

GKV: „Gesetz sollte zielge­nau wirken und kein Rundum­schlag sein“

Der GKV-Spitzen­ver­band will mit dem neuen Gesetz nichts zu tun haben. Dazu erklä­ren die Verwal­tungs­rats­vor­sit­zen­den Uwe Klemens und Dr. Volker Hansen: „Die Arbeit des GKV-Spitzen­ver­ban­des hat keinen Anlass für das sogenannte GKV-Selbst­ver­wal­tungs­stär­kungs­ge­setz gegeben. Dennoch sollen die jetzt vorge­se­he­nen Eingriffe in das Selbst­ver­wal­tungs­recht auch uns betref­fen. Aber wenn bei einem einzel­nen Verband etwas grund­le­gend schief­läuft, dann muss auch dort gehan­delt werden.

Wenn der Gesetz­ge­ber auf die Missstände reagie­ren will, sollten entspre­chende Regelun­gen auch gezielt wirken. Dass damit gleich­sam alle Selbst­ver­wal­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen getrof­fen werden sollen, ist jeden­falls inakzep­ta­bel. Das Geset­zes­vor­ha­ben sollte noch einmal grund­le­gend überdacht werden! Wenn es überhaupt einer Geset­zes­än­de­rung bedarf, dann bitte einer zielge­nauen. Es braucht keinen Rundum­schlag, der auch Unbetei­ligte trifft.“

vdek: „Wir brauchen dieses Gesetz nicht“

Ähnlich argumen­tiert der AOK-Bundes­ver­band und sein Vorstands­vor­sit­zen­der Martin Litsch: „Auslö­ser für dieses Gesetz sind die Vorgänge in der Kassen­ärzt­li­chen Bundes­ver­ei­ni­gung (KBV). Deshalb sollte das Gesetz mit all seinen neuen Eingriffs­be­fug­nis­sen auch nur für die KBV gelten. Die nun geplante Auswei­tung auf die Selbst­ver­wal­tung der Kassen ist ein Parade­bei­spiel für Überre­gu­lie­rung. Sie führt zu spezi­al­ge­setz­li­chen Regelun­gen für fünf Spitzen­or­ga­ni­sa­tio­nen des Gesund­heits­we­sens. Die Regelun­gen, die spezi­fisch auf die KBV ausge­rich­tet sind, auch auf den GKV-Spitzen­ver­band zu übertra­gen, ignoriert zudem die grund­le­gen­den Unter­schiede beider Organe.“

Der Verband der Ersatz­kas­sen e.V. (vdek) unter­stützt die Forde­run­gen der SPD-Abgeord­ne­ten Hilde Mattheis und Bärbel Bas, den bestehen­den Gesetz­ent­wurf deutlich zu ändern. Die vdek-Vorstands­vor­sit­zende Ulrike Elsner betont: „Die gesetz­li­che Kranken­ver­si­che­rung (GKV) braucht dieses Gesetz nicht, denn es schwächt die Selbst­ver­wal­tung, anstatt sie zu stärken.“ Ohne Grund werde mit dem Gesetz der GKV das Vertrauen entzo­gen, dies sei ein völlig falsches Signal auch vor dem Hinter­grund der anste­hen­den Sozial­wah­len in 2017, so Elsner.

UPDATE +++ UPDATE +++ UPDATE +++

Der Deutsche Bundes­tag hat am 26. Januar das GKV-Selbst­ver­wal­tungs­stär­kungs­ge­setz verab­schie­det. Auf den letzten Metern konnten weitere massive Eingriffe in das Selbst­ver­wal­tungs­han­deln verhin­dert und Einschrän­kun­gen der Selbst­ver­wal­tungs­au­to­no­mie für das Handeln des Verwal­tungs­ra­tes entschärft werden.

Dazu erklär­ten die Vorsit­zen­den des GKV-Verwal­tungs­ra­tes Uwe Klemens und Dr. Volker Hansen: „Die vorge­nom­me­nen Korrek­tu­ren und die Entschär­fung der Eingriffe in die Rechte der sozia­len Selbst­ver­wal­tung sind ein großer Erfolg für den GKV-Spitzen­ver­band. Dennoch bleibt festzu­hal­ten: Der gewählte Ansatz, die Selbst­ver­wal­tungs­rechte durch Kontroll- und Weisungs­rechte der Aufsicht einzu­schrän­ken, ist falsch. Statt­des­sen hätte der Gesetz­ge­ber die Selbst­ver­wal­tungs­rechte weitaus stärker ausbauen müssen. Damit es tatsäch­lich zu einer Stärkung der Selbst­ver­wal­tung kommt, braucht es in der kommen­den Legis­la­tur­pe­ri­ode einen erneu­ten Anlauf des Gesetz­ge­bers für eine Reform, die diesen Namen auch verdient.“

Quelle: KBV, GKV-SV, AOK-BV, vdek